dergestalt vollends von Aennchen entfernen konnte. Der Mutter hingegen lag's gar nicht recht. Aber, man weiß es schon; wenn der Näbishans einmal einen Entschluß gefaßt, hätten ihn Himmel und Erde nicht mehr davon abwendig gemacht. Es ward also Tag und Stund abgeredt, wo ich mit Laurenz verreisen sollte, ohne weiter einem Menschen ein Wort davon zu sagen: Denn es mache nur unnöthi- gen Lerm, sogte mein Führer.
XXXIV. Abschied vom Vaterland.
Gute Nacht, Welt! Ich geh ins Tyrol. So hieß es bey mir. Denn, einstheils wenigstens, war ich lauter Freude; meynte der Himmel hange voll Gei- gen und Hackbrettlin, und hätt' ich Siegel und Brief in der Fiecke, mein Glück sey schon gemacht. Anders- theils aber giengs mir freylich entsetzlich nahe -- nicht eben das Vaterland, aber das Land zu meiden wo mein Liebstes wohnte. Ach! könnt' ich mein Aennchen nur mitnehmen, dacht' ich wohl hundert- tausendmal. Aber dann wieder: Fünf, höchstens sechs Jahr' sind doch auch bald vorbey. Und wie wird's dann mein Schätzgen freuen, wenn ich mit Ehr' und Gut beladen, wie ein Herr nach Haus kehren -- oder es zu mir in ein Gelobt Land ab- holen kann.
Also, auf den 27. Herbstmonath, Samstag Abends, ward's abgeredt, den Weg in Gottes Namen unter
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dergeſtalt vollends von Aennchen entfernen konnte. Der Mutter hingegen lag’s gar nicht recht. Aber, man weiß es ſchon; wenn der Naͤbishans einmal einen Entſchluß gefaßt, haͤtten ihn Himmel und Erde nicht mehr davon abwendig gemacht. Es ward alſo Tag und Stund abgeredt, wo ich mit Laurenz verreiſen ſollte, ohne weiter einem Menſchen ein Wort davon zu ſagen: Denn es mache nur unnoͤthi- gen Lerm, ſogte mein Fuͤhrer.
XXXIV. Abſchied vom Vaterland.
Gute Nacht, Welt! Ich geh ins Tyrol. So hieß es bey mir. Denn, einstheils wenigſtens, war ich lauter Freude; meynte der Himmel hange voll Gei- gen und Hackbrettlin, und haͤtt’ ich Siegel und Brief in der Fiecke, mein Gluͤck ſey ſchon gemacht. Anders- theils aber giengs mir freylich entſetzlich nahe — nicht eben das Vaterland, aber das Land zu meiden wo mein Liebſtes wohnte. Ach! koͤnnt’ ich mein Aennchen nur mitnehmen, dacht’ ich wohl hundert- tauſendmal. Aber dann wieder: Fuͤnf, hoͤchſtens ſechs Jahr’ ſind doch auch bald vorbey. Und wie wird’s dann mein Schaͤtzgen freuen, wenn ich mit Ehr’ und Gut beladen, wie ein Herr nach Haus kehren — oder es zu mir in ein Gelobt Land ab- holen kann.
Alſo, auf den 27. Herbſtmonath, Samſtag Abends, ward’s abgeredt, den Weg in Gottes Namen unter
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dergeſtalt vollends von Aennchen entfernen konnte.
Der Mutter hingegen lag’s gar nicht recht. Aber,
man weiß es ſchon; wenn der Naͤbishans einmal
einen Entſchluß gefaßt, haͤtten ihn Himmel und Erde
nicht mehr davon abwendig gemacht. Es ward alſo
Tag und Stund abgeredt, wo ich mit Laurenz
verreiſen ſollte, ohne weiter einem Menſchen ein
Wort davon zu ſagen: Denn es mache nur unnoͤthi-
gen Lerm, ſogte mein Fuͤhrer.
XXXIV.
Abſchied vom Vaterland.
Gute Nacht, Welt! Ich geh ins Tyrol. So hieß
es bey mir. Denn, einstheils wenigſtens, war ich
lauter Freude; meynte der Himmel hange voll Gei-
gen und Hackbrettlin, und haͤtt’ ich Siegel und Brief
in der Fiecke, mein Gluͤck ſey ſchon gemacht. Anders-
theils aber giengs mir freylich entſetzlich nahe —
nicht eben das Vaterland, aber das Land zu meiden
wo mein Liebſtes wohnte. Ach! koͤnnt’ ich mein
Aennchen nur mitnehmen, dacht’ ich wohl hundert-
tauſendmal. Aber dann wieder: Fuͤnf, hoͤchſtens
ſechs Jahr’ ſind doch auch bald vorbey. Und wie
wird’s dann mein Schaͤtzgen freuen, wenn ich mit
Ehr’ und Gut beladen, wie ein Herr nach Haus
kehren — oder es zu mir in ein Gelobt Land ab-
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Alſo, auf den 27. Herbſtmonath, Samſtag Abends,
ward’s abgeredt, den Weg in Gottes Namen unter
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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/97>, abgerufen am 01.03.2025.
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