Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite
VII. Die Beschau- und Meisterzeichen und die
Namen der Waffenschmiede mit ihren Marken.


In den meisten älteren Stätten des Waffenhandwerkes besass die
arbeitende Körperschaft eine feste Organisation im Sinne des
Zunftwesens. Die ältesten derartigen Ordnungen schreiben sich be-
reits vom Beginne des 13. Jahrhunderts her, ihr Ursprung reicht aber
ohne Zweifel noch viel weiter in das Mittelalter zurück. Das Vor-
bild zu einem solchen strammen Zusammenschluss der Angehörigen
desselben Gewerbes finden wir ebenso in Byzanz wie unter den sara-
zenischen Handwerkern in Sizilien und unter den maurischen in
Spanien. Die grossen Erfolge der orientalischen Werkstätten forderte
gebieterisch zu einer Nachahmung ihrer allgemeinen Organisation auf.
Die Gesetze, die diese Verbindungen sich auferlegten, betreffen vor
allem die Disziplin der Genossen, sodann die strenge Aufsicht über
das Erzeugnis ihrer Hände. In dieser Hinsicht wurde jedes in der
Genossenschaft gefertigte Stück von gewählten erfahrenen Meistern,
die "Beschaumeister", geprüft und nach entsprechendem Befunde mit
einem vereinbarten Zeichen, "Beschauzeichen", versehen, das bei
Eisenwaren im Mittelalter eingraviert und in Gold oder Messing
tauschiert, später "in das Gesenk" geschlagen wurde. Mit den Formen
dieser Marken haben sich die Forscher noch zu wenig beschäftigt;
doch sind wir in der Lage, eine Anzahl der wichtigsten in dem
nachfolgenden Verzeichnisse zu bringen, bemerken jedoch, dass im
Laufe der Zeit zwar die allgemeinen Formen, nicht aber die Detail-
formen sich gleich blieben, dass somit auf Grund dieser Abweichungen
ganz gut auf das Alter des Gegenstandes geschlossen werden kann.
Wir können begreiflicherweise auf derlei Subtilitäten hier nicht
näher eingehen und müssen sie der Beobachtung des einzelnen über-
lassen.

Der Gebrauch, dem handwerklichen Erzeugnisse den Namen oder
ein diesen vertretendes Zeichen des Verfertigers beizufügen, ist dem

Boeheim, Waffenkunde. 41
VII. Die Beschau- und Meisterzeichen und die
Namen der Waffenschmiede mit ihren Marken.


In den meisten älteren Stätten des Waffenhandwerkes besaſs die
arbeitende Körperschaft eine feste Organisation im Sinne des
Zunftwesens. Die ältesten derartigen Ordnungen schreiben sich be-
reits vom Beginne des 13. Jahrhunderts her, ihr Ursprung reicht aber
ohne Zweifel noch viel weiter in das Mittelalter zurück. Das Vor-
bild zu einem solchen strammen Zusammenschluſs der Angehörigen
desselben Gewerbes finden wir ebenso in Byzanz wie unter den sara-
zenischen Handwerkern in Sizilien und unter den maurischen in
Spanien. Die groſsen Erfolge der orientalischen Werkstätten forderte
gebieterisch zu einer Nachahmung ihrer allgemeinen Organisation auf.
Die Gesetze, die diese Verbindungen sich auferlegten, betreffen vor
allem die Disziplin der Genossen, sodann die strenge Aufsicht über
das Erzeugnis ihrer Hände. In dieser Hinsicht wurde jedes in der
Genossenschaft gefertigte Stück von gewählten erfahrenen Meistern,
die „Beschaumeister“, geprüft und nach entsprechendem Befunde mit
einem vereinbarten Zeichen, „Beschauzeichen“, versehen, das bei
Eisenwaren im Mittelalter eingraviert und in Gold oder Messing
tauschiert, später „in das Gesenk“ geschlagen wurde. Mit den Formen
dieser Marken haben sich die Forscher noch zu wenig beschäftigt;
doch sind wir in der Lage, eine Anzahl der wichtigsten in dem
nachfolgenden Verzeichnisse zu bringen, bemerken jedoch, daſs im
Laufe der Zeit zwar die allgemeinen Formen, nicht aber die Detail-
formen sich gleich blieben, daſs somit auf Grund dieser Abweichungen
ganz gut auf das Alter des Gegenstandes geschlossen werden kann.
Wir können begreiflicherweise auf derlei Subtilitäten hier nicht
näher eingehen und müssen sie der Beobachtung des einzelnen über-
lassen.

Der Gebrauch, dem handwerklichen Erzeugnisse den Namen oder
ein diesen vertretendes Zeichen des Verfertigers beizufügen, ist dem

Boeheim, Waffenkunde. 41
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0659" n="641"/>
      <div n="1">
        <head>VII. Die Beschau- und Meisterzeichen und die<lb/>
Namen der Waffenschmiede mit ihren Marken.</head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p><hi rendition="#in">I</hi>n den meisten älteren Stätten des Waffenhandwerkes besa&#x017F;s die<lb/>
arbeitende Körperschaft eine feste Organisation im Sinne des<lb/>
Zunftwesens. Die ältesten derartigen Ordnungen schreiben sich be-<lb/>
reits vom Beginne des 13. Jahrhunderts her, ihr Ursprung reicht aber<lb/>
ohne Zweifel noch viel weiter in das Mittelalter zurück. Das Vor-<lb/>
bild zu einem solchen strammen Zusammenschlu&#x017F;s der Angehörigen<lb/>
desselben Gewerbes finden wir ebenso in Byzanz wie unter den sara-<lb/>
zenischen Handwerkern in Sizilien und unter den maurischen in<lb/>
Spanien. Die gro&#x017F;sen Erfolge der orientalischen Werkstätten forderte<lb/>
gebieterisch zu einer Nachahmung ihrer allgemeinen Organisation auf.<lb/>
Die Gesetze, die diese Verbindungen sich auferlegten, betreffen vor<lb/>
allem die Disziplin der Genossen, sodann die strenge Aufsicht über<lb/>
das Erzeugnis ihrer Hände. In dieser Hinsicht wurde jedes in der<lb/>
Genossenschaft gefertigte Stück von gewählten erfahrenen Meistern,<lb/>
die &#x201E;Beschaumeister&#x201C;, geprüft und nach entsprechendem Befunde mit<lb/>
einem vereinbarten Zeichen, &#x201E;Beschauzeichen&#x201C;, versehen, das bei<lb/>
Eisenwaren im Mittelalter eingraviert und in Gold oder Messing<lb/>
tauschiert, später &#x201E;in das Gesenk&#x201C; geschlagen wurde. Mit den Formen<lb/>
dieser Marken haben sich die Forscher noch zu wenig beschäftigt;<lb/>
doch sind wir in der Lage, eine Anzahl der wichtigsten in dem<lb/>
nachfolgenden Verzeichnisse zu bringen, bemerken jedoch, da&#x017F;s im<lb/>
Laufe der Zeit zwar die allgemeinen Formen, nicht aber die Detail-<lb/>
formen sich gleich blieben, da&#x017F;s somit auf Grund dieser Abweichungen<lb/>
ganz gut auf das Alter des Gegenstandes geschlossen werden kann.<lb/>
Wir können begreiflicherweise auf derlei Subtilitäten hier nicht<lb/>
näher eingehen und müssen sie der Beobachtung des einzelnen über-<lb/>
lassen.</p><lb/>
        <p>Der Gebrauch, dem handwerklichen Erzeugnisse den Namen oder<lb/>
ein diesen vertretendes Zeichen des Verfertigers beizufügen, ist dem<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Boeheim</hi>, Waffenkunde. 41</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[641/0659] VII. Die Beschau- und Meisterzeichen und die Namen der Waffenschmiede mit ihren Marken. In den meisten älteren Stätten des Waffenhandwerkes besaſs die arbeitende Körperschaft eine feste Organisation im Sinne des Zunftwesens. Die ältesten derartigen Ordnungen schreiben sich be- reits vom Beginne des 13. Jahrhunderts her, ihr Ursprung reicht aber ohne Zweifel noch viel weiter in das Mittelalter zurück. Das Vor- bild zu einem solchen strammen Zusammenschluſs der Angehörigen desselben Gewerbes finden wir ebenso in Byzanz wie unter den sara- zenischen Handwerkern in Sizilien und unter den maurischen in Spanien. Die groſsen Erfolge der orientalischen Werkstätten forderte gebieterisch zu einer Nachahmung ihrer allgemeinen Organisation auf. Die Gesetze, die diese Verbindungen sich auferlegten, betreffen vor allem die Disziplin der Genossen, sodann die strenge Aufsicht über das Erzeugnis ihrer Hände. In dieser Hinsicht wurde jedes in der Genossenschaft gefertigte Stück von gewählten erfahrenen Meistern, die „Beschaumeister“, geprüft und nach entsprechendem Befunde mit einem vereinbarten Zeichen, „Beschauzeichen“, versehen, das bei Eisenwaren im Mittelalter eingraviert und in Gold oder Messing tauschiert, später „in das Gesenk“ geschlagen wurde. Mit den Formen dieser Marken haben sich die Forscher noch zu wenig beschäftigt; doch sind wir in der Lage, eine Anzahl der wichtigsten in dem nachfolgenden Verzeichnisse zu bringen, bemerken jedoch, daſs im Laufe der Zeit zwar die allgemeinen Formen, nicht aber die Detail- formen sich gleich blieben, daſs somit auf Grund dieser Abweichungen ganz gut auf das Alter des Gegenstandes geschlossen werden kann. Wir können begreiflicherweise auf derlei Subtilitäten hier nicht näher eingehen und müssen sie der Beobachtung des einzelnen über- lassen. Der Gebrauch, dem handwerklichen Erzeugnisse den Namen oder ein diesen vertretendes Zeichen des Verfertigers beizufügen, ist dem Boeheim, Waffenkunde. 41

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/659
Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 641. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/659>, abgerufen am 21.11.2024.