beypfiffen. Oft stieg ich einem Wälschtraubenknöpfli, Frauenschühlin, oder andern Blümchen über Klippen nach, daß es eine halsbrechende Arbeit war. Wie- der zündete ich grosse, halbverdorrte Tannen von un- ten an, die bisweilen acht bis zehen Tag an einan- der fortbrannten, bis sie fielen. Alle Morgen und Abend sah ich dann nach, wie's mit ihnen stuhnd. Einst hätte mich eine maustodt schlagen können: Denn indem ich meine Geissen forttrieb, daß sie nicht getroffen würden, krachte sie hart an mir iu Stü- cken zusammen. -- So viele Gefahren drohten mir während meinem Hirtenstand mehrmal, Leibs und Lebens verlurstig zu werden, ohne daß ich's viel ach- tete, oder doch alles bald wieder vergaß, und leyder damals nie daran dachte, daß du allein es warst, mein unendlich guter himmlischer Vater und Erhal- ter! der in den Winkeln einöder Wüste die Raben nährt, und auch Sorge für mein junges Leben trug.
XIX. Kameradschaft.
Mein Vater hatte bisweilen aus der Gaißmilch Käse gemacht, bisweilen Kälber gesäugt, und seine Wiesen mit dem Mist geäufnet. Dieß reitzte unsre Nachbarn, daß ihrer Vier auch Gaissen anschaften, und beym Kloster um Erlaubniß baten, ebenfalls im Kohlwald hüten zu dürfen. Da gab's nun Kame- radschaft. Unser drey oder vier Gaißbuben kamen alle Tag zusammen. Ich will nicht sagen, ob ich
beypfiffen. Oft ſtieg ich einem Waͤlſchtraubenknoͤpfli, Frauenſchuͤhlin, oder andern Bluͤmchen uͤber Klippen nach, daß es eine halsbrechende Arbeit war. Wie- der zuͤndete ich groſſe, halbverdorrte Tannen von un- ten an, die bisweilen acht bis zehen Tag an einan- der fortbrannten, bis ſie fielen. Alle Morgen und Abend ſah ich dann nach, wie’s mit ihnen ſtuhnd. Einſt haͤtte mich eine maustodt ſchlagen koͤnnen: Denn indem ich meine Geiſſen forttrieb, daß ſie nicht getroffen wuͤrden, krachte ſie hart an mir iu Stuͤ- cken zuſammen. — So viele Gefahren drohten mir waͤhrend meinem Hirtenſtand mehrmal, Leibs und Lebens verlurſtig zu werden, ohne daß ich’s viel ach- tete, oder doch alles bald wieder vergaß, und leyder damals nie daran dachte, daß du allein es warſt, mein unendlich guter himmliſcher Vater und Erhal- ter! der in den Winkeln einoͤder Wuͤſte die Raben naͤhrt, und auch Sorge fuͤr mein junges Leben trug.
XIX. Kameradſchaft.
Mein Vater hatte bisweilen aus der Gaißmilch Kaͤſe gemacht, bisweilen Kaͤlber geſaͤugt, und ſeine Wieſen mit dem Miſt geaͤufnet. Dieß reitzte unſre Nachbarn, daß ihrer Vier auch Gaiſſen anſchaften, und beym Kloſter um Erlaubniß baten, ebenfalls im Kohlwald huͤten zu duͤrfen. Da gab’s nun Kame- radſchaft. Unſer drey oder vier Gaißbuben kamen alle Tag zuſammen. Ich will nicht ſagen, ob ich
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beypfiffen. Oft ſtieg ich einem Waͤlſchtraubenknoͤpfli,
Frauenſchuͤhlin, oder andern Bluͤmchen uͤber Klippen
nach, daß es eine halsbrechende Arbeit war. Wie-
der zuͤndete ich groſſe, halbverdorrte Tannen von un-
ten an, die bisweilen acht bis zehen Tag an einan-
der fortbrannten, bis ſie fielen. Alle Morgen und
Abend ſah ich dann nach, wie’s mit ihnen ſtuhnd.
Einſt haͤtte mich eine maustodt ſchlagen koͤnnen:
Denn indem ich meine Geiſſen forttrieb, daß ſie nicht
getroffen wuͤrden, krachte ſie hart an mir iu Stuͤ-
cken zuſammen. — So viele Gefahren drohten mir
waͤhrend meinem Hirtenſtand mehrmal, Leibs und
Lebens verlurſtig zu werden, ohne daß ich’s viel ach-
tete, oder doch alles bald wieder vergaß, und leyder
damals nie daran dachte, daß du allein es warſt,
mein unendlich guter himmliſcher Vater und Erhal-
ter! der in den Winkeln einoͤder Wuͤſte die Raben
naͤhrt, und auch Sorge fuͤr mein junges Leben trug.
XIX.
Kameradſchaft.
Mein Vater hatte bisweilen aus der Gaißmilch
Kaͤſe gemacht, bisweilen Kaͤlber geſaͤugt, und ſeine
Wieſen mit dem Miſt geaͤufnet. Dieß reitzte unſre
Nachbarn, daß ihrer Vier auch Gaiſſen anſchaften,
und beym Kloſter um Erlaubniß baten, ebenfalls im
Kohlwald huͤten zu duͤrfen. Da gab’s nun Kame-
radſchaft. Unſer drey oder vier Gaißbuben kamen
alle Tag zuſammen. Ich will nicht ſagen, ob ich
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Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/braeker_lebensgeschichte_1789/51>, abgerufen am 01.03.2025.
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