wir nur auf die festen Körper unsre Aufmerksamkeit, aber auch bei flüssigen Körpern findet ein Zustand des Gleichgewichts und der Bewegung statt, und es scheint hier schwerer die Gesetze des Gleich- gewichts und der Bewegung zu bestimmen, da jedes Theilchen des Flüssigen ganz unabhängig von dem andern scheint, statt daß bei festen Körpern nur die Bewegung einiger weniger Puncte be- stimmt zu werden brauchte, und damit die Bewegung aller üb- rigen zugleich gegeben war. Indeß auch hier bieten sich uns einfache Gesetze, wenigstens für eine zahlreiche Menge von Erschei- nungen, dar.
Gleichförmige Verbreitung des Druckes in flüssigen Körpern.
Die flüssigen Körper haben alle die Eigenschaft, daß ihre Theilchen jeder Einwirkung leicht folgend, ihre Lage gegen einander bei der geringsten Veranlassung ändern, und deshalb, wenn irgend eine Kraft auf sie wirkt, zerfließen, wenn sie nicht in ein Gefäß eingeschlossen sind. Da wo ein Gefäß dieses Zerfließen hindert, zeigen sie uns eine andre Eigenschaft, wodurch sie sich auffallend von den festen Körpern unterscheiden, nämlich die Eigenschaft der nach allen Seiten gleichförmigen Verbreitung des Druckes. Wenn ein fester Körper von einer Kraft nach der Richtung BA ge- drückt wird (Fig. 73.), so bedarf es nur eines festen Bodens CD, gegen welchen senkrecht der Druck gerichtet ist, um ihn ganz in Ruhe zu erhalten; wäre der Körper ganz in ein Gefäß EFGH eingeschlossen, das ihn dicht anschließend umgäbe, so würde dieses an den Wänden EF, GH gar keinen Druck leiden, sondern bloß der Boden FG würde eine hinreichende Festigkeit haben müssen, um nicht auszuweichen. Ist dagegen das rund um ge- schlossene Gefäß EFGH mit Wasser gefüllt, und wird auf dieses Wasser vermittelst eines in der Röhre Aaa beweglichen Kolbens ein Druck ausgeübt, der nach BA, gegen den Boden FG, ge- richtet ist, so hat das Wasser dadurch nicht allein ein Bestreben gegen den Boden zu, sondern wenn bei f oder selbst bei g eine Oeffnung wäre, so würde auch da das Wasser hervordringen, also selbst an den Stellen, wo ein fester Körper gar keinen Druck auf die Wände, vermöge des auf ihn ausgeübten Druckes, zeigen
wir nur auf die feſten Koͤrper unſre Aufmerkſamkeit, aber auch bei fluͤſſigen Koͤrpern findet ein Zuſtand des Gleichgewichts und der Bewegung ſtatt, und es ſcheint hier ſchwerer die Geſetze des Gleich- gewichts und der Bewegung zu beſtimmen, da jedes Theilchen des Fluͤſſigen ganz unabhaͤngig von dem andern ſcheint, ſtatt daß bei feſten Koͤrpern nur die Bewegung einiger weniger Puncte be- ſtimmt zu werden brauchte, und damit die Bewegung aller uͤb- rigen zugleich gegeben war. Indeß auch hier bieten ſich uns einfache Geſetze, wenigſtens fuͤr eine zahlreiche Menge von Erſchei- nungen, dar.
Gleichfoͤrmige Verbreitung des Druckes in fluͤſſigen Koͤrpern.
Die fluͤſſigen Koͤrper haben alle die Eigenſchaft, daß ihre Theilchen jeder Einwirkung leicht folgend, ihre Lage gegen einander bei der geringſten Veranlaſſung aͤndern, und deshalb, wenn irgend eine Kraft auf ſie wirkt, zerfließen, wenn ſie nicht in ein Gefaͤß eingeſchloſſen ſind. Da wo ein Gefaͤß dieſes Zerfließen hindert, zeigen ſie uns eine andre Eigenſchaft, wodurch ſie ſich auffallend von den feſten Koͤrpern unterſcheiden, naͤmlich die Eigenſchaft der nach allen Seiten gleichfoͤrmigen Verbreitung des Druckes. Wenn ein feſter Koͤrper von einer Kraft nach der Richtung BA ge- druͤckt wird (Fig. 73.), ſo bedarf es nur eines feſten Bodens CD, gegen welchen ſenkrecht der Druck gerichtet iſt, um ihn ganz in Ruhe zu erhalten; waͤre der Koͤrper ganz in ein Gefaͤß EFGH eingeſchloſſen, das ihn dicht anſchließend umgaͤbe, ſo wuͤrde dieſes an den Waͤnden EF, GH gar keinen Druck leiden, ſondern bloß der Boden FG wuͤrde eine hinreichende Feſtigkeit haben muͤſſen, um nicht auszuweichen. Iſt dagegen das rund um ge- ſchloſſene Gefaͤß EFGH mit Waſſer gefuͤllt, und wird auf dieſes Waſſer vermittelſt eines in der Roͤhre Aaa beweglichen Kolbens ein Druck ausgeuͤbt, der nach BA, gegen den Boden FG, ge- richtet iſt, ſo hat das Waſſer dadurch nicht allein ein Beſtreben gegen den Boden zu, ſondern wenn bei f oder ſelbſt bei g eine Oeffnung waͤre, ſo wuͤrde auch da das Waſſer hervordringen, alſo ſelbſt an den Stellen, wo ein feſter Koͤrper gar keinen Druck auf die Waͤnde, vermoͤge des auf ihn ausgeuͤbten Druckes, zeigen
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wir nur auf die feſten Koͤrper unſre Aufmerkſamkeit, aber auch bei
fluͤſſigen Koͤrpern findet ein Zuſtand des Gleichgewichts und der
Bewegung ſtatt, und es ſcheint hier ſchwerer die Geſetze des Gleich-
gewichts und der Bewegung zu beſtimmen, da jedes Theilchen des
Fluͤſſigen ganz unabhaͤngig von dem andern ſcheint, ſtatt daß bei
feſten Koͤrpern nur die Bewegung einiger weniger Puncte be-
ſtimmt zu werden brauchte, und damit die Bewegung aller uͤb-
rigen zugleich gegeben war. Indeß auch hier bieten ſich uns
einfache Geſetze, wenigſtens fuͤr eine zahlreiche Menge von Erſchei-
nungen, dar.
Gleichfoͤrmige Verbreitung des Druckes in fluͤſſigen
Koͤrpern.
Die fluͤſſigen Koͤrper haben alle die Eigenſchaft, daß ihre
Theilchen jeder Einwirkung leicht folgend, ihre Lage gegen einander
bei der geringſten Veranlaſſung aͤndern, und deshalb, wenn irgend
eine Kraft auf ſie wirkt, zerfließen, wenn ſie nicht in ein Gefaͤß
eingeſchloſſen ſind. Da wo ein Gefaͤß dieſes Zerfließen hindert,
zeigen ſie uns eine andre Eigenſchaft, wodurch ſie ſich auffallend
von den feſten Koͤrpern unterſcheiden, naͤmlich die Eigenſchaft der
nach allen Seiten gleichfoͤrmigen Verbreitung des Druckes. Wenn
ein feſter Koͤrper von einer Kraft nach der Richtung BA ge-
druͤckt wird (Fig. 73.), ſo bedarf es nur eines feſten Bodens CD,
gegen welchen ſenkrecht der Druck gerichtet iſt, um ihn ganz in
Ruhe zu erhalten; waͤre der Koͤrper ganz in ein Gefaͤß EFGH
eingeſchloſſen, das ihn dicht anſchließend umgaͤbe, ſo wuͤrde dieſes
an den Waͤnden EF, GH gar keinen Druck leiden, ſondern
bloß der Boden FG wuͤrde eine hinreichende Feſtigkeit haben
muͤſſen, um nicht auszuweichen. Iſt dagegen das rund um ge-
ſchloſſene Gefaͤß EFGH mit Waſſer gefuͤllt, und wird auf dieſes
Waſſer vermittelſt eines in der Roͤhre Aaa beweglichen Kolbens
ein Druck ausgeuͤbt, der nach BA, gegen den Boden FG, ge-
richtet iſt, ſo hat das Waſſer dadurch nicht allein ein Beſtreben
gegen den Boden zu, ſondern wenn bei f oder ſelbſt bei g eine
Oeffnung waͤre, ſo wuͤrde auch da das Waſſer hervordringen,
alſo ſelbſt an den Stellen, wo ein feſter Koͤrper gar keinen Druck
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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1830, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre01_1830/150>, abgerufen am 23.02.2025.
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