Die Statshoheit im Verhältniß zum Land. Gebietshoheit.
ternen, die Benutzung der Hafenanstalten, aber auch die Verordnungen der Sanitätspolicei zur Abwehr von ansteckenden Krankheiten, je nach Umstän- den die Nöthigung zu den Contumazanstalten.
Der zweite Satz schützt das allgemeine Recht des Weltverkehrs gegen den Mißbrauch der Policeigewalt zum Ausschluß einzelner Nationen.
324.
Zunächst ist es das Recht eines jeden States, die Bedingungen fest- zusetzen, unter denen er die Angehörigkeit (Nationalität) seiner Schiffe an- erkennt, dieselben ermächtigt, seine Flagge zu führen und sie unter seinen Schutz nimmt.
Wie es offenbar die Sache des Statsrechts ist, die Bedingungen festzu- setzen, unter denen ein Stat einzelne Personen und Familien in seine Statsgenossen- schaft aufnimmt, so fällt ebenso in den Bereich des Statsrechts auch die Festsetzung der Bedingungen, unter denen ein Stat die Schiffe als statsgenössig anerkennt. Die Flagge ist das Symbol und Kennzeichen dieser Angehörigkeit zu einem bestimmten State. Indessen so einleuchtend jener Rechtssatz ist, so wird er doch noch nicht vollständig anerkannt.
Auch die Wahl der Flagge ist zunächst Sache des betreffenden Stats und nur insofern völkerrechtlich beschränkt, als nicht eine bereits vorhandene Flagge gewählt werden darf. Die Flagge soll die verschiedenen Nationen darstellen und unterscheiden. Vgl. oben § 82.
325.
Auch den Binnenstaten, nicht bloß den Küstenstaten steht das Recht zu, nationale Schiffe zu haben und eine nationale Flagge zu führen. Dagegen wird das Recht der freien Schiffahrt und der nationalen Flagge nur denjenigen Völkern zugestanden, welche ihrerseits die völkerrechtlichen Pflichten anerkennen.
Wie alle Nationen an dem Welthandel Theil haben, so haben auch alle an der freien Weltschiffahrt Theil. Es besteht kein Rechtsgrund, um irgend eine Nation zu nöthigen, sich für ihren Handel fremder Schiffe zu bedienen, statt eigene dazu zu verwenden. Wenn in neuester Zeit in der Schweiz der Vorschlag einer natio- nalen Flagge gemacht wurde, so können keinenfalls Rechtsgründe der Annahme die- ses Vorschlags im Wege stehen. Nur die Zweckmäßigkeit einer derartigen Neuerung kann in Frage kommen, und je nach politischen Erwägungen kann sie verschieden beurtheilt werden.
Dagegen wird den Schiffen barbarischer Stämme, welche die Sicherheit
Die Statshoheit im Verhältniß zum Land. Gebietshoheit.
ternen, die Benutzung der Hafenanſtalten, aber auch die Verordnungen der Sanitätspolicei zur Abwehr von anſteckenden Krankheiten, je nach Umſtän- den die Nöthigung zu den Contumazanſtalten.
Der zweite Satz ſchützt das allgemeine Recht des Weltverkehrs gegen den Mißbrauch der Policeigewalt zum Ausſchluß einzelner Nationen.
324.
Zunächſt iſt es das Recht eines jeden States, die Bedingungen feſt- zuſetzen, unter denen er die Angehörigkeit (Nationalität) ſeiner Schiffe an- erkennt, dieſelben ermächtigt, ſeine Flagge zu führen und ſie unter ſeinen Schutz nimmt.
Wie es offenbar die Sache des Statsrechts iſt, die Bedingungen feſtzu- ſetzen, unter denen ein Stat einzelne Perſonen und Familien in ſeine Statsgenoſſen- ſchaft aufnimmt, ſo fällt ebenſo in den Bereich des Statsrechts auch die Feſtſetzung der Bedingungen, unter denen ein Stat die Schiffe als ſtatsgenöſſig anerkennt. Die Flagge iſt das Symbol und Kennzeichen dieſer Angehörigkeit zu einem beſtimmten State. Indeſſen ſo einleuchtend jener Rechtsſatz iſt, ſo wird er doch noch nicht vollſtändig anerkannt.
Auch die Wahl der Flagge iſt zunächſt Sache des betreffenden Stats und nur inſofern völkerrechtlich beſchränkt, als nicht eine bereits vorhandene Flagge gewählt werden darf. Die Flagge ſoll die verſchiedenen Nationen darſtellen und unterſcheiden. Vgl. oben § 82.
325.
Auch den Binnenſtaten, nicht bloß den Küſtenſtaten ſteht das Recht zu, nationale Schiffe zu haben und eine nationale Flagge zu führen. Dagegen wird das Recht der freien Schiffahrt und der nationalen Flagge nur denjenigen Völkern zugeſtanden, welche ihrerſeits die völkerrechtlichen Pflichten anerkennen.
Wie alle Nationen an dem Welthandel Theil haben, ſo haben auch alle an der freien Weltſchiffahrt Theil. Es beſteht kein Rechtsgrund, um irgend eine Nation zu nöthigen, ſich für ihren Handel fremder Schiffe zu bedienen, ſtatt eigene dazu zu verwenden. Wenn in neueſter Zeit in der Schweiz der Vorſchlag einer natio- nalen Flagge gemacht wurde, ſo können keinenfalls Rechtsgründe der Annahme die- ſes Vorſchlags im Wege ſtehen. Nur die Zweckmäßigkeit einer derartigen Neuerung kann in Frage kommen, und je nach politiſchen Erwägungen kann ſie verſchieden beurtheilt werden.
Dagegen wird den Schiffen barbariſcher Stämme, welche die Sicherheit
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[189/0211]
Die Statshoheit im Verhältniß zum Land. Gebietshoheit.
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der Sanitätspolicei zur Abwehr von anſteckenden Krankheiten, je nach Umſtän-
den die Nöthigung zu den Contumazanſtalten.
Der zweite Satz ſchützt das allgemeine Recht des Weltverkehrs gegen den
Mißbrauch der Policeigewalt zum Ausſchluß einzelner Nationen.
324.
Zunächſt iſt es das Recht eines jeden States, die Bedingungen feſt-
zuſetzen, unter denen er die Angehörigkeit (Nationalität) ſeiner Schiffe an-
erkennt, dieſelben ermächtigt, ſeine Flagge zu führen und ſie unter ſeinen
Schutz nimmt.
Wie es offenbar die Sache des Statsrechts iſt, die Bedingungen feſtzu-
ſetzen, unter denen ein Stat einzelne Perſonen und Familien in ſeine Statsgenoſſen-
ſchaft aufnimmt, ſo fällt ebenſo in den Bereich des Statsrechts auch die Feſtſetzung
der Bedingungen, unter denen ein Stat die Schiffe als ſtatsgenöſſig anerkennt.
Die Flagge iſt das Symbol und Kennzeichen dieſer Angehörigkeit zu
einem beſtimmten State. Indeſſen ſo einleuchtend jener Rechtsſatz iſt, ſo wird er
doch noch nicht vollſtändig anerkannt.
Auch die Wahl der Flagge iſt zunächſt Sache des betreffenden Stats
und nur inſofern völkerrechtlich beſchränkt, als nicht eine bereits vorhandene Flagge
gewählt werden darf. Die Flagge ſoll die verſchiedenen Nationen darſtellen und
unterſcheiden. Vgl. oben § 82.
325.
Auch den Binnenſtaten, nicht bloß den Küſtenſtaten ſteht das Recht
zu, nationale Schiffe zu haben und eine nationale Flagge zu führen.
Dagegen wird das Recht der freien Schiffahrt und der nationalen Flagge
nur denjenigen Völkern zugeſtanden, welche ihrerſeits die völkerrechtlichen
Pflichten anerkennen.
Wie alle Nationen an dem Welthandel Theil haben, ſo haben auch alle
an der freien Weltſchiffahrt Theil. Es beſteht kein Rechtsgrund, um irgend eine
Nation zu nöthigen, ſich für ihren Handel fremder Schiffe zu bedienen, ſtatt eigene
dazu zu verwenden. Wenn in neueſter Zeit in der Schweiz der Vorſchlag einer natio-
nalen Flagge gemacht wurde, ſo können keinenfalls Rechtsgründe der Annahme die-
ſes Vorſchlags im Wege ſtehen. Nur die Zweckmäßigkeit einer derartigen Neuerung
kann in Frage kommen, und je nach politiſchen Erwägungen kann ſie verſchieden
beurtheilt werden.
Dagegen wird den Schiffen barbariſcher Stämme, welche die Sicherheit
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Bluntschli, Johann Caspar: Das moderne Völkerrecht der civilisirten Staten. Nördlingen, 1868, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bluntschli_voelkerrecht_1868/211>, abgerufen am 22.02.2025.
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