Phosphorescenz lebender Thiere, todter thierischer Körper und Pflanzen. Leuchten des Meeres.
Sehr merkwürdig sind unter den Erscheinungen des Leuchtens die, welche sich uns an lebenden Thieren und an den Theilen todter Thiere, so wie an Pflanzen, darbieten. Das Leuchten des Holzes ist bekannt. Nach Heinrich's Bemerkung ist nicht schon ein gewisser Grad der Fäulniß nöthig, um einiges Leuchten hervor- zubringen, sondern selbst gesundes Holz, vorzüglich Wurzelstücke, leuchten, jedoch nur dann, wenn ihnen die volle Lebenskraft, um neue Schößlinge hervorzubringen, fehlt. Indeß ist in den meisten Fällen diese Phosphorescenz wohl sehr schwach, und zu dem Her- vorbringen des ziemlich lebhaften, selbst in der Dämmerung schon kenntlich werdenden, weißen Lichtes, das wir zuweilen am Holze wahrnehmen, scheint ein sehr bestimmter Grad von Fäulniß zu gehören. In einzelnen Fällen hat man ganze morsch gewordene Baumstämme im Dunkeln leuchtend gesehen. Dieses Leuchten dauert selbst unter Wasser fort, scheint aber im Sauerstoffgas nicht lebhafter zu werden.
Unter den todten Thieren sind die Seefische ganz vorzüglich zum Leuchten geeignet, und zeigen sich am besten in dem Zeitraume leuchtend, der, ein oder zwei Tage nach dem Tode, der Fäulniß vorhergeht; bei der Fäulniß selbst nimmt das Leuchten wieder ab. Aber noch weit merkwürdiger und oft einen ungemein schönen An- blick darbietend ist das Leuchten lebender Thiere, unter denen uns die Johanniswürmchen am bekanntesten sind. Das schöne grün- liche Licht dieser an warmen Sommer-Abenden oft in großer Menge herumschwärmenden und im Grase kriechenden Insecten gewährt in der Dunkelheit eines recht freundlichen, milden Sommer-Abends ein zauberisch-schönes Schauspiel. Aber auch hier können wir fast bloß angeben, was man beobachtet hat, ohne die eigentlichen Ur- sachen des Leuchtens näher auffinden zu können. Das Leuchten scheint da statt zu finden, wo kleine Oeffnungen in der Haut uns die innern Theile als durchblickend zu sehen erlauben; auch wo das Thier durch einen Stich verwundet ist, tritt diese leuchtende Sub- stanz hervor. Das Leuchten dauert selbst nach dem Tode noch ei- nige Zeit fort, ist aber doch am lebhaftesten, so lange das Thier seine
Phosphoreſcenz lebender Thiere, todter thieriſcher Koͤrper und Pflanzen. Leuchten des Meeres.
Sehr merkwuͤrdig ſind unter den Erſcheinungen des Leuchtens die, welche ſich uns an lebenden Thieren und an den Theilen todter Thiere, ſo wie an Pflanzen, darbieten. Das Leuchten des Holzes iſt bekannt. Nach Heinrich's Bemerkung iſt nicht ſchon ein gewiſſer Grad der Faͤulniß noͤthig, um einiges Leuchten hervor- zubringen, ſondern ſelbſt geſundes Holz, vorzuͤglich Wurzelſtuͤcke, leuchten, jedoch nur dann, wenn ihnen die volle Lebenskraft, um neue Schoͤßlinge hervorzubringen, fehlt. Indeß iſt in den meiſten Faͤllen dieſe Phosphoreſcenz wohl ſehr ſchwach, und zu dem Her- vorbringen des ziemlich lebhaften, ſelbſt in der Daͤmmerung ſchon kenntlich werdenden, weißen Lichtes, das wir zuweilen am Holze wahrnehmen, ſcheint ein ſehr beſtimmter Grad von Faͤulniß zu gehoͤren. In einzelnen Faͤllen hat man ganze morſch gewordene Baumſtaͤmme im Dunkeln leuchtend geſehen. Dieſes Leuchten dauert ſelbſt unter Waſſer fort, ſcheint aber im Sauerſtoffgas nicht lebhafter zu werden.
Unter den todten Thieren ſind die Seefiſche ganz vorzuͤglich zum Leuchten geeignet, und zeigen ſich am beſten in dem Zeitraume leuchtend, der, ein oder zwei Tage nach dem Tode, der Faͤulniß vorhergeht; bei der Faͤulniß ſelbſt nimmt das Leuchten wieder ab. Aber noch weit merkwuͤrdiger und oft einen ungemein ſchoͤnen An- blick darbietend iſt das Leuchten lebender Thiere, unter denen uns die Johanniswuͤrmchen am bekannteſten ſind. Das ſchoͤne gruͤn- liche Licht dieſer an warmen Sommer-Abenden oft in großer Menge herumſchwaͤrmenden und im Graſe kriechenden Inſecten gewaͤhrt in der Dunkelheit eines recht freundlichen, milden Sommer-Abends ein zauberiſch-ſchoͤnes Schauſpiel. Aber auch hier koͤnnen wir faſt bloß angeben, was man beobachtet hat, ohne die eigentlichen Ur- ſachen des Leuchtens naͤher auffinden zu koͤnnen. Das Leuchten ſcheint da ſtatt zu finden, wo kleine Oeffnungen in der Haut uns die innern Theile als durchblickend zu ſehen erlauben; auch wo das Thier durch einen Stich verwundet iſt, tritt dieſe leuchtende Sub- ſtanz hervor. Das Leuchten dauert ſelbſt nach dem Tode noch ei- nige Zeit fort, iſt aber doch am lebhafteſten, ſo lange das Thier ſeine
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Phosphoreſcenz lebender Thiere, todter thieriſcher
Koͤrper und Pflanzen. Leuchten des Meeres.
Sehr merkwuͤrdig ſind unter den Erſcheinungen des Leuchtens
die, welche ſich uns an lebenden Thieren und an den Theilen
todter Thiere, ſo wie an Pflanzen, darbieten. Das Leuchten des
Holzes iſt bekannt. Nach Heinrich's Bemerkung iſt nicht ſchon
ein gewiſſer Grad der Faͤulniß noͤthig, um einiges Leuchten hervor-
zubringen, ſondern ſelbſt geſundes Holz, vorzuͤglich Wurzelſtuͤcke,
leuchten, jedoch nur dann, wenn ihnen die volle Lebenskraft, um
neue Schoͤßlinge hervorzubringen, fehlt. Indeß iſt in den meiſten
Faͤllen dieſe Phosphoreſcenz wohl ſehr ſchwach, und zu dem Her-
vorbringen des ziemlich lebhaften, ſelbſt in der Daͤmmerung ſchon
kenntlich werdenden, weißen Lichtes, das wir zuweilen am Holze
wahrnehmen, ſcheint ein ſehr beſtimmter Grad von Faͤulniß zu
gehoͤren. In einzelnen Faͤllen hat man ganze morſch gewordene
Baumſtaͤmme im Dunkeln leuchtend geſehen. Dieſes Leuchten
dauert ſelbſt unter Waſſer fort, ſcheint aber im Sauerſtoffgas nicht
lebhafter zu werden.
Unter den todten Thieren ſind die Seefiſche ganz vorzuͤglich
zum Leuchten geeignet, und zeigen ſich am beſten in dem Zeitraume
leuchtend, der, ein oder zwei Tage nach dem Tode, der Faͤulniß
vorhergeht; bei der Faͤulniß ſelbſt nimmt das Leuchten wieder ab.
Aber noch weit merkwuͤrdiger und oft einen ungemein ſchoͤnen An-
blick darbietend iſt das Leuchten lebender Thiere, unter denen uns
die Johanniswuͤrmchen am bekannteſten ſind. Das ſchoͤne gruͤn-
liche Licht dieſer an warmen Sommer-Abenden oft in großer Menge
herumſchwaͤrmenden und im Graſe kriechenden Inſecten gewaͤhrt
in der Dunkelheit eines recht freundlichen, milden Sommer-Abends
ein zauberiſch-ſchoͤnes Schauſpiel. Aber auch hier koͤnnen wir faſt
bloß angeben, was man beobachtet hat, ohne die eigentlichen Ur-
ſachen des Leuchtens naͤher auffinden zu koͤnnen. Das Leuchten
ſcheint da ſtatt zu finden, wo kleine Oeffnungen in der Haut uns
die innern Theile als durchblickend zu ſehen erlauben; auch wo das
Thier durch einen Stich verwundet iſt, tritt dieſe leuchtende Sub-
ſtanz hervor. Das Leuchten dauert ſelbſt nach dem Tode noch ei-
nige Zeit fort, iſt aber doch am lebhafteſten, ſo lange das Thier ſeine
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/376>, abgerufen am 22.02.2025.
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