[Bodmer, Johann Jacob]: Sammlung Critischer, Poetischer, und andrer geistvollen Schriften. Bd. 1. Zürich, 1741.Auszüge aus Hr. Breitingers fenbarung überhaupt, und ein geoffenbartesGeheimniß insbesondre, möglich sind, auch wis- sen und glauben unterschieden bleiben, so ist klar daß der Saz des Ungenannten, die Ein- sicht der Wahrheit, verstehe nemlich in dem angeführten Sinn, ist die einige Regel nach der die Religion zu beurttheilen ist, falsch sey. IX. Der Glaube kommt mit der menschlichen Na- lichkeit (*) Dazu würde erfordert daß einer aus dem We-
sen und der Natur Gottes bestimmete, wie bey der Beschaf- fenheit und Einrichtung der ganzen Welt nur dieses die einige Weise zu handeln wäre, welche Gott geziemen könn- te; daß er nemlich eine Offenbarung geben, und daß die- selbige just über die oder diese Puncten gehen würde. Denn so würde sie erst aus ihren unmittelbaren Gründen dargethan: Wer hat aber dißfalls des Herrn Gemüth er- kennt? etc. Es deucht uns deßwegen daß die Deutsche Autoren, welche sich in Disputationen u. ganzen Tractaten mit dergleichen Erweie Mühe machen, selbige wohl ersparen könnten. Das nur jüngst in den gelehrten Zeitungen von Leipzig dem Hrn. Martin Knuzen, (welcher der Aufschrift seines Buchs nach neulich auch die Nothwendigkeit einer geoffenbarten Religion nach mathematischer Lehrart aus ohngezweifelten Gründen dargethan) freygebig mitgetheil- te Lob wird wenigstens nicht auf diesen absonderlichen Puncten zu ziehen seyn. Wer sich über diese Materie die Mühe Auszuͤge aus Hr. Breitingers fenbarung uͤberhaupt, und ein geoffenbartesGeheimniß insbeſondre, moͤglich ſind, auch wiſ- ſen und glauben unterſchieden bleiben, ſo iſt klar daß der Saz des Ungenannten, die Ein- ſicht der Wahrheit, verſtehe nemlich in dem angefuͤhrten Sinn, iſt die einige Regel nach der die Religion zu beurttheilen iſt, falſch ſey. IX. Der Glaube kommt mit der menſchlichen Na- lichkeit (*) Dazu wuͤrde erfordert daß einer aus dem We-
ſen und der Natur Gottes beſtimmete, wie bey der Beſchaf- fenheit und Einrichtung der ganzen Welt nur dieſes die einige Weiſe zu handeln waͤre, welche Gott geziemen koͤnn- te; daß er nemlich eine Offenbarung geben, und daß die- ſelbige juſt uͤber die oder dieſe Puncten gehen wuͤrde. Denn ſo wuͤrde ſie erſt aus ihren unmittelbaren Gruͤnden dargethan: Wer hat aber dißfalls des Herrn Gemuͤth er- kennt? ꝛc. Es deucht uns deßwegen daß die Deutſche Autoren, welche ſich in Diſputationen u. ganzen Tractaten mit dergleichen Erweie Muͤhe machen, ſelbige wohl erſparen koͤnnten. Das nur juͤngſt in den gelehrten Zeitungen von Leipzig dem Hrn. Martin Knuzen, (welcher der Aufſchrift ſeines Buchs nach neulich auch die Nothwendigkeit einer geoffenbarten Religion nach mathematiſcher Lehrart aus ohngezweifelten Gruͤnden dargethan) freygebig mitgetheil- te Lob wird wenigſtens nicht auf dieſen abſonderlichen Puncten zu ziehen ſeyn. Wer ſich uͤber dieſe Materie die Muͤhe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0166" n="150"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Auszuͤge aus Hr. Breitingers</hi></fw><lb/> fenbarung uͤberhaupt, und ein geoffenbartes<lb/> Geheimniß insbeſondre, moͤglich ſind, auch <hi rendition="#fr">wiſ-<lb/> ſen</hi> und <hi rendition="#fr">glauben</hi> unterſchieden bleiben, ſo iſt<lb/> klar daß der Saz des Ungenannten, <hi rendition="#fr">die Ein-<lb/> ſicht der Wahrheit,</hi> verſtehe nemlich in dem<lb/> angefuͤhrten Sinn, <hi rendition="#fr">iſt die einige Regel nach<lb/> der die Religion zu beurttheilen iſt,</hi> falſch ſey.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">IX.</hi> </head><lb/> <p>Der Glaube kommt mit der menſchlichen Na-<lb/> tur gar wol uͤberein: Deſſelben thaͤtliche Er-<lb/> weiſung aber, in Religionsſachen, hat nicht<lb/> Plaz bis man weiß, daß eine Offenbarung<lb/> von Gott herkommt. Daß aber Gott diesfalls<lb/> etwas, und was er offenbaren wollen, erkennen<lb/> wir <hi rendition="#aq">a priori</hi> <note xml:id="seg2pn_17_1" next="#seg2pn_17_2" place="foot" n="(*)">Dazu wuͤrde erfordert daß einer aus dem We-<lb/> ſen und der Natur Gottes beſtimmete, wie bey der Beſchaf-<lb/> fenheit und Einrichtung der ganzen Welt nur dieſes die<lb/> einige Weiſe zu handeln waͤre, welche Gott geziemen koͤnn-<lb/> te; daß er nemlich eine Offenbarung geben, und daß die-<lb/> ſelbige juſt uͤber die oder dieſe Puncten gehen wuͤrde.<lb/> Denn ſo wuͤrde ſie erſt aus ihren unmittelbaren Gruͤnden<lb/> dargethan: Wer hat aber dißfalls des Herrn Gemuͤth er-<lb/> kennt? ꝛc. Es deucht uns deßwegen daß die Deutſche<lb/> Autoren, welche ſich in Diſputationen u. ganzen Tractaten<lb/> mit dergleichen Erweie Muͤhe machen, ſelbige wohl erſparen<lb/> koͤnnten. Das nur juͤngſt in den gelehrten Zeitungen von<lb/> Leipzig dem Hrn. Martin Knuzen, (welcher der Aufſchrift<lb/> ſeines Buchs nach neulich auch die Nothwendigkeit einer<lb/> geoffenbarten Religion nach mathematiſcher Lehrart aus<lb/> ohngezweifelten Gruͤnden dargethan) freygebig mitgetheil-<lb/> te Lob wird wenigſtens nicht auf dieſen abſonderlichen<lb/> Puncten zu ziehen ſeyn. Wer ſich uͤber dieſe Materie die<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Muͤhe</fw></note> nicht: Man muß die Goͤtt-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">lichkeit</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [150/0166]
Auszuͤge aus Hr. Breitingers
fenbarung uͤberhaupt, und ein geoffenbartes
Geheimniß insbeſondre, moͤglich ſind, auch wiſ-
ſen und glauben unterſchieden bleiben, ſo iſt
klar daß der Saz des Ungenannten, die Ein-
ſicht der Wahrheit, verſtehe nemlich in dem
angefuͤhrten Sinn, iſt die einige Regel nach
der die Religion zu beurttheilen iſt, falſch ſey.
IX.
Der Glaube kommt mit der menſchlichen Na-
tur gar wol uͤberein: Deſſelben thaͤtliche Er-
weiſung aber, in Religionsſachen, hat nicht
Plaz bis man weiß, daß eine Offenbarung
von Gott herkommt. Daß aber Gott diesfalls
etwas, und was er offenbaren wollen, erkennen
wir a priori (*) nicht: Man muß die Goͤtt-
lichkeit
(*) Dazu wuͤrde erfordert daß einer aus dem We-
ſen und der Natur Gottes beſtimmete, wie bey der Beſchaf-
fenheit und Einrichtung der ganzen Welt nur dieſes die
einige Weiſe zu handeln waͤre, welche Gott geziemen koͤnn-
te; daß er nemlich eine Offenbarung geben, und daß die-
ſelbige juſt uͤber die oder dieſe Puncten gehen wuͤrde.
Denn ſo wuͤrde ſie erſt aus ihren unmittelbaren Gruͤnden
dargethan: Wer hat aber dißfalls des Herrn Gemuͤth er-
kennt? ꝛc. Es deucht uns deßwegen daß die Deutſche
Autoren, welche ſich in Diſputationen u. ganzen Tractaten
mit dergleichen Erweie Muͤhe machen, ſelbige wohl erſparen
koͤnnten. Das nur juͤngſt in den gelehrten Zeitungen von
Leipzig dem Hrn. Martin Knuzen, (welcher der Aufſchrift
ſeines Buchs nach neulich auch die Nothwendigkeit einer
geoffenbarten Religion nach mathematiſcher Lehrart aus
ohngezweifelten Gruͤnden dargethan) freygebig mitgetheil-
te Lob wird wenigſtens nicht auf dieſen abſonderlichen
Puncten zu ziehen ſeyn. Wer ſich uͤber dieſe Materie die
Muͤhe
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |