Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.Mittwoch, den 10. November. Neulich bin ich bei Ferusac eingeführt worden, -- Manchmal, wenn ich um Mitternacht noch Mittwoch, den 10. November. Neulich bin ich bei Feruſac eingeführt worden, — Manchmal, wenn ich um Mitternacht noch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0107" n="93"/> <div n="2"> <dateline> <hi rendition="#right">Mittwoch, den 10. November.</hi> </dateline><lb/> <p>Neulich bin ich bei Feruſac eingeführt worden,<lb/> der jede Woche Reunion hat. Er gibt ein Jour¬<lb/> nal heraus, das in Deutſchland bekannt iſt. Er iſt<lb/> jetzt Deputirter geworden. Man findet in ſeinem<lb/> Salon alle fremden und einheimiſchen Blätter und<lb/> Journale, alle intereſſanten Bücher und Kupferwerke<lb/> und Gelehrte von allen Formaten. Man vertreibt<lb/> ſich die Zeit mit Leſen und Kupferſtiche betrachten.<lb/> Er fragte mich, was mein literariſches Fach wäre?<lb/> Antworten konnte ich darauf nicht, weil ich es ſelbſt<lb/> nicht wußte. Wenn Sie etwas Näheres davon<lb/> wiſſen, theilen Sie mir es mit. — Ich habe in<lb/> dieſen Tagen geleſen: <hi rendition="#aq">Contes d’Espagne et d’Italie<lb/> par</hi> <hi rendition="#aq #g">Alfred de Musset</hi>. Ein junger Dichter.<lb/> Es iſt merkwürdig, was der Aehnlichkeit mit Heine<lb/> hat. Sollte man das von einem Franzoſen für<lb/> möglich halten? — Die Memoiren von St. Simon<lb/> machen mir erſtaunlich viel Freude. Vom Hofe Lud¬<lb/> wigs <hi rendition="#aq">XIV</hi>. bekommt man die klarſte Vorſtellung.<lb/> Es iſt mir, als hätte ich dort gelebt. Aber auch<lb/> nur vom Hofe. Vom Volke, von der Welt iſt gar<lb/> keine Rede. Welche Zeit war das! Ich glaube,<lb/> das Buch hat zwölf Bände.</p><lb/> <p>— Manchmal, wenn ich um Mitternacht noch<lb/> noch auf der Straße bin, traue ich meinen Sinnen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [93/0107]
Mittwoch, den 10. November.
Neulich bin ich bei Feruſac eingeführt worden,
der jede Woche Reunion hat. Er gibt ein Jour¬
nal heraus, das in Deutſchland bekannt iſt. Er iſt
jetzt Deputirter geworden. Man findet in ſeinem
Salon alle fremden und einheimiſchen Blätter und
Journale, alle intereſſanten Bücher und Kupferwerke
und Gelehrte von allen Formaten. Man vertreibt
ſich die Zeit mit Leſen und Kupferſtiche betrachten.
Er fragte mich, was mein literariſches Fach wäre?
Antworten konnte ich darauf nicht, weil ich es ſelbſt
nicht wußte. Wenn Sie etwas Näheres davon
wiſſen, theilen Sie mir es mit. — Ich habe in
dieſen Tagen geleſen: Contes d’Espagne et d’Italie
par Alfred de Musset. Ein junger Dichter.
Es iſt merkwürdig, was der Aehnlichkeit mit Heine
hat. Sollte man das von einem Franzoſen für
möglich halten? — Die Memoiren von St. Simon
machen mir erſtaunlich viel Freude. Vom Hofe Lud¬
wigs XIV. bekommt man die klarſte Vorſtellung.
Es iſt mir, als hätte ich dort gelebt. Aber auch
nur vom Hofe. Vom Volke, von der Welt iſt gar
keine Rede. Welche Zeit war das! Ich glaube,
das Buch hat zwölf Bände.
— Manchmal, wenn ich um Mitternacht noch
noch auf der Straße bin, traue ich meinen Sinnen
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