Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832.Vierzigster Brief. Paris, Sonntag, den 6. März. 1831.Wäre ich ein Dichter nur acht Tage lang! Ich Vierzigſter Brief. Paris, Sonntag, den 6. März. 1831.Wäre ich ein Dichter nur acht Tage lang! Ich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0135" n="[121]"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b #g">Vierzigſter Brief.</hi><lb/> </head> <dateline> <hi rendition="#right">Paris, Sonntag, den 6. März. 1831.</hi> </dateline><lb/> <p>Wäre ich ein Dichter nur acht Tage lang! Ich<lb/> wollte ein Freudenlied ſingen, daß Berge und Wäl¬<lb/> der dabei tanzten, oder ein Trauerlied, daß die Sterne<lb/> darüber weinen müßten und erlöſchten in ihren eige¬<lb/> nen Thränen. Ich fühle es in mir, aber es will<lb/> ſich nicht geſtalten. Nur proſaiſch kann ich jubeln ...<lb/> heute iſt heute und morgen iſt morgen; ich will nicht<lb/> weiter denken. Alles Gute und Schöne hat ſich be¬<lb/> ſtätigt, aber das Beſte und Schönſte iſt noch nicht<lb/> entſchieden. Ein Handelshaus erhielt geſtern die<lb/> Nachricht: die Ruſſen wären gänzlich zerſtreut, und,<lb/> was Alles entſcheide, hinter ihrem Rücken wäre Li¬<lb/> thauen aufgeſtanden. Aber das heutige miniſterielle<lb/> Blatt berichtet, die Regierung habe gleich ſpätere<lb/> Nachrichten, wie jenes Handelshaus, und dieſe, ob¬<lb/> zwar gut lautend, ſprächen noch von keiner Entſchei¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[121]/0135]
Vierzigſter Brief.
Paris, Sonntag, den 6. März. 1831.
Wäre ich ein Dichter nur acht Tage lang! Ich
wollte ein Freudenlied ſingen, daß Berge und Wäl¬
der dabei tanzten, oder ein Trauerlied, daß die Sterne
darüber weinen müßten und erlöſchten in ihren eige¬
nen Thränen. Ich fühle es in mir, aber es will
ſich nicht geſtalten. Nur proſaiſch kann ich jubeln ...
heute iſt heute und morgen iſt morgen; ich will nicht
weiter denken. Alles Gute und Schöne hat ſich be¬
ſtätigt, aber das Beſte und Schönſte iſt noch nicht
entſchieden. Ein Handelshaus erhielt geſtern die
Nachricht: die Ruſſen wären gänzlich zerſtreut, und,
was Alles entſcheide, hinter ihrem Rücken wäre Li¬
thauen aufgeſtanden. Aber das heutige miniſterielle
Blatt berichtet, die Regierung habe gleich ſpätere
Nachrichten, wie jenes Handelshaus, und dieſe, ob¬
zwar gut lautend, ſprächen noch von keiner Entſchei¬
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