..... Auf das was **** sagt, lassen Sie Acht geben. Er steht zwar ganz unten in der vor¬ nehmen Welt, aber unter der aristokratischen Sipp¬ schaft herrscht eine merkwürdige Sympathie, und wenn man aufmerksam ist, kann man oft unten hö¬ ren was oben gesprochen wird und so erfahren was sie vorhaben. Es kann recht leicht sein, daß sie die߬ mal meine Briefe nicht verbieten, planmäßig nicht; denn aus der Polizeilumperei kommen sie nie heraus. Sie halten immer für leicht und möglich die öffent¬ liche Meinung zu unterdrücken oder zu beherrschen, und wenn es ihnen mislingt, denken sie, sie hätten nur das rechte Mittel nicht gewählt. Das Verbot der Briefe hat nichts geholfen, jetzt denken sie die Duldung werde wirksamer sein, aber ihre Verachtung wird mir so wenig schaden, als ihr Haß.
Ich habe den Artikel in der Nürnberger Zeitung gelesen. Er ist gut gemeint; aber ich finde mich noch schwerer in diese Menschen, als sie sich in mich finden. Da heißt es wieder: es sei doch jammer¬ schade, daß ein so geistreicher Mann, wie ich sei, und der so unendlich viel Gutes wirken könnte, so unmäßig wäre! Guter Gott! Auf wen soll ich denn wirken? Auf die Regierungen etwa? Auf
Samſtag, den 19. Januar.
..... Auf das was **** ſagt, laſſen Sie Acht geben. Er ſteht zwar ganz unten in der vor¬ nehmen Welt, aber unter der ariſtokratiſchen Sipp¬ ſchaft herrſcht eine merkwürdige Sympathie, und wenn man aufmerkſam iſt, kann man oft unten hö¬ ren was oben geſprochen wird und ſo erfahren was ſie vorhaben. Es kann recht leicht ſein, daß ſie die߬ mal meine Briefe nicht verbieten, planmäßig nicht; denn aus der Polizeilumperei kommen ſie nie heraus. Sie halten immer für leicht und möglich die öffent¬ liche Meinung zu unterdrücken oder zu beherrſchen, und wenn es ihnen mislingt, denken ſie, ſie hätten nur das rechte Mittel nicht gewählt. Das Verbot der Briefe hat nichts geholfen, jetzt denken ſie die Duldung werde wirkſamer ſein, aber ihre Verachtung wird mir ſo wenig ſchaden, als ihr Haß.
Ich habe den Artikel in der Nürnberger Zeitung geleſen. Er iſt gut gemeint; aber ich finde mich noch ſchwerer in dieſe Menſchen, als ſie ſich in mich finden. Da heißt es wieder: es ſei doch jammer¬ ſchade, daß ein ſo geiſtreicher Mann, wie ich ſei, und der ſo unendlich viel Gutes wirken könnte, ſo unmäßig wäre! Guter Gott! Auf wen ſoll ich denn wirken? Auf die Regierungen etwa? Auf
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0235"n="223"/><div><datelinerendition="#right">Samſtag, den 19. Januar.</dateline><lb/><p>..... Auf das was **** ſagt, laſſen Sie<lb/>
Acht geben. Er ſteht zwar ganz unten in der vor¬<lb/>
nehmen Welt, aber unter der ariſtokratiſchen Sipp¬<lb/>ſchaft herrſcht eine merkwürdige Sympathie, und<lb/>
wenn man aufmerkſam iſt, kann man oft unten hö¬<lb/>
ren was oben geſprochen wird und ſo erfahren was<lb/>ſie vorhaben. Es kann recht leicht ſein, daß ſie die߬<lb/>
mal meine Briefe nicht verbieten, planmäßig nicht;<lb/>
denn aus der Polizeilumperei kommen ſie nie heraus.<lb/>
Sie halten immer für leicht und möglich die öffent¬<lb/>
liche Meinung zu unterdrücken oder zu beherrſchen,<lb/>
und wenn es ihnen mislingt, denken ſie, ſie hätten<lb/>
nur das rechte Mittel nicht gewählt. Das Verbot<lb/>
der Briefe hat nichts geholfen, jetzt denken ſie die<lb/>
Duldung werde wirkſamer ſein, aber ihre Verachtung<lb/>
wird mir ſo wenig ſchaden, als ihr Haß.</p><lb/><p>Ich habe den Artikel in der Nürnberger Zeitung<lb/>
geleſen. Er iſt gut gemeint; aber ich finde mich<lb/>
noch ſchwerer in dieſe Menſchen, als ſie ſich in mich<lb/>
finden. Da heißt es wieder: es ſei doch jammer¬<lb/>ſchade, daß ein ſo geiſtreicher Mann, wie ich ſei,<lb/>
und der ſo unendlich viel Gutes wirken könnte, ſo<lb/>
unmäßig wäre! Guter Gott! Auf wen ſoll ich<lb/>
denn wirken? Auf die Regierungen etwa? Auf<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[223/0235]
Samſtag, den 19. Januar.
..... Auf das was **** ſagt, laſſen Sie
Acht geben. Er ſteht zwar ganz unten in der vor¬
nehmen Welt, aber unter der ariſtokratiſchen Sipp¬
ſchaft herrſcht eine merkwürdige Sympathie, und
wenn man aufmerkſam iſt, kann man oft unten hö¬
ren was oben geſprochen wird und ſo erfahren was
ſie vorhaben. Es kann recht leicht ſein, daß ſie die߬
mal meine Briefe nicht verbieten, planmäßig nicht;
denn aus der Polizeilumperei kommen ſie nie heraus.
Sie halten immer für leicht und möglich die öffent¬
liche Meinung zu unterdrücken oder zu beherrſchen,
und wenn es ihnen mislingt, denken ſie, ſie hätten
nur das rechte Mittel nicht gewählt. Das Verbot
der Briefe hat nichts geholfen, jetzt denken ſie die
Duldung werde wirkſamer ſein, aber ihre Verachtung
wird mir ſo wenig ſchaden, als ihr Haß.
Ich habe den Artikel in der Nürnberger Zeitung
geleſen. Er iſt gut gemeint; aber ich finde mich
noch ſchwerer in dieſe Menſchen, als ſie ſich in mich
finden. Da heißt es wieder: es ſei doch jammer¬
ſchade, daß ein ſo geiſtreicher Mann, wie ich ſei,
und der ſo unendlich viel Gutes wirken könnte, ſo
unmäßig wäre! Guter Gott! Auf wen ſoll ich
denn wirken? Auf die Regierungen etwa? Auf
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 5. Paris, 1834, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris05_1834/235>, abgerufen am 22.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.