strenge den Schluß auf die Fortpflanzung in einer ganzen Secunde gestattet.
Was die Stärke des Schalles in verschiedenen Gas-Arten be- trifft, so bemerkt Leslie, daß der Schall in Hydrogengas viel schwächer, als in gleich dichter atmosphärischer Luft ist. Er sucht den Grund hiefür in der so sehr schnellen Fortpflanzung der Schwin- gungen.
Von den hier entwickelten Gesetzen für die Töne der offenen Orgelpfeifen hängen auch die Töne der Flöte ab, und überhaupt die Töne der Instrumente, welche ohne Mundstück bloß durch die Vibration der in ihnen enthaltenen Luft Töne geben. Die bei der Flöte bald geöffneten, bald geschlossenen Löcher bestimmen die Länge der tönenden Luftsäule.
Bei denjenigen Instrumenten, die nicht durch Seiten-Oeff- nungen eine Aenderung der tönenden Luftsäule erhalten können, lassen sich keine andre Töne hervorbringen, als die, welche eine offene Röhre von unveränderlicher Länge geben kann, nämlich diejeni- gen, deren Schwingungszahl nach der Folge der natürlichen Zahlen fortgeht; kleine Abänderungen in den Tönen, die nicht in unsre Tonleiter passen würden, bringt man durch Abänderung der Mün- dung und durch Abänderung im Anblasen hervor.
Zungenpfeifen.
Alle diese Untersuchungen setzten voraus, daß die in der Pfeife enthaltene Luft durch nichts gehindert wird, diejenigen Vibrationen anzunehmen, die sie durch Zerlegung in regelmäßige Luftwellen am natürlichsten anzunehmen im Stande ist; aber es giebt eine andre Art von Orgelpfeifen und Blase-Instrumenten, bei denen die ur- sprüngliche Bestimmung des Tones von andern Vibrationen aus- geht. Bei den Zungenpfeifen nämlich ist die Röhre, durch welche das Einblasen der Luft geschieht, an der Seite durch eine bewegliche Platte, die Zunge, so geschlossen, daß die hervordringende Luft diese Zunge, welche am einen Ende befestigt ist, wie eine geöffnete Klappe nach außen drängt. Die elastische Zunge nimmt hiedurch, indem sie bald dem Luftstoße folgend sich, durch die Trägheit fort- geführt, zu weit öffnet, bald zurückgehend den Luftstrom beengt, gleichzeitig wechselnde Vibrationen an, und giebt auf diese Weise
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ſtrenge den Schluß auf die Fortpflanzung in einer ganzen Secunde geſtattet.
Was die Staͤrke des Schalles in verſchiedenen Gas-Arten be- trifft, ſo bemerkt Leſlie, daß der Schall in Hydrogengas viel ſchwaͤcher, als in gleich dichter atmoſphaͤriſcher Luft iſt. Er ſucht den Grund hiefuͤr in der ſo ſehr ſchnellen Fortpflanzung der Schwin- gungen.
Von den hier entwickelten Geſetzen fuͤr die Toͤne der offenen Orgelpfeifen haͤngen auch die Toͤne der Floͤte ab, und uͤberhaupt die Toͤne der Inſtrumente, welche ohne Mundſtuͤck bloß durch die Vibration der in ihnen enthaltenen Luft Toͤne geben. Die bei der Floͤte bald geoͤffneten, bald geſchloſſenen Loͤcher beſtimmen die Laͤnge der toͤnenden Luftſaͤule.
Bei denjenigen Inſtrumenten, die nicht durch Seiten-Oeff- nungen eine Aenderung der toͤnenden Luftſaͤule erhalten koͤnnen, laſſen ſich keine andre Toͤne hervorbringen, als die, welche eine offene Roͤhre von unveraͤnderlicher Laͤnge geben kann, naͤmlich diejeni- gen, deren Schwingungszahl nach der Folge der natuͤrlichen Zahlen fortgeht; kleine Abaͤnderungen in den Toͤnen, die nicht in unſre Tonleiter paſſen wuͤrden, bringt man durch Abaͤnderung der Muͤn- dung und durch Abaͤnderung im Anblaſen hervor.
Zungenpfeifen.
Alle dieſe Unterſuchungen ſetzten voraus, daß die in der Pfeife enthaltene Luft durch nichts gehindert wird, diejenigen Vibrationen anzunehmen, die ſie durch Zerlegung in regelmaͤßige Luftwellen am natuͤrlichſten anzunehmen im Stande iſt; aber es giebt eine andre Art von Orgelpfeifen und Blaſe-Inſtrumenten, bei denen die ur- ſpruͤngliche Beſtimmung des Tones von andern Vibrationen aus- geht. Bei den Zungenpfeifen naͤmlich iſt die Roͤhre, durch welche das Einblaſen der Luft geſchieht, an der Seite durch eine bewegliche Platte, die Zunge, ſo geſchloſſen, daß die hervordringende Luft dieſe Zunge, welche am einen Ende befeſtigt iſt, wie eine geoͤffnete Klappe nach außen draͤngt. Die elaſtiſche Zunge nimmt hiedurch, indem ſie bald dem Luftſtoße folgend ſich, durch die Traͤgheit fort- gefuͤhrt, zu weit oͤffnet, bald zuruͤckgehend den Luftſtrom beengt, gleichzeitig wechſelnde Vibrationen an, und giebt auf dieſe Weiſe
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ſtrenge den Schluß auf die Fortpflanzung in einer ganzen Secunde
geſtattet.
Was die Staͤrke des Schalles in verſchiedenen Gas-Arten be-
trifft, ſo bemerkt Leſlie, daß der Schall in Hydrogengas viel
ſchwaͤcher, als in gleich dichter atmoſphaͤriſcher Luft iſt. Er ſucht
den Grund hiefuͤr in der ſo ſehr ſchnellen Fortpflanzung der Schwin-
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Von den hier entwickelten Geſetzen fuͤr die Toͤne der offenen
Orgelpfeifen haͤngen auch die Toͤne der Floͤte ab, und uͤberhaupt
die Toͤne der Inſtrumente, welche ohne Mundſtuͤck bloß durch die
Vibration der in ihnen enthaltenen Luft Toͤne geben. Die bei der
Floͤte bald geoͤffneten, bald geſchloſſenen Loͤcher beſtimmen die Laͤnge
der toͤnenden Luftſaͤule.
Bei denjenigen Inſtrumenten, die nicht durch Seiten-Oeff-
nungen eine Aenderung der toͤnenden Luftſaͤule erhalten koͤnnen,
laſſen ſich keine andre Toͤne hervorbringen, als die, welche eine offene
Roͤhre von unveraͤnderlicher Laͤnge geben kann, naͤmlich diejeni-
gen, deren Schwingungszahl nach der Folge der natuͤrlichen Zahlen
fortgeht; kleine Abaͤnderungen in den Toͤnen, die nicht in unſre
Tonleiter paſſen wuͤrden, bringt man durch Abaͤnderung der Muͤn-
dung und durch Abaͤnderung im Anblaſen hervor.
Zungenpfeifen.
Alle dieſe Unterſuchungen ſetzten voraus, daß die in der Pfeife
enthaltene Luft durch nichts gehindert wird, diejenigen Vibrationen
anzunehmen, die ſie durch Zerlegung in regelmaͤßige Luftwellen am
natuͤrlichſten anzunehmen im Stande iſt; aber es giebt eine andre
Art von Orgelpfeifen und Blaſe-Inſtrumenten, bei denen die ur-
ſpruͤngliche Beſtimmung des Tones von andern Vibrationen aus-
geht. Bei den Zungenpfeifen naͤmlich iſt die Roͤhre, durch welche
das Einblaſen der Luft geſchieht, an der Seite durch eine bewegliche
Platte, die Zunge, ſo geſchloſſen, daß die hervordringende Luft
dieſe Zunge, welche am einen Ende befeſtigt iſt, wie eine geoͤffnete
Klappe nach außen draͤngt. Die elaſtiſche Zunge nimmt hiedurch,
indem ſie bald dem Luftſtoße folgend ſich, durch die Traͤgheit fort-
gefuͤhrt, zu weit oͤffnet, bald zuruͤckgehend den Luftſtrom beengt,
gleichzeitig wechſelnde Vibrationen an, und giebt auf dieſe Weiſe
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/361>, abgerufen am 23.02.2025.
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