eine stetige Folge dieser Theilchen giebt, so breitet der Strahl sich in die stetige Folge ungleich gebrochener Strahlen aus, die wir durch die Versuche kennen lernen. Die Verwandtschaft der einzel- nen Körper gegen die eine und gegen die andre Art der Lichttheilchen ist nicht in übereinstimmendem Maaße ungleich, daher ist die Farbenzerstreuung, selbst bei gleicher Brechung der mittleren Far- benstrahlen, bei verschiedenen Körpern ungleich, daher ist nicht in jedem prismatischen Farbenbilde die Ausdehnung einer bestimmten Farbe gleich im Verhältniß des ganzen Farbenbildes, sondern es finden die Ungleichheiten in der Farbenzerstreuung statt, die ich schon früher erwähnt habe.
Bei der Zurückwerfung findet keine Farbenzerstreuung statt. Denn obgleich es wohl nicht zu bezweifeln ist, daß wegen eben dieser ungleichen Einwirkung der anziehenden und abstoßenden Kräfte auf die verschiedenartigen Lichttheilchen, der Weg der zurückgewor- fenen violetten Theilchen ein andrer, als der Weg des rothen Lich- tes ist, so sind diese Wege doch nur in dem unmerklich kleinen Raume, so weit die Wirkungssphäre jener Kräfte sich erstreckt, etwa so wie CDE, CdE, (Fig. 111.) verschieden, und nach vollendeter Einwirkung ist für die einen wie für die andern, die Neigung des zurückgeworfenen Strahles so groß, wie für den einfallenden Strahl, und alle Farbenstrahlen gehen parallel fort, vereinigen ihre Wirkung auf unser Auge und stellen uns also ein Weiß dar. Nur da, wo bei dem Hervorgehen aus einem das Licht stärker brechenden Körper einige Farbenstrahlen schon die vollständige Reflexion erleiden, während andre noch in den anliegenden Körper übergehen, muß die Färbung des Spiegelbildes statt finden, die wir früher kennen gelernt haben.
Größe der hier wirkenden Kräfte.
Mit welcher Gewalt aber diese Kräfte auf die Lichttheilchen wirken müssen, das übersteigt allerdings ganz und gar unsre Vor- stellungen. Das Licht, welches im leeren Raume eine Geschwindig- keit von 41000 Meilen in 1 Secunde hat, verliert diese an der Spiegelfläche gänzlich und erlangt die eben so große Geschwindigkeit rückwärts gehend wieder, und dies während es einen Raum, der an Kleinheit als unmeßbar erscheint, durchläuft. Und ebenso
Q 2
eine ſtetige Folge dieſer Theilchen giebt, ſo breitet der Strahl ſich in die ſtetige Folge ungleich gebrochener Strahlen aus, die wir durch die Verſuche kennen lernen. Die Verwandtſchaft der einzel- nen Koͤrper gegen die eine und gegen die andre Art der Lichttheilchen iſt nicht in uͤbereinſtimmendem Maaße ungleich, daher iſt die Farbenzerſtreuung, ſelbſt bei gleicher Brechung der mittleren Far- benſtrahlen, bei verſchiedenen Koͤrpern ungleich, daher iſt nicht in jedem prismatiſchen Farbenbilde die Ausdehnung einer beſtimmten Farbe gleich im Verhaͤltniß des ganzen Farbenbildes, ſondern es finden die Ungleichheiten in der Farbenzerſtreuung ſtatt, die ich ſchon fruͤher erwaͤhnt habe.
Bei der Zuruͤckwerfung findet keine Farbenzerſtreuung ſtatt. Denn obgleich es wohl nicht zu bezweifeln iſt, daß wegen eben dieſer ungleichen Einwirkung der anziehenden und abſtoßenden Kraͤfte auf die verſchiedenartigen Lichttheilchen, der Weg der zuruͤckgewor- fenen violetten Theilchen ein andrer, als der Weg des rothen Lich- tes iſt, ſo ſind dieſe Wege doch nur in dem unmerklich kleinen Raume, ſo weit die Wirkungsſphaͤre jener Kraͤfte ſich erſtreckt, etwa ſo wie CDE, CdE, (Fig. 111.) verſchieden, und nach vollendeter Einwirkung iſt fuͤr die einen wie fuͤr die andern, die Neigung des zuruͤckgeworfenen Strahles ſo groß, wie fuͤr den einfallenden Strahl, und alle Farbenſtrahlen gehen parallel fort, vereinigen ihre Wirkung auf unſer Auge und ſtellen uns alſo ein Weiß dar. Nur da, wo bei dem Hervorgehen aus einem das Licht ſtaͤrker brechenden Koͤrper einige Farbenſtrahlen ſchon die vollſtaͤndige Reflexion erleiden, waͤhrend andre noch in den anliegenden Koͤrper uͤbergehen, muß die Faͤrbung des Spiegelbildes ſtatt finden, die wir fruͤher kennen gelernt haben.
Groͤße der hier wirkenden Kraͤfte.
Mit welcher Gewalt aber dieſe Kraͤfte auf die Lichttheilchen wirken muͤſſen, das uͤberſteigt allerdings ganz und gar unſre Vor- ſtellungen. Das Licht, welches im leeren Raume eine Geſchwindig- keit von 41000 Meilen in 1 Secunde hat, verliert dieſe an der Spiegelflaͤche gaͤnzlich und erlangt die eben ſo große Geſchwindigkeit ruͤckwaͤrts gehend wieder, und dies waͤhrend es einen Raum, der an Kleinheit als unmeßbar erſcheint, durchlaͤuft. Und ebenſo
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eine ſtetige Folge dieſer Theilchen giebt, ſo breitet der Strahl ſich
in die ſtetige Folge ungleich gebrochener Strahlen aus, die wir
durch die Verſuche kennen lernen. Die Verwandtſchaft der einzel-
nen Koͤrper gegen die eine und gegen die andre Art der Lichttheilchen
iſt nicht in uͤbereinſtimmendem Maaße ungleich, daher iſt die
Farbenzerſtreuung, ſelbſt bei gleicher Brechung der mittleren Far-
benſtrahlen, bei verſchiedenen Koͤrpern ungleich, daher iſt nicht in
jedem prismatiſchen Farbenbilde die Ausdehnung einer beſtimmten
Farbe gleich im Verhaͤltniß des ganzen Farbenbildes, ſondern es
finden die Ungleichheiten in der Farbenzerſtreuung ſtatt, die ich
ſchon fruͤher erwaͤhnt habe.
Bei der Zuruͤckwerfung findet keine Farbenzerſtreuung ſtatt.
Denn obgleich es wohl nicht zu bezweifeln iſt, daß wegen eben
dieſer ungleichen Einwirkung der anziehenden und abſtoßenden Kraͤfte
auf die verſchiedenartigen Lichttheilchen, der Weg der zuruͤckgewor-
fenen violetten Theilchen ein andrer, als der Weg des rothen Lich-
tes iſt, ſo ſind dieſe Wege doch nur in dem unmerklich kleinen
Raume, ſo weit die Wirkungsſphaͤre jener Kraͤfte ſich erſtreckt,
etwa ſo wie CDE, CdE, (Fig. 111.) verſchieden, und nach
vollendeter Einwirkung iſt fuͤr die einen wie fuͤr die andern, die
Neigung des zuruͤckgeworfenen Strahles ſo groß, wie fuͤr den
einfallenden Strahl, und alle Farbenſtrahlen gehen parallel fort,
vereinigen ihre Wirkung auf unſer Auge und ſtellen uns alſo
ein Weiß dar. Nur da, wo bei dem Hervorgehen aus einem
das Licht ſtaͤrker brechenden Koͤrper einige Farbenſtrahlen ſchon
die vollſtaͤndige Reflexion erleiden, waͤhrend andre noch in den
anliegenden Koͤrper uͤbergehen, muß die Faͤrbung des Spiegelbildes
ſtatt finden, die wir fruͤher kennen gelernt haben.
Groͤße der hier wirkenden Kraͤfte.
Mit welcher Gewalt aber dieſe Kraͤfte auf die Lichttheilchen
wirken muͤſſen, das uͤberſteigt allerdings ganz und gar unſre Vor-
ſtellungen. Das Licht, welches im leeren Raume eine Geſchwindig-
keit von 41000 Meilen in 1 Secunde hat, verliert dieſe an der
Spiegelflaͤche gaͤnzlich und erlangt die eben ſo große Geſchwindigkeit
ruͤckwaͤrts gehend wieder, und dies waͤhrend es einen Raum, der
an Kleinheit als unmeßbar erſcheint, durchlaͤuft. Und ebenſo
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/257>, abgerufen am 21.02.2025.
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