Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite
Acht und zwanzigster Brief.

Sie warten gewiß schon diese vier Tage lang
auf eine herrliche Beschreibung des Opernballes; aber
kehren Sie nur gleich um. Ich weiß von dem
Balle nicht mehr, als jeder Fürst von seinem Lande;
denn ich habe ihn nur von oben herab gesehen. Nun,
ich bin da gewesen, und -- bin noch da. Das
ist das Wunder! Der Ball scheint nur eingerichtet
worden zu seyn, um zu zeigen, wie wenig Raum
und Luft ein Mensch braucht um zu leben. Das
nennen sie ein Vergnügen! Wenn ich einmal einen
Criminal-Codex mache, würde ich die schweren Ver¬
brecher verurtheilen, dreißig Nächte hinter einander
auf solchen Bällen zuzubringen. Nach den besten

Acht und zwanzigſter Brief.

Sie warten gewiß ſchon dieſe vier Tage lang
auf eine herrliche Beſchreibung des Opernballes; aber
kehren Sie nur gleich um. Ich weiß von dem
Balle nicht mehr, als jeder Fürſt von ſeinem Lande;
denn ich habe ihn nur von oben herab geſehen. Nun,
ich bin da geweſen, und — bin noch da. Das
iſt das Wunder! Der Ball ſcheint nur eingerichtet
worden zu ſeyn, um zu zeigen, wie wenig Raum
und Luft ein Menſch braucht um zu leben. Das
nennen ſie ein Vergnügen! Wenn ich einmal einen
Criminal-Codex mache, würde ich die ſchweren Ver¬
brecher verurtheilen, dreißig Nächte hinter einander
auf ſolchen Bällen zuzubringen. Nach den beſten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0237" n="[223]"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b #g">Acht und zwanzig&#x017F;ter Brief</hi> <hi rendition="#b">.</hi><lb/>
          </head>
          <dateline> <hi rendition="#right">Paris, den 24. Januar 1831.</hi> </dateline><lb/>
          <p>Sie warten gewiß &#x017F;chon die&#x017F;e vier Tage lang<lb/>
auf eine herrliche Be&#x017F;chreibung des Opernballes; aber<lb/>
kehren Sie nur gleich um. Ich weiß von dem<lb/>
Balle nicht mehr, als jeder Für&#x017F;t von &#x017F;einem Lande;<lb/>
denn ich habe ihn nur von oben herab ge&#x017F;ehen. Nun,<lb/>
ich bin da gewe&#x017F;en, und &#x2014; <hi rendition="#g">bin noch da</hi>. Das<lb/>
i&#x017F;t das Wunder! Der Ball &#x017F;cheint nur eingerichtet<lb/>
worden zu &#x017F;eyn, um zu zeigen, wie wenig Raum<lb/>
und Luft ein Men&#x017F;ch braucht um zu leben. Das<lb/>
nennen &#x017F;ie ein Vergnügen! Wenn ich einmal einen<lb/>
Criminal-Codex mache, würde ich die &#x017F;chweren Ver¬<lb/>
brecher verurtheilen, dreißig Nächte hinter einander<lb/>
auf &#x017F;olchen Bällen zuzubringen. Nach den be&#x017F;ten<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[223]/0237] Acht und zwanzigſter Brief. Paris, den 24. Januar 1831. Sie warten gewiß ſchon dieſe vier Tage lang auf eine herrliche Beſchreibung des Opernballes; aber kehren Sie nur gleich um. Ich weiß von dem Balle nicht mehr, als jeder Fürſt von ſeinem Lande; denn ich habe ihn nur von oben herab geſehen. Nun, ich bin da geweſen, und — bin noch da. Das iſt das Wunder! Der Ball ſcheint nur eingerichtet worden zu ſeyn, um zu zeigen, wie wenig Raum und Luft ein Menſch braucht um zu leben. Das nennen ſie ein Vergnügen! Wenn ich einmal einen Criminal-Codex mache, würde ich die ſchweren Ver¬ brecher verurtheilen, dreißig Nächte hinter einander auf ſolchen Bällen zuzubringen. Nach den beſten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris01_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris01_1832/237
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832, S. [223]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris01_1832/237>, abgerufen am 21.11.2024.