Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

werden scheint, erheblich genug ist, um der hier äußerst geringen
Einwirkung der Schwere zu widerstehen.

Cohäsion, vermehrt durch zwischenliegende flüssige
Körper
.

Es scheint aus diesem veränderten Zustande der Körper durch
die Anziehung auch das feste Anhängen erklärt zu werden, welches
bei festen Körpern durch eine dünne Schichte Fett oder selbst durch
eine dünne Schichte eines flüssigen Körpers bewirkt wird. Es ist
bekannt, daß zwei recht ebengeschliffene Metallplatten, aneinander
gedrückt, schon trocken mit einiger Kraft zusammenhängen, daß
aber dieser Zusammenhang sehr vermehrt wird, wenn man eine sehr
dünne Schichte Oel zwischen sie bringt. Wir sind gewohnt, den
Oeltheilen, als Theilchen eines flüssigen Körpers, nur einen sehr
geringen Zusammenhang zuzuschreiben, und dennoch trennen sie sich
in diesem Falle nicht so leicht; hier also muß wohl, unter der Ein-
wirkung der einander so sehr nahen festen Oberflächen, sich die
Natur des flüssigen Körpers verändert haben und dieser dem Aus-
einanderreißen dadurch mehr Widerstand entgegensetzen. Aus ähn-
lichen Ueberlegungen mag sich auch das feste Anhaften der Mörtel-
Arten, des Kittes und so weiter erklären lassen, die eine so feste
Verbindung für gewisse Körper bewirken, daß sie eher in der Mitte
ihrer eignen Masse zerreißen, als von dem Körper, an welchem sie
anhaften, sich trennen. Kalk, der ohne Zusatz von Sand trocken
geworden ist, erlangt keine erhebliche Festigkeit; aber die genaue
Mischung mit Sand giebt ihm die Eigenschaft eines so festen Ver-
bindungsmittels; es muß also die Einwirkung der Sandkörner auf
die zwischen liegende, sehr dünne Kalkschichte diesen Kalktheilchen
die Eigenschaft, fester zusammenzuhängen, ertheilt haben.

Es läßt sich hieraus einigermaaßen übersehen, wie die Ver-
schiedenartigkeit der Körper Ursache ist, daß gewisse Leim-Arten,
Kitte und andere Verbindungsmittel zwar dienen, einige feste Kör-
per fest zu verbinden, andre aber nicht; denn es ist gewiß, wie
wir sogleich sehen werden, daß die hier in Betrachtung kommende
Anziehung in den allerkleinsten Entfernungen sehr verschieden ist
nach der ungleichen Natur der Körper.


werden ſcheint, erheblich genug iſt, um der hier aͤußerſt geringen
Einwirkung der Schwere zu widerſtehen.

Cohaͤſion, vermehrt durch zwiſchenliegende fluͤſſige
Koͤrper
.

Es ſcheint aus dieſem veraͤnderten Zuſtande der Koͤrper durch
die Anziehung auch das feſte Anhaͤngen erklaͤrt zu werden, welches
bei feſten Koͤrpern durch eine duͤnne Schichte Fett oder ſelbſt durch
eine duͤnne Schichte eines fluͤſſigen Koͤrpers bewirkt wird. Es iſt
bekannt, daß zwei recht ebengeſchliffene Metallplatten, aneinander
gedruͤckt, ſchon trocken mit einiger Kraft zuſammenhaͤngen, daß
aber dieſer Zuſammenhang ſehr vermehrt wird, wenn man eine ſehr
duͤnne Schichte Oel zwiſchen ſie bringt. Wir ſind gewohnt, den
Oeltheilen, als Theilchen eines fluͤſſigen Koͤrpers, nur einen ſehr
geringen Zuſammenhang zuzuſchreiben, und dennoch trennen ſie ſich
in dieſem Falle nicht ſo leicht; hier alſo muß wohl, unter der Ein-
wirkung der einander ſo ſehr nahen feſten Oberflaͤchen, ſich die
Natur des fluͤſſigen Koͤrpers veraͤndert haben und dieſer dem Aus-
einanderreißen dadurch mehr Widerſtand entgegenſetzen. Aus aͤhn-
lichen Ueberlegungen mag ſich auch das feſte Anhaften der Moͤrtel-
Arten, des Kittes und ſo weiter erklaͤren laſſen, die eine ſo feſte
Verbindung fuͤr gewiſſe Koͤrper bewirken, daß ſie eher in der Mitte
ihrer eignen Maſſe zerreißen, als von dem Koͤrper, an welchem ſie
anhaften, ſich trennen. Kalk, der ohne Zuſatz von Sand trocken
geworden iſt, erlangt keine erhebliche Feſtigkeit; aber die genaue
Miſchung mit Sand giebt ihm die Eigenſchaft eines ſo feſten Ver-
bindungsmittels; es muß alſo die Einwirkung der Sandkoͤrner auf
die zwiſchen liegende, ſehr duͤnne Kalkſchichte dieſen Kalktheilchen
die Eigenſchaft, feſter zuſammenzuhaͤngen, ertheilt haben.

Es laͤßt ſich hieraus einigermaaßen uͤberſehen, wie die Ver-
ſchiedenartigkeit der Koͤrper Urſache iſt, daß gewiſſe Leim-Arten,
Kitte und andere Verbindungsmittel zwar dienen, einige feſte Koͤr-
per feſt zu verbinden, andre aber nicht; denn es iſt gewiß, wie
wir ſogleich ſehen werden, daß die hier in Betrachtung kommende
Anziehung in den allerkleinſten Entfernungen ſehr verſchieden iſt
nach der ungleichen Natur der Koͤrper.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0019" n="5"/>
werden &#x017F;cheint, erheblich genug                         i&#x017F;t, um der hier a&#x0364;ußer&#x017F;t                         geringen<lb/>
Einwirkung der Schwere zu wider&#x017F;tehen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Coha&#x0364;&#x017F;ion</hi>, <hi rendition="#g">vermehrt durch zwi&#x017F;chenliegende                             flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ige<lb/>
Ko&#x0364;rper</hi>.</head><lb/>
          <p>Es &#x017F;cheint aus die&#x017F;em vera&#x0364;nderten                         Zu&#x017F;tande der Ko&#x0364;rper durch<lb/>
die Anziehung auch das                         fe&#x017F;te Anha&#x0364;ngen erkla&#x0364;rt zu werden,                         welches<lb/>
bei fe&#x017F;ten Ko&#x0364;rpern durch eine                         du&#x0364;nne Schichte Fett oder &#x017F;elb&#x017F;t                         durch<lb/>
eine du&#x0364;nne Schichte eines                         flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen Ko&#x0364;rpers bewirkt                         wird. Es i&#x017F;t<lb/>
bekannt, daß zwei recht                         ebenge&#x017F;chliffene Metallplatten,                         aneinander<lb/>
gedru&#x0364;ckt, &#x017F;chon trocken mit einiger                         Kraft zu&#x017F;ammenha&#x0364;ngen, daß<lb/>
aber die&#x017F;er                         Zu&#x017F;ammenhang &#x017F;ehr vermehrt wird, wenn man eine                         &#x017F;ehr<lb/>
du&#x0364;nne Schichte Oel zwi&#x017F;chen                         &#x017F;ie bringt. Wir &#x017F;ind gewohnt, den<lb/>
Oeltheilen, als                         Theilchen eines flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen                         Ko&#x0364;rpers, nur einen &#x017F;ehr<lb/>
geringen                         Zu&#x017F;ammenhang zuzu&#x017F;chreiben, und dennoch trennen                         &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
in die&#x017F;em Falle nicht                         &#x017F;o leicht; hier al&#x017F;o muß wohl, unter der                         Ein-<lb/>
wirkung der einander &#x017F;o &#x017F;ehr nahen                         fe&#x017F;ten Oberfla&#x0364;chen, &#x017F;ich die<lb/>
Natur des                         flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen Ko&#x0364;rpers                         vera&#x0364;ndert haben und die&#x017F;er dem                         Aus-<lb/>
einanderreißen dadurch mehr Wider&#x017F;tand                         entgegen&#x017F;etzen. Aus a&#x0364;hn-<lb/>
lichen Ueberlegungen mag                         &#x017F;ich auch das fe&#x017F;te Anhaften der                         Mo&#x0364;rtel-<lb/>
Arten, des Kittes und &#x017F;o weiter                         erkla&#x0364;ren la&#x017F;&#x017F;en, die eine &#x017F;o                         fe&#x017F;te<lb/>
Verbindung fu&#x0364;r                         gewi&#x017F;&#x017F;e Ko&#x0364;rper bewirken, daß                         &#x017F;ie eher in der Mitte<lb/>
ihrer eignen                         Ma&#x017F;&#x017F;e zerreißen, als von dem Ko&#x0364;rper, an                         welchem &#x017F;ie<lb/>
anhaften, &#x017F;ich trennen. Kalk, der ohne                         Zu&#x017F;atz von Sand trocken<lb/>
geworden i&#x017F;t, erlangt                         keine erhebliche Fe&#x017F;tigkeit; aber die                         genaue<lb/>
Mi&#x017F;chung mit Sand giebt ihm die Eigen&#x017F;chaft                         eines &#x017F;o fe&#x017F;ten Ver-<lb/>
bindungsmittels; es muß                         al&#x017F;o die Einwirkung der Sandko&#x0364;rner auf<lb/>
die                         zwi&#x017F;chen liegende, &#x017F;ehr du&#x0364;nne                         Kalk&#x017F;chichte die&#x017F;en Kalktheilchen<lb/>
die                         Eigen&#x017F;chaft, fe&#x017F;ter                         zu&#x017F;ammenzuha&#x0364;ngen, ertheilt haben.</p><lb/>
          <p>Es la&#x0364;ßt &#x017F;ich hieraus einigermaaßen                         u&#x0364;ber&#x017F;ehen, wie die                         Ver-<lb/>
&#x017F;chiedenartigkeit der Ko&#x0364;rper                         Ur&#x017F;ache i&#x017F;t, daß gewi&#x017F;&#x017F;e                         Leim-Arten,<lb/>
Kitte und andere Verbindungsmittel zwar dienen, einige                         fe&#x017F;te Ko&#x0364;r-<lb/>
per fe&#x017F;t zu verbinden,                         andre aber nicht; denn es i&#x017F;t gewiß, wie<lb/>
wir                         &#x017F;ogleich &#x017F;ehen werden, daß die hier in Betrachtung                         kommende<lb/>
Anziehung in den allerklein&#x017F;ten Entfernungen                         &#x017F;ehr ver&#x017F;chieden i&#x017F;t<lb/>
nach der                         ungleichen Natur der Ko&#x0364;rper.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0019] werden ſcheint, erheblich genug iſt, um der hier aͤußerſt geringen Einwirkung der Schwere zu widerſtehen. Cohaͤſion, vermehrt durch zwiſchenliegende fluͤſſige Koͤrper. Es ſcheint aus dieſem veraͤnderten Zuſtande der Koͤrper durch die Anziehung auch das feſte Anhaͤngen erklaͤrt zu werden, welches bei feſten Koͤrpern durch eine duͤnne Schichte Fett oder ſelbſt durch eine duͤnne Schichte eines fluͤſſigen Koͤrpers bewirkt wird. Es iſt bekannt, daß zwei recht ebengeſchliffene Metallplatten, aneinander gedruͤckt, ſchon trocken mit einiger Kraft zuſammenhaͤngen, daß aber dieſer Zuſammenhang ſehr vermehrt wird, wenn man eine ſehr duͤnne Schichte Oel zwiſchen ſie bringt. Wir ſind gewohnt, den Oeltheilen, als Theilchen eines fluͤſſigen Koͤrpers, nur einen ſehr geringen Zuſammenhang zuzuſchreiben, und dennoch trennen ſie ſich in dieſem Falle nicht ſo leicht; hier alſo muß wohl, unter der Ein- wirkung der einander ſo ſehr nahen feſten Oberflaͤchen, ſich die Natur des fluͤſſigen Koͤrpers veraͤndert haben und dieſer dem Aus- einanderreißen dadurch mehr Widerſtand entgegenſetzen. Aus aͤhn- lichen Ueberlegungen mag ſich auch das feſte Anhaften der Moͤrtel- Arten, des Kittes und ſo weiter erklaͤren laſſen, die eine ſo feſte Verbindung fuͤr gewiſſe Koͤrper bewirken, daß ſie eher in der Mitte ihrer eignen Maſſe zerreißen, als von dem Koͤrper, an welchem ſie anhaften, ſich trennen. Kalk, der ohne Zuſatz von Sand trocken geworden iſt, erlangt keine erhebliche Feſtigkeit; aber die genaue Miſchung mit Sand giebt ihm die Eigenſchaft eines ſo feſten Ver- bindungsmittels; es muß alſo die Einwirkung der Sandkoͤrner auf die zwiſchen liegende, ſehr duͤnne Kalkſchichte dieſen Kalktheilchen die Eigenſchaft, feſter zuſammenzuhaͤngen, ertheilt haben. Es laͤßt ſich hieraus einigermaaßen uͤberſehen, wie die Ver- ſchiedenartigkeit der Koͤrper Urſache iſt, daß gewiſſe Leim-Arten, Kitte und andere Verbindungsmittel zwar dienen, einige feſte Koͤr- per feſt zu verbinden, andre aber nicht; denn es iſt gewiß, wie wir ſogleich ſehen werden, daß die hier in Betrachtung kommende Anziehung in den allerkleinſten Entfernungen ſehr verſchieden iſt nach der ungleichen Natur der Koͤrper.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/19
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1831, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre02_1831/19>, abgerufen am 21.12.2024.