Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

..... Auf das was **** sagt, lassen Sie
Acht geben. Er steht zwar ganz unten in der vor¬
nehmen Welt, aber unter der aristokratischen Sipp¬
schaft herrscht eine merkwürdige Sympathie, und
wenn man aufmerksam ist, kann man oft unten hö¬
ren was oben gesprochen wird und so erfahren was
sie vorhaben. Es kann recht leicht sein, daß sie die߬
mal meine Briefe nicht verbieten, planmäßig nicht;
denn aus der Polizeilumperei kommen sie nie heraus.
Sie halten immer für leicht und möglich die öffent¬
liche Meinung zu unterdrücken oder zu beherrschen,
und wenn es ihnen mislingt, denken sie, sie hätten
nur das rechte Mittel nicht gewählt. Das Verbot
der Briefe hat nichts geholfen, jetzt denken sie die
Duldung werde wirksamer sein, aber ihre Verachtung
wird mir so wenig schaden, als ihr Haß.

Ich habe den Artikel in der Nürnberger Zeitung
gelesen. Er ist gut gemeint; aber ich finde mich
noch schwerer in diese Menschen, als sie sich in mich
finden. Da heißt es wieder: es sei doch jammer¬
schade, daß ein so geistreicher Mann, wie ich sei,
und der so unendlich viel Gutes wirken könnte, so
unmäßig wäre! Guter Gott! Auf wen soll ich
denn wirken? Auf die Regierungen etwa? Auf


..... Auf das was **** ſagt, laſſen Sie
Acht geben. Er ſteht zwar ganz unten in der vor¬
nehmen Welt, aber unter der ariſtokratiſchen Sipp¬
ſchaft herrſcht eine merkwürdige Sympathie, und
wenn man aufmerkſam iſt, kann man oft unten hö¬
ren was oben geſprochen wird und ſo erfahren was
ſie vorhaben. Es kann recht leicht ſein, daß ſie die߬
mal meine Briefe nicht verbieten, planmäßig nicht;
denn aus der Polizeilumperei kommen ſie nie heraus.
Sie halten immer für leicht und möglich die öffent¬
liche Meinung zu unterdrücken oder zu beherrſchen,
und wenn es ihnen mislingt, denken ſie, ſie hätten
nur das rechte Mittel nicht gewählt. Das Verbot
der Briefe hat nichts geholfen, jetzt denken ſie die
Duldung werde wirkſamer ſein, aber ihre Verachtung
wird mir ſo wenig ſchaden, als ihr Haß.

Ich habe den Artikel in der Nürnberger Zeitung
geleſen. Er iſt gut gemeint; aber ich finde mich
noch ſchwerer in dieſe Menſchen, als ſie ſich in mich
finden. Da heißt es wieder: es ſei doch jammer¬
ſchade, daß ein ſo geiſtreicher Mann, wie ich ſei,
und der ſo unendlich viel Gutes wirken könnte, ſo
unmäßig wäre! Guter Gott! Auf wen ſoll ich
denn wirken? Auf die Regierungen etwa? Auf

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0235" n="223"/>
        <div>
          <dateline rendition="#right">Sam&#x017F;tag, den 19. Januar.</dateline><lb/>
          <p>..... Auf das was **** &#x017F;agt, la&#x017F;&#x017F;en Sie<lb/>
Acht geben. Er &#x017F;teht zwar ganz unten in der vor¬<lb/>
nehmen Welt, aber unter der ari&#x017F;tokrati&#x017F;chen Sipp¬<lb/>
&#x017F;chaft herr&#x017F;cht eine merkwürdige Sympathie, und<lb/>
wenn man aufmerk&#x017F;am i&#x017F;t, kann man oft unten hö¬<lb/>
ren was oben ge&#x017F;prochen wird und &#x017F;o erfahren was<lb/>
&#x017F;ie vorhaben. Es kann recht leicht &#x017F;ein, daß &#x017F;ie die߬<lb/>
mal meine Briefe nicht verbieten, planmäßig nicht;<lb/>
denn aus der Polizeilumperei kommen &#x017F;ie nie heraus.<lb/>
Sie halten immer für leicht und möglich die öffent¬<lb/>
liche Meinung zu unterdrücken oder zu beherr&#x017F;chen,<lb/>
und wenn es ihnen mislingt, denken &#x017F;ie, &#x017F;ie hätten<lb/>
nur das rechte Mittel nicht gewählt. Das Verbot<lb/>
der Briefe hat nichts geholfen, jetzt denken &#x017F;ie die<lb/>
Duldung werde wirk&#x017F;amer &#x017F;ein, aber ihre Verachtung<lb/>
wird mir &#x017F;o wenig &#x017F;chaden, als ihr Haß.</p><lb/>
          <p>Ich habe den Artikel in der Nürnberger Zeitung<lb/>
gele&#x017F;en. Er i&#x017F;t gut gemeint; aber ich finde mich<lb/>
noch &#x017F;chwerer in die&#x017F;e Men&#x017F;chen, als &#x017F;ie &#x017F;ich in mich<lb/>
finden. Da heißt es wieder: es &#x017F;ei doch jammer¬<lb/>
&#x017F;chade, daß ein &#x017F;o gei&#x017F;treicher Mann, wie ich &#x017F;ei,<lb/>
und der &#x017F;o unendlich viel Gutes wirken könnte, &#x017F;o<lb/>
unmäßig wäre! Guter Gott! Auf wen &#x017F;oll ich<lb/>
denn wirken? Auf die Regierungen etwa? Auf<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[223/0235] Samſtag, den 19. Januar. ..... Auf das was **** ſagt, laſſen Sie Acht geben. Er ſteht zwar ganz unten in der vor¬ nehmen Welt, aber unter der ariſtokratiſchen Sipp¬ ſchaft herrſcht eine merkwürdige Sympathie, und wenn man aufmerkſam iſt, kann man oft unten hö¬ ren was oben geſprochen wird und ſo erfahren was ſie vorhaben. Es kann recht leicht ſein, daß ſie die߬ mal meine Briefe nicht verbieten, planmäßig nicht; denn aus der Polizeilumperei kommen ſie nie heraus. Sie halten immer für leicht und möglich die öffent¬ liche Meinung zu unterdrücken oder zu beherrſchen, und wenn es ihnen mislingt, denken ſie, ſie hätten nur das rechte Mittel nicht gewählt. Das Verbot der Briefe hat nichts geholfen, jetzt denken ſie die Duldung werde wirkſamer ſein, aber ihre Verachtung wird mir ſo wenig ſchaden, als ihr Haß. Ich habe den Artikel in der Nürnberger Zeitung geleſen. Er iſt gut gemeint; aber ich finde mich noch ſchwerer in dieſe Menſchen, als ſie ſich in mich finden. Da heißt es wieder: es ſei doch jammer¬ ſchade, daß ein ſo geiſtreicher Mann, wie ich ſei, und der ſo unendlich viel Gutes wirken könnte, ſo unmäßig wäre! Guter Gott! Auf wen ſoll ich denn wirken? Auf die Regierungen etwa? Auf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/235
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/235>, abgerufen am 21.11.2024.