geht. Für jeden Druck also, der zwischen E E1 und D D1 liegt, sind bei der der Isotherme 3 entsprechenden Tempe- ratur t3 immer nur zwei stabile Phasen möglich.
§ 15. Unterkühlung, Verdampfungsverzug.
Was wird aber eintreten, wenn bei der Temperatur t3 das kritische Volumen der Masseneinheit der Substanz zwischen O C1 und O D1 liegt? Einem solchen Volumen entspricht bei der Temperatur t3 kein stabiler Zustand der Substanz und doch muss dieses Volumen möglich sein, da ja zwischen dem kleineren Volumen der flüssigen Phase und dem grösseren des Dampfes nothwendig irgend ein Uebergang vorhanden sein muss. Dieser Widerspruch löst sich durch die Möglichkeit, dass gleichzeitig ein Theil der Substanz die tropfbar flüssige, ein anderer die dampfförmige Phase hat, wobei selbstverständlich die Punkte, welche die beiden coexistirenden Phasen darstellen, für den Fall des Wärme- und Druckgleichgewichtes auf derselben Iso- therme liegen und von der Abcissenaxe denselben Abstand haben müssen, da Temperatur und Druck für beide Phasen gleich sein müssen. Unter dem Einfluss der Schwere sammelt sich natürlich die schwerere tropfbar flüssige Phase am Boden des Gefässes an und der Dampf steht darüber.
Die Coexistenz der tropfbaren und dampfförmigen Phase kann auch eintreten, wenn das Volumen zwischen O F1 und O C1 oder zwischen O D1 und O E1 liegt. Wenn daher die Substanz zunächst die Zustandsänderung L E durchlaufen hat und dann das Volumen isotherm noch weiter vermindert wird, so lassen unsere bisherigen Betrachtungen zwei Möglichkeiten zu. Die weitere Zustandsänderung kann durch die Curve E D darge- stellt werden, so dass die gesammte Substanz in jedem Momente den gleichen Zustand hat. Es kann aber auch in irgend einem Momente nur ein Theil der Substanz den durch irgend einen Punkt G der Curve D E dargestellten Zustand behalten, während ein anderer Theil in den Zustand übergeht, der durch den Punkt J dargestellt wird, der derselben Temperatur und dem- selben Drucke entspricht. Eine weitere Volumverkleinerung kann dann statt durch Fortschreiten auf der Curve G D da- durch bewirkt werden, dass eine grössere Menge der Sub- stanz aus der Phase G in die Phase J übergeht. In der That
II. Abschnitt. [Gleich. 36]
geht. Für jeden Druck also, der zwischen E E1 und D D1 liegt, sind bei der der Isotherme 3 entsprechenden Tempe- ratur τ3 immer nur zwei stabile Phasen möglich.
§ 15. Unterkühlung, Verdampfungsverzug.
Was wird aber eintreten, wenn bei der Temperatur τ3 das kritische Volumen der Masseneinheit der Substanz zwischen O C1 und O D1 liegt? Einem solchen Volumen entspricht bei der Temperatur τ3 kein stabiler Zustand der Substanz und doch muss dieses Volumen möglich sein, da ja zwischen dem kleineren Volumen der flüssigen Phase und dem grösseren des Dampfes nothwendig irgend ein Uebergang vorhanden sein muss. Dieser Widerspruch löst sich durch die Möglichkeit, dass gleichzeitig ein Theil der Substanz die tropfbar flüssige, ein anderer die dampfförmige Phase hat, wobei selbstverständlich die Punkte, welche die beiden coexistirenden Phasen darstellen, für den Fall des Wärme- und Druckgleichgewichtes auf derselben Iso- therme liegen und von der Abcissenaxe denselben Abstand haben müssen, da Temperatur und Druck für beide Phasen gleich sein müssen. Unter dem Einfluss der Schwere sammelt sich natürlich die schwerere tropfbar flüssige Phase am Boden des Gefässes an und der Dampf steht darüber.
Die Coexistenz der tropfbaren und dampfförmigen Phase kann auch eintreten, wenn das Volumen zwischen O F1 und O C1 oder zwischen O D1 und O E1 liegt. Wenn daher die Substanz zunächst die Zustandsänderung L E durchlaufen hat und dann das Volumen isotherm noch weiter vermindert wird, so lassen unsere bisherigen Betrachtungen zwei Möglichkeiten zu. Die weitere Zustandsänderung kann durch die Curve E D darge- stellt werden, so dass die gesammte Substanz in jedem Momente den gleichen Zustand hat. Es kann aber auch in irgend einem Momente nur ein Theil der Substanz den durch irgend einen Punkt G der Curve D E dargestellten Zustand behalten, während ein anderer Theil in den Zustand übergeht, der durch den Punkt J dargestellt wird, der derselben Temperatur und dem- selben Drucke entspricht. Eine weitere Volumverkleinerung kann dann statt durch Fortschreiten auf der Curve G D da- durch bewirkt werden, dass eine grössere Menge der Sub- stanz aus der Phase G in die Phase J übergeht. In der That
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0054"n="36"/><fwplace="top"type="header">II. Abschnitt. [Gleich. 36]</fw><lb/>
geht. Für jeden Druck also, der zwischen <hirendition="#i">E E</hi><hirendition="#sub">1</hi> und <hirendition="#i">D D</hi><hirendition="#sub">1</hi><lb/>
liegt, sind bei der der Isotherme 3 entsprechenden Tempe-<lb/>
ratur <hirendition="#i">τ</hi><hirendition="#sub">3</hi> immer nur zwei stabile Phasen möglich.</p></div><lb/><divn="2"><head>§ 15. <hirendition="#g">Unterkühlung, Verdampfungsverzug</hi>.</head><lb/><p>Was wird aber eintreten, wenn bei der Temperatur <hirendition="#i">τ</hi><hirendition="#sub">3</hi><lb/>
das kritische Volumen der Masseneinheit der Substanz zwischen<lb/><hirendition="#i">O C</hi><hirendition="#sub">1</hi> und <hirendition="#i">O D</hi><hirendition="#sub">1</hi> liegt? Einem solchen Volumen entspricht bei der<lb/>
Temperatur <hirendition="#i">τ</hi><hirendition="#sub">3</hi> kein stabiler Zustand der Substanz und doch<lb/>
muss dieses Volumen möglich sein, da ja zwischen dem kleineren<lb/>
Volumen der flüssigen Phase und dem grösseren des Dampfes<lb/>
nothwendig irgend ein Uebergang vorhanden sein muss. Dieser<lb/>
Widerspruch löst sich durch die Möglichkeit, dass gleichzeitig<lb/>
ein Theil der Substanz die tropfbar flüssige, ein anderer die<lb/>
dampfförmige Phase hat, wobei selbstverständlich die Punkte,<lb/>
welche die beiden coexistirenden Phasen darstellen, für den<lb/>
Fall des Wärme- und Druckgleichgewichtes auf derselben Iso-<lb/>
therme liegen und von der Abcissenaxe denselben Abstand<lb/>
haben müssen, da Temperatur und Druck für beide Phasen<lb/>
gleich sein müssen. Unter dem Einfluss der Schwere sammelt<lb/>
sich natürlich die schwerere tropfbar flüssige Phase am Boden<lb/>
des Gefässes an und der Dampf steht darüber.</p><lb/><p>Die Coexistenz der tropfbaren und dampfförmigen Phase<lb/>
kann auch eintreten, wenn das Volumen zwischen <hirendition="#i">O F</hi><hirendition="#sub">1</hi> und <hirendition="#i">O C</hi><hirendition="#sub">1</hi><lb/>
oder zwischen <hirendition="#i">O D</hi><hirendition="#sub">1</hi> und <hirendition="#i">O E</hi><hirendition="#sub">1</hi> liegt. Wenn daher die Substanz<lb/>
zunächst die Zustandsänderung <hirendition="#i">L E</hi> durchlaufen hat und dann<lb/>
das Volumen isotherm noch weiter vermindert wird, so lassen<lb/>
unsere bisherigen Betrachtungen zwei Möglichkeiten zu. Die<lb/>
weitere Zustandsänderung kann durch die Curve <hirendition="#i">E D</hi> darge-<lb/>
stellt werden, so dass die gesammte Substanz in jedem Momente<lb/>
den gleichen Zustand hat. Es kann aber auch in irgend einem<lb/>
Momente nur ein Theil der Substanz den durch irgend einen<lb/>
Punkt <hirendition="#i">G</hi> der Curve <hirendition="#i">D E</hi> dargestellten Zustand behalten, während<lb/>
ein anderer Theil in den Zustand übergeht, der durch den<lb/>
Punkt <hirendition="#i">J</hi> dargestellt wird, der derselben Temperatur und dem-<lb/>
selben Drucke entspricht. Eine weitere Volumverkleinerung<lb/>
kann dann statt durch Fortschreiten auf der Curve <hirendition="#i">G D</hi> da-<lb/>
durch bewirkt werden, dass eine grössere Menge der Sub-<lb/>
stanz aus der Phase <hirendition="#i">G</hi> in die Phase <hirendition="#i">J</hi> übergeht. In der That<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[36/0054]
II. Abschnitt. [Gleich. 36]
geht. Für jeden Druck also, der zwischen E E1 und D D1
liegt, sind bei der der Isotherme 3 entsprechenden Tempe-
ratur τ3 immer nur zwei stabile Phasen möglich.
§ 15. Unterkühlung, Verdampfungsverzug.
Was wird aber eintreten, wenn bei der Temperatur τ3
das kritische Volumen der Masseneinheit der Substanz zwischen
O C1 und O D1 liegt? Einem solchen Volumen entspricht bei der
Temperatur τ3 kein stabiler Zustand der Substanz und doch
muss dieses Volumen möglich sein, da ja zwischen dem kleineren
Volumen der flüssigen Phase und dem grösseren des Dampfes
nothwendig irgend ein Uebergang vorhanden sein muss. Dieser
Widerspruch löst sich durch die Möglichkeit, dass gleichzeitig
ein Theil der Substanz die tropfbar flüssige, ein anderer die
dampfförmige Phase hat, wobei selbstverständlich die Punkte,
welche die beiden coexistirenden Phasen darstellen, für den
Fall des Wärme- und Druckgleichgewichtes auf derselben Iso-
therme liegen und von der Abcissenaxe denselben Abstand
haben müssen, da Temperatur und Druck für beide Phasen
gleich sein müssen. Unter dem Einfluss der Schwere sammelt
sich natürlich die schwerere tropfbar flüssige Phase am Boden
des Gefässes an und der Dampf steht darüber.
Die Coexistenz der tropfbaren und dampfförmigen Phase
kann auch eintreten, wenn das Volumen zwischen O F1 und O C1
oder zwischen O D1 und O E1 liegt. Wenn daher die Substanz
zunächst die Zustandsänderung L E durchlaufen hat und dann
das Volumen isotherm noch weiter vermindert wird, so lassen
unsere bisherigen Betrachtungen zwei Möglichkeiten zu. Die
weitere Zustandsänderung kann durch die Curve E D darge-
stellt werden, so dass die gesammte Substanz in jedem Momente
den gleichen Zustand hat. Es kann aber auch in irgend einem
Momente nur ein Theil der Substanz den durch irgend einen
Punkt G der Curve D E dargestellten Zustand behalten, während
ein anderer Theil in den Zustand übergeht, der durch den
Punkt J dargestellt wird, der derselben Temperatur und dem-
selben Drucke entspricht. Eine weitere Volumverkleinerung
kann dann statt durch Fortschreiten auf der Curve G D da-
durch bewirkt werden, dass eine grössere Menge der Sub-
stanz aus der Phase G in die Phase J übergeht. In der That
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 2. Leipzig, 1898, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie02_1898/54>, abgerufen am 21.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.