Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868.Einleitung. welche die Nationen ebenfalls verbinden. Nicht einmal mehr die Mehrzahlder Reisenden sind Kaufleute. Die verschiedensten Ursachen bestimmen die Privaten, vorübergehend fremde Länder zu besuchen, oder sich auf längere Zeit auswärts niederzulassen, Interessen der Bildung, der Wissenschaft, der Kunst, der Landwirthschaft, des Vergnügens, der Verwandtschaft u. s. f. Auch diese Masse von Nichtkaufleuten tritt in den Rechtsverkehr mit den Ausländern und bedarf gelegentlich der Förderung und des Schutzes in der Fremde. Die Consuln sind berufen, auch diesen Classen nöthigenfalls beizustehen. Indem so der Geschäftskreis der Consuln erweitert und ihre Ge- Fremdenrecht. Keine Isolirung der Staten. Die friedlichen Siege des neueren Völkerrechts haben voraus die Einleitung. welche die Nationen ebenfalls verbinden. Nicht einmal mehr die Mehrzahlder Reiſenden ſind Kaufleute. Die verſchiedenſten Urſachen beſtimmen die Privaten, vorübergehend fremde Länder zu beſuchen, oder ſich auf längere Zeit auswärts niederzulaſſen, Intereſſen der Bildung, der Wiſſenſchaft, der Kunſt, der Landwirthſchaft, des Vergnügens, der Verwandtſchaft u. ſ. f. Auch dieſe Maſſe von Nichtkaufleuten tritt in den Rechtsverkehr mit den Ausländern und bedarf gelegentlich der Förderung und des Schutzes in der Fremde. Die Conſuln ſind berufen, auch dieſen Claſſen nöthigenfalls beizuſtehen. Indem ſo der Geſchäftskreis der Conſuln erweitert und ihre Ge- Fremdenrecht. Keine Iſolirung der Staten. Die friedlichen Siege des neueren Völkerrechts haben voraus die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0045" n="23"/><fw place="top" type="header">Einleitung.</fw><lb/> welche die Nationen ebenfalls verbinden. Nicht einmal mehr die Mehrzahl<lb/> der Reiſenden ſind Kaufleute. Die verſchiedenſten Urſachen beſtimmen die<lb/> Privaten, vorübergehend fremde Länder zu beſuchen, oder ſich auf längere<lb/> Zeit auswärts niederzulaſſen, Intereſſen der Bildung, der Wiſſenſchaft, der<lb/> Kunſt, der Landwirthſchaft, des Vergnügens, der Verwandtſchaft u. ſ. f.<lb/> Auch dieſe Maſſe von Nichtkaufleuten tritt in den Rechtsverkehr mit den<lb/> Ausländern und bedarf gelegentlich der Förderung und des Schutzes in<lb/> der Fremde. Die Conſuln ſind berufen, auch dieſen Claſſen nöthigenfalls<lb/> beizuſtehen.</p><lb/> <p>Indem ſo der Geſchäftskreis der Conſuln erweitert und ihre Ge-<lb/> ſchäftslaſt vergrößert ward, genügten nicht überall mehr die alten Handels-<lb/> conſuln, welche nur nebenher das Conſulat verwalteten. Man konnte dem<lb/> Kaufmann nicht zumuthen, daß er neben ſeinem eigenen Handel die man-<lb/> nigfaltiger, ſchwieriger und zahlreicher gewordenen Geſchäfte des Conſulats<lb/> unentgeltlich als Ehrenpflicht beſorge, und man ward genöthigt, an den<lb/> begangenſten Plätzen und in den Hauptſtädten, wo man keine Geſandt-<lb/> ſchaften unterhielt, für beſoldete Generalconſuln zu ſorgen, welche dann<lb/> das Conſulat als Hauptberuf verwalteten. Das ſo im Wachsthum begrif-<lb/> fene Conſulat iſt augenſcheinlich noch der Hebung und Steigerung fähig<lb/> und ganz geeignet, die friedlichen und freundlichen Beziehungen der Na-<lb/> tionen unter einander und mit den Staten vielfältig zu ſichern und zu<lb/> fördern. Um den erſten Ring der Geſandtſchaften wird ſo ein zweites wei-<lb/> teres Band geſchlungen, welches die Gemeinſchaft der Welt pflegt.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Fremdenrecht.</hi> </head><lb/> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Keine Iſolirung der Staten</hi>.</head><lb/> <p>Die friedlichen Siege des neueren Völkerrechts haben voraus die<lb/> Zuſtände der <hi rendition="#g">Fremden</hi> ſehr verbeſſert. Die antiken Völker waren noch<lb/> wie die Barbaren geneigt, die Fremden wie Feinde zu betrachten und für<lb/> rechtlos zu halten, wenn ſie nicht von dem Schutz eines einheimiſchen<lb/> Gaſtfreundes oder von der Schirmhoheit eines mächtigen Patrons gedeckt<lb/> waren. Die Verbannung in die Fremde, das Exil, galt daher als Verſtoßung<lb/> ins Elend. Auch das Mittelalter behandelte die Fremden noch mit offenbarer<lb/> Ungunſt. Die Fremden waren genöthigt, einen unſicheren Rechtsſchutz der<lb/> Landesherren und der Gemeinden mit ſchwerem Gelde zu bezahlen; wollten<lb/> ſie ihr Vermögen wieder aus dem Lande wegziehen, ſo mußten ſie auch<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [23/0045]
Einleitung.
welche die Nationen ebenfalls verbinden. Nicht einmal mehr die Mehrzahl
der Reiſenden ſind Kaufleute. Die verſchiedenſten Urſachen beſtimmen die
Privaten, vorübergehend fremde Länder zu beſuchen, oder ſich auf längere
Zeit auswärts niederzulaſſen, Intereſſen der Bildung, der Wiſſenſchaft, der
Kunſt, der Landwirthſchaft, des Vergnügens, der Verwandtſchaft u. ſ. f.
Auch dieſe Maſſe von Nichtkaufleuten tritt in den Rechtsverkehr mit den
Ausländern und bedarf gelegentlich der Förderung und des Schutzes in
der Fremde. Die Conſuln ſind berufen, auch dieſen Claſſen nöthigenfalls
beizuſtehen.
Indem ſo der Geſchäftskreis der Conſuln erweitert und ihre Ge-
ſchäftslaſt vergrößert ward, genügten nicht überall mehr die alten Handels-
conſuln, welche nur nebenher das Conſulat verwalteten. Man konnte dem
Kaufmann nicht zumuthen, daß er neben ſeinem eigenen Handel die man-
nigfaltiger, ſchwieriger und zahlreicher gewordenen Geſchäfte des Conſulats
unentgeltlich als Ehrenpflicht beſorge, und man ward genöthigt, an den
begangenſten Plätzen und in den Hauptſtädten, wo man keine Geſandt-
ſchaften unterhielt, für beſoldete Generalconſuln zu ſorgen, welche dann
das Conſulat als Hauptberuf verwalteten. Das ſo im Wachsthum begrif-
fene Conſulat iſt augenſcheinlich noch der Hebung und Steigerung fähig
und ganz geeignet, die friedlichen und freundlichen Beziehungen der Na-
tionen unter einander und mit den Staten vielfältig zu ſichern und zu
fördern. Um den erſten Ring der Geſandtſchaften wird ſo ein zweites wei-
teres Band geſchlungen, welches die Gemeinſchaft der Welt pflegt.
Fremdenrecht.
Keine Iſolirung der Staten.
Die friedlichen Siege des neueren Völkerrechts haben voraus die
Zuſtände der Fremden ſehr verbeſſert. Die antiken Völker waren noch
wie die Barbaren geneigt, die Fremden wie Feinde zu betrachten und für
rechtlos zu halten, wenn ſie nicht von dem Schutz eines einheimiſchen
Gaſtfreundes oder von der Schirmhoheit eines mächtigen Patrons gedeckt
waren. Die Verbannung in die Fremde, das Exil, galt daher als Verſtoßung
ins Elend. Auch das Mittelalter behandelte die Fremden noch mit offenbarer
Ungunſt. Die Fremden waren genöthigt, einen unſicheren Rechtsſchutz der
Landesherren und der Gemeinden mit ſchwerem Gelde zu bezahlen; wollten
ſie ihr Vermögen wieder aus dem Lande wegziehen, ſo mußten ſie auch
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