auch wissen wir aus verschiedenen Beobachtungen, daß man in dem Mutterkuchen einen ächten Milch- saft angetroffen hat a).
a) Daher die Meinung einiger Physiologen, daß das Kind vielmehr durch den Milchsaft als das Blut der Mutter ernährt werde. Abr. Brill obs. de humore lacteo in placenta humana. Gröning. 1768. 8.
§. 582.
Daß aber bey den Fortschritten der Schwan- gerschaft, indem das Kind und die Nachgeburt so stark heranwachsen, auch die Gebährmutter selbst beträchtliche Veränderungen leiden müsse, ist leicht zu begreifen. Sie bekömmt einen grö- ßern Umfang, verändert sowohl ihre Lage als Gestalt, vorzüglich aber ihre Substanz, welche durch den beständigen und häufigen Zufluß der Säfte, sowohl in Beziehung auf ihre Blutgefäße, als auf ihr eigenes Parenchyma, verändert wird.
Die vorhin schlängelnden und engen Blut- gefäße werden, so wie der Umfang der Gebähr- mutter zunimmt, allmälig gerader a), und wei- ter, vorzüglich aber erweitern sich die Venen b) so sehr, daß sie von einigen Anatomikern für Blutbehälter angesehen worden.
Ihr Parenchyma dehnt sich aus, und wird lockerer c), besonders an derjenigen Seite, wel- che gegen das Ey gekehrt ist; doch so, daß die schwangere Gebährmutter nicht dünner wird, son- dern vorzüglich im Grunde dick bleibt, in leben- den, gesunden Frauen von Blute strotzt, und mit Lebenskraft begabt ist; demohnerachtet ist ihre
auch wissen wir aus verschiedenen Beobachtungen, daß man in dem Mutterkuchen einen ächten Milch- saft angetroffen hat a).
a) Daher die Meinung einiger Physiologen, daß das Kind vielmehr durch den Milchsaft als das Blut der Mutter ernährt werde. Abr. Brill obs. de humore lacteo in placenta humana. Gröning. 1768. 8.
§. 582.
Daß aber bey den Fortschritten der Schwan- gerschaft, indem das Kind und die Nachgeburt so stark heranwachsen, auch die Gebährmutter selbst beträchtliche Veränderungen leiden müsse, ist leicht zu begreifen. Sie bekömmt einen grö- ßern Umfang, verändert sowohl ihre Lage als Gestalt, vorzüglich aber ihre Substanz, welche durch den beständigen und häufigen Zufluß der Säfte, sowohl in Beziehung auf ihre Blutgefäße, als auf ihr eigenes Parenchyma, verändert wird.
Die vorhin schlängelnden und engen Blut- gefäße werden, so wie der Umfang der Gebähr- mutter zunimmt, allmälig gerader a), und wei- ter, vorzüglich aber erweitern sich die Venen b) so sehr, daß sie von einigen Anatomikern für Blutbehälter angesehen worden.
Ihr Parenchyma dehnt sich aus, und wird lockerer c), besonders an derjenigen Seite, wel- che gegen das Ey gekehrt ist; doch so, daß die schwangere Gebährmutter nicht dünner wird, son- dern vorzüglich im Grunde dick bleibt, in leben- den, gesunden Frauen von Blute strotzt, und mit Lebenskraft begabt ist; demohnerachtet ist ihre
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[352/0370]
auch wissen wir aus verschiedenen Beobachtungen,
daß man in dem Mutterkuchen einen ächten Milch-
saft angetroffen hat a).
a) Daher die Meinung einiger Physiologen, daß
das Kind vielmehr durch den Milchsaft als das
Blut der Mutter ernährt werde. Abr. Brill
obs. de humore lacteo in placenta humana.
Gröning. 1768. 8.
§. 582.
Daß aber bey den Fortschritten der Schwan-
gerschaft, indem das Kind und die Nachgeburt
so stark heranwachsen, auch die Gebährmutter
selbst beträchtliche Veränderungen leiden müsse,
ist leicht zu begreifen. Sie bekömmt einen grö-
ßern Umfang, verändert sowohl ihre Lage als
Gestalt, vorzüglich aber ihre Substanz, welche
durch den beständigen und häufigen Zufluß der
Säfte, sowohl in Beziehung auf ihre Blutgefäße,
als auf ihr eigenes Parenchyma, verändert wird.
Die vorhin schlängelnden und engen Blut-
gefäße werden, so wie der Umfang der Gebähr-
mutter zunimmt, allmälig gerader a), und wei-
ter, vorzüglich aber erweitern sich die Venen b)
so sehr, daß sie von einigen Anatomikern für
Blutbehälter angesehen worden.
Ihr Parenchyma dehnt sich aus, und wird
lockerer c), besonders an derjenigen Seite, wel-
che gegen das Ey gekehrt ist; doch so, daß die
schwangere Gebährmutter nicht dünner wird, son-
dern vorzüglich im Grunde dick bleibt, in leben-
den, gesunden Frauen von Blute strotzt, und mit
Lebenskraft begabt ist; demohnerachtet ist ihre
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Blumenbach, Johann Friedrich: Anfangsgründe der Physiologie. (Übers. Joseph Eyerel). Wien, 1789, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_physiologie_1789/370>, abgerufen am 21.11.2024.
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