Schon zweitausend Süd-Deutsche sind diesen Winter nach Amerika ausgezogen, und das waren "nicht verarmte heimathlose Leute, nein wohlhabende, tüchtige und rüstige Männer." Dieser Stimme darf man glauben, sie ist keine liberalen Unwillens, denn sie kömmt aus dem Hanöverischen, wo die Freiheit taubstumm ist. Und zur Bekräftigung ihrer Hanöverlichkeit kann es dienen, daß jene Auswanderungen eine Modekrankheit genannt werden. Eine Modekrankheit! Noch ein Glück, daß unsere Fürsten sich nicht, wie einst die Priester, gelüsten lassen, auch die Aerzte ihrer Unter¬
Fünf und Dreißigſter Brief.
Paris, Freitag den 15. März 1833.
Schon zweitauſend Süd-Deutſche ſind dieſen Winter nach Amerika ausgezogen, und das waren „nicht verarmte heimathloſe Leute, nein wohlhabende, tüchtige und rüſtige Männer.“ Dieſer Stimme darf man glauben, ſie iſt keine liberalen Unwillens, denn ſie kömmt aus dem Hanöveriſchen, wo die Freiheit taubſtumm iſt. Und zur Bekräftigung ihrer Hanöverlichkeit kann es dienen, daß jene Auswanderungen eine Modekrankheit genannt werden. Eine Modekrankheit! Noch ein Glück, daß unſere Fürſten ſich nicht, wie einſt die Prieſter, gelüſten laſſen, auch die Aerzte ihrer Unter¬
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Fünf und Dreißigſter Brief.
Paris, Freitag den 15. März 1833.
Schon zweitauſend Süd-Deutſche ſind dieſen
Winter nach Amerika ausgezogen, und das waren
„nicht verarmte heimathloſe Leute, nein
wohlhabende, tüchtige und rüſtige Männer.“
Dieſer Stimme darf man glauben, ſie iſt keine
liberalen Unwillens, denn ſie kömmt aus dem
Hanöveriſchen, wo die Freiheit taubſtumm iſt. Und
zur Bekräftigung ihrer Hanöverlichkeit kann es dienen,
daß jene Auswanderungen eine Modekrankheit
genannt werden. Eine Modekrankheit! Noch ein
Glück, daß unſere Fürſten ſich nicht, wie einſt die
Prieſter, gelüſten laſſen, auch die Aerzte ihrer Unter¬
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834, S. [222]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834/234>, abgerufen am 21.02.2025.
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