Bräker, Ulrich: Lebensgeschichte und natürliche Ebentheuer des Armen Mannes im Tockenburg. Herausgegeben von H. H. Füßli. Zürich, 1789.Handel nahm ab, so wie die Fruchtpreise stiegen; LXIX. Und abermals zwey Jahre! (1771. u. 1772.) Nun brach der grosse Winter ein, der schauervollste Handel nahm ab, ſo wie die Fruchtpreiſe ſtiegen; LXIX. Und abermals zwey Jahre! (1771. u. 1772.) Nun brach der groſſe Winter ein, der ſchauervollſte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0212" n="196"/> Handel nahm ab, ſo wie die Fruchtpreiſe ſtiegen;<lb/> und bey den armen Spinnern und Webern war nichts<lb/> als Borgen und Borgen. Nun troͤſtete ich freylich<lb/> die Meinigen und mich ſelbſt mit meinem: „Es wird<lb/> „ſchon beſſer kommen„! ſo gut ich konnte; mußte<lb/> dann aber auch dafuͤr manche bittre Pille verſchlucken,<lb/> die meine Bettesgenoßin wegen meinem vorigen Ver-<lb/> halten, meiner Sorgloſigkeit und Leichtſinn mir auf-<lb/> tiſchte, und die ich dann nicht allemal geduldig und<lb/> gleichguͤltig ertragen mochte. Gleichwohl ſagte mir<lb/> mein Gewiſſen meiſt: Sie hat recht… Wenn ſie’s nur<lb/> nicht ſo herb’ praͤparirt haͤtte.</p> </div><lb/> <div n="1"> <head> <hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">LXIX.</hi><lb/><hi rendition="#fr">Und abermals zwey Jahre</hi>!</hi> </head><lb/> <p> <hi rendition="#c">(1771. u. 1772.)</hi> </p><lb/> <p><hi rendition="#in">N</hi>un brach der groſſe Winter ein, der ſchauervollſte<lb/> den ich erlebt habe. Ich hatte itzt fuͤnf Kinder und<lb/> keinen Verdienſt, ein Bischen Geſpunſt ausgenom-<lb/> men. Bey meinem Haͤndelchen buͤßt’ ich von Woche<lb/> zu Woche immer mehr ein. Ich hatte ziemlich viel<lb/> vorraͤthig Garn, das ich in hohem Preiß eingekauft,<lb/> und an dem ich verlieren mußte, ich mocht’ es nun<lb/> wieder roh verkaufen oder zu Tuͤchern machen. Doch<lb/> that ich das letztre, und hielt mit dem Losſchlagen<lb/> derſelben zuruͤcke, mich immer meines Waidſpruchs<lb/> getroͤſtend: „Es wird ſchon beſſer werden„! Aber<lb/> es ward immer ſchlimmer, den ganzen Winter durch.<lb/> Inzwiſchen dacht’ ich ſo: „Dein kleiner Gewerb hat<lb/> „dich bisher genaͤhrt, wenn du damit gleich nichts<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [196/0212]
Handel nahm ab, ſo wie die Fruchtpreiſe ſtiegen;
und bey den armen Spinnern und Webern war nichts
als Borgen und Borgen. Nun troͤſtete ich freylich
die Meinigen und mich ſelbſt mit meinem: „Es wird
„ſchon beſſer kommen„! ſo gut ich konnte; mußte
dann aber auch dafuͤr manche bittre Pille verſchlucken,
die meine Bettesgenoßin wegen meinem vorigen Ver-
halten, meiner Sorgloſigkeit und Leichtſinn mir auf-
tiſchte, und die ich dann nicht allemal geduldig und
gleichguͤltig ertragen mochte. Gleichwohl ſagte mir
mein Gewiſſen meiſt: Sie hat recht… Wenn ſie’s nur
nicht ſo herb’ praͤparirt haͤtte.
LXIX.
Und abermals zwey Jahre!
(1771. u. 1772.)
Nun brach der groſſe Winter ein, der ſchauervollſte
den ich erlebt habe. Ich hatte itzt fuͤnf Kinder und
keinen Verdienſt, ein Bischen Geſpunſt ausgenom-
men. Bey meinem Haͤndelchen buͤßt’ ich von Woche
zu Woche immer mehr ein. Ich hatte ziemlich viel
vorraͤthig Garn, das ich in hohem Preiß eingekauft,
und an dem ich verlieren mußte, ich mocht’ es nun
wieder roh verkaufen oder zu Tuͤchern machen. Doch
that ich das letztre, und hielt mit dem Losſchlagen
derſelben zuruͤcke, mich immer meines Waidſpruchs
getroͤſtend: „Es wird ſchon beſſer werden„! Aber
es ward immer ſchlimmer, den ganzen Winter durch.
Inzwiſchen dacht’ ich ſo: „Dein kleiner Gewerb hat
„dich bisher genaͤhrt, wenn du damit gleich nichts
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