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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.

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ria kömmt und deklamirt Gedichte des Königs von
Baiern
und Sappho-Bavaria erhielt den Kranz.

Das zweite Bild stellt die Gegend von Athen
vor. "Mit erst düsterem Himmel, verbrannten Oli¬
"ven-Wäldern und verdorrten Fluren. Nach und
"nach kleidete sich der Himmel in Baierns Na¬
"tionalfarbe. Die Olivenwälder begannen zu grü¬
"nen. Die Fluren bedeckten sich mit Blumen und
"Blüthen, aus Ruinen entstanden Paläste. Und in
"diesem Augenblicke erschien von der Liebe getragen
"und den Glauben und die Hoffnung zur Seite, das
"als Seegensgestirn über Hellas aufgehende Bildniß
"des Königs Otto, vor dem sich Griechenlands Volk
"in freudiger Huldigung neigte." Bavaria-Sappho
ist verrückt, sie ist verliebt, weiß nicht mehr was sie
spricht und ich sehe sie schon vom Leucadische Felsen
hinab in die Isar springen. Aber Herr von Poißl
hat nicht die geringste Lebensart, daß er den König
Otto, der ein Mann ist, von der Liebe, die ein
Frauenzimmer ist, tragen ließ. Ich begreife nicht wie
das zarte Wesen diese Last von München bis zum
Himmel, einen so weiten Weg hat aushalten können;
König Otto muß sehr leicht sein! Warum hat er
den König nicht dem Glauben auf die breiten Schul¬
tern gesetzt? Der hat schon in seiner Dummheit
viel schwerere Lasten getragen. Dann wäre die
Liebe an der Seite der Hoffnung, hinter dem Glau¬

ria kömmt und deklamirt Gedichte des Königs von
Baiern
und Sappho-Bavaria erhielt den Kranz.

Das zweite Bild ſtellt die Gegend von Athen
vor. „Mit erſt düſterem Himmel, verbrannten Oli¬
„ven-Wäldern und verdorrten Fluren. Nach und
„nach kleidete ſich der Himmel in Baierns Na¬
tionalfarbe. Die Olivenwälder begannen zu grü¬
„nen. Die Fluren bedeckten ſich mit Blumen und
„Blüthen, aus Ruinen entſtanden Paläſte. Und in
„dieſem Augenblicke erſchien von der Liebe getragen
„und den Glauben und die Hoffnung zur Seite, das
„als Seegensgeſtirn über Hellas aufgehende Bildniß
„des Königs Otto, vor dem ſich Griechenlands Volk
„in freudiger Huldigung neigte.“ Bavaria-Sappho
iſt verrückt, ſie iſt verliebt, weiß nicht mehr was ſie
ſpricht und ich ſehe ſie ſchon vom Leucadiſche Felſen
hinab in die Iſar ſpringen. Aber Herr von Poißl
hat nicht die geringſte Lebensart, daß er den König
Otto, der ein Mann iſt, von der Liebe, die ein
Frauenzimmer iſt, tragen ließ. Ich begreife nicht wie
das zarte Weſen dieſe Laſt von München bis zum
Himmel, einen ſo weiten Weg hat aushalten können;
König Otto muß ſehr leicht ſein! Warum hat er
den König nicht dem Glauben auf die breiten Schul¬
tern geſetzt? Der hat ſchon in ſeiner Dummheit
viel ſchwerere Laſten getragen. Dann wäre die
Liebe an der Seite der Hoffnung, hinter dem Glau¬

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[95/0107] ria kömmt und deklamirt Gedichte des Königs von Baiern und Sappho-Bavaria erhielt den Kranz. Das zweite Bild ſtellt die Gegend von Athen vor. „Mit erſt düſterem Himmel, verbrannten Oli¬ „ven-Wäldern und verdorrten Fluren. Nach und „nach kleidete ſich der Himmel in Baierns Na¬ „tionalfarbe. Die Olivenwälder begannen zu grü¬ „nen. Die Fluren bedeckten ſich mit Blumen und „Blüthen, aus Ruinen entſtanden Paläſte. Und in „dieſem Augenblicke erſchien von der Liebe getragen „und den Glauben und die Hoffnung zur Seite, das „als Seegensgeſtirn über Hellas aufgehende Bildniß „des Königs Otto, vor dem ſich Griechenlands Volk „in freudiger Huldigung neigte.“ Bavaria-Sappho iſt verrückt, ſie iſt verliebt, weiß nicht mehr was ſie ſpricht und ich ſehe ſie ſchon vom Leucadiſche Felſen hinab in die Iſar ſpringen. Aber Herr von Poißl hat nicht die geringſte Lebensart, daß er den König Otto, der ein Mann iſt, von der Liebe, die ein Frauenzimmer iſt, tragen ließ. Ich begreife nicht wie das zarte Weſen dieſe Laſt von München bis zum Himmel, einen ſo weiten Weg hat aushalten können; König Otto muß ſehr leicht ſein! Warum hat er den König nicht dem Glauben auf die breiten Schul¬ tern geſetzt? Der hat ſchon in ſeiner Dummheit viel ſchwerere Laſten getragen. Dann wäre die Liebe an der Seite der Hoffnung, hinter dem Glau¬

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/107>, abgerufen am 26.04.2024.