Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.konnte: "Siehst du" sprach er, nur noch wenige Gott! Wie viele tausend Kinder kämen auf eine VI. Unsre Nachbauern im Näbis. Der Näbis liegt im Berg, ob Scheftenau. Von konnte: „Siehſt du„ ſprach er, nur noch wenige Gott! Wie viele tauſend Kinder kaͤmen auf eine VI. Unſre Nachbauern im Naͤbis. Der Naͤbis liegt im Berg, ob Scheftenau. Von <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0027" n="11"/> konnte: „Siehſt du„ ſprach er, nur noch wenige<lb/> „Schritte, ſo ſtuͤrzt der Bach uͤber den Felſen hinab.<lb/> „Haͤtt’ dich das Waſſer faſſen koͤnnen, ſo laͤgſt du<lb/> „dort unten todt und zermuͤrſet„! Von allem die-<lb/> ſem begriff ich damals kein Wort; ich wußte nur<lb/> von meiner Angſt, nichts von Gefahr. Beſonders<lb/> aber ſchwebten die Kerle auf dem Baum mir viele<lb/> Jahre vor Augen, ſobald mich nur ein Wort an die<lb/> Geſchichte erinnerte.</p><lb/> <p>Gott! Wie viele tauſend Kinder kaͤmen auf eine<lb/> elende Art ums Leben, wenn nicht deine ſchuͤtzenden<lb/> Engel uͤber ſie wachten. Und, o wie gut hat auch<lb/> der meinige uͤber mich gewacht. Lob und Preis ſey<lb/> dir dafuͤr noch heute von mir gebracht, und in alle<lb/> Ewigkeit!</p> </div><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#aq">VI.</hi><lb/> <hi rendition="#fr">Unſre Nachbauern im Naͤbis.</hi> </hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">D</hi>er <hi rendition="#fr">Naͤbis</hi> liegt im Berg, ob <hi rendition="#fr">Scheftenau.</hi> Von<lb/><hi rendition="#fr">Kapel</hi> hoͤrt man die Glocke laͤuten und ſchlagen. Es<lb/> ſind nur zwey Haͤuſer. Die aufgehnde Sonne ſtrahlt<lb/> beyden gerad in die Fenſter. Meine Großmutter<lb/> und die Frau im andern Haus waren zwo Schwe-<lb/> ſtern; fromme alte Muͤtterle, welche von andern<lb/> gottſeligen Weibern in der Nachbarſchaft fleißig be-<lb/> ſucht wurden. Damals gab es viel fromme Leuthe<lb/> daherum. Mein Vater, Großvater, und andre<lb/> Maͤnner, ſahen’s zwar ungern; durften aber nichts<lb/> ſagen, aus Furcht ſie koͤnnten ſich verſuͤndigen. Der<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [11/0027]
konnte: „Siehſt du„ ſprach er, nur noch wenige
„Schritte, ſo ſtuͤrzt der Bach uͤber den Felſen hinab.
„Haͤtt’ dich das Waſſer faſſen koͤnnen, ſo laͤgſt du
„dort unten todt und zermuͤrſet„! Von allem die-
ſem begriff ich damals kein Wort; ich wußte nur
von meiner Angſt, nichts von Gefahr. Beſonders
aber ſchwebten die Kerle auf dem Baum mir viele
Jahre vor Augen, ſobald mich nur ein Wort an die
Geſchichte erinnerte.
Gott! Wie viele tauſend Kinder kaͤmen auf eine
elende Art ums Leben, wenn nicht deine ſchuͤtzenden
Engel uͤber ſie wachten. Und, o wie gut hat auch
der meinige uͤber mich gewacht. Lob und Preis ſey
dir dafuͤr noch heute von mir gebracht, und in alle
Ewigkeit!
VI.
Unſre Nachbauern im Naͤbis.
Der Naͤbis liegt im Berg, ob Scheftenau. Von
Kapel hoͤrt man die Glocke laͤuten und ſchlagen. Es
ſind nur zwey Haͤuſer. Die aufgehnde Sonne ſtrahlt
beyden gerad in die Fenſter. Meine Großmutter
und die Frau im andern Haus waren zwo Schwe-
ſtern; fromme alte Muͤtterle, welche von andern
gottſeligen Weibern in der Nachbarſchaft fleißig be-
ſucht wurden. Damals gab es viel fromme Leuthe
daherum. Mein Vater, Großvater, und andre
Maͤnner, ſahen’s zwar ungern; durften aber nichts
ſagen, aus Furcht ſie koͤnnten ſich verſuͤndigen. Der
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