Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 11. Aufl. Göttingen, 1825.

Bild:
<< vorherige Seite

statt zu verwesen, seine Bildung mehr oder minder
vollkommen erhalten, und mehrentheils noch über-
dem mit fremden steinartigen oder metallischen Stof-
fen, oder aber mit Erdharzen durchzogen worden.

Anm. Also muß eine Menge Zeugs streng davon
abgesondert werden, was weiland damit vermengt ward.
Vor allen die bloßen so genannten Naturspiele, lusus
naturae
, an denen sich ehedem die Einbildungskraft übte
und die Unwissenheit und der Aberglaube sich weideten.
der leibhafte Dr. Luther im mansfelder Kupferschiefer den
Val. Alberti 1675 beschrieben; des alten Dr. Nic.
Lange zu Luzern lapicidina sacra u. dergl. m. Ferner
offenbare Artefacten, wie z. B. die badner Würfelchen;
oder vollends absichtliche Betrügereyen, wie die so ge-
nannten würzburger Versteinerungen, womit einst der ehr-
liche Beringer angeführt worden, s. Dess. lithographia
Wirceburgensis
1726. Fol. zumahl S. 5.

§. 263.

Nach der verschieden Weise dieser Conservation,
pflegt man folgende viererley Arten zu unterscheiden.
Die Versteinerungen finden sich nähmlich:

1) Bloß calcinirt, wenn Knochen, Conchy-
lien etc. ihren thierischen Leim und mit demselben ei-
nen großen Theil ihrer sonstigen Festigkeit verloren
haben*), da sie statt derselben nur höchstens mit
Kalksinter, Mergeltuff u. dergl. durchzogen worden;
mithin gemeiniglich mürbe und leicht sind. Sie

*) Ja zuweilen finden sich sogar noch weiche Theile meist
unverändert an thierischen Stücken erhalten, die dessen ungeach-
tet wegen ihrer Lage, worein sie durch große Erdrevolutio-
nen
der Vorzeit gerathen sind, ohne Widerrede zu den Verstei-
nerungen im weitläuftigen Sinne gezählt werden müssen. So
zu einem Beyspiele statt vieler das 1806 am Ausfluß der Lena
ins Eismeer noch mit Haut und Haar ausgegrabene Mammut
der alten Welt (Elephas primigenius), dessen ausgestopftes Fell
so wie sein Skelet im Museum der Akad. der Wissensc. zu St.
Petersburg aufgestellt ist.

statt zu verwesen, seine Bildung mehr oder minder
vollkommen erhalten, und mehrentheils noch über-
dem mit fremden steinartigen oder metallischen Stof-
fen, oder aber mit Erdharzen durchzogen worden.

Anm. Also muß eine Menge Zeugs streng davon
abgesondert werden, was weiland damit vermengt ward.
Vor allen die bloßen so genannten Naturspiele, lusus
naturae
, an denen sich ehedem die Einbildungskraft übte
und die Unwissenheit und der Aberglaube sich weideten.
der leibhafte Dr. Luther im mansfelder Kupferschiefer den
Val. Alberti 1675 beschrieben; des alten Dr. Nic.
Lange zu Luzern lapicidina sacra u. dergl. m. Ferner
offenbare Artefacten, wie z. B. die badner Würfelchen;
oder vollends absichtliche Betrügereyen, wie die so ge-
nannten würzburger Versteinerungen, womit einst der ehr-
liche Beringer angeführt worden, s. Dess. lithographia
Wirceburgensis
1726. Fol. zumahl S. 5.

§. 263.

Nach der verschieden Weise dieser Conservation,
pflegt man folgende viererley Arten zu unterscheiden.
Die Versteinerungen finden sich nähmlich:

1) Bloß calcinirt, wenn Knochen, Conchy-
lien ꝛc. ihren thierischen Leim und mit demselben ei-
nen großen Theil ihrer sonstigen Festigkeit verloren
haben*), da sie statt derselben nur höchstens mit
Kalksinter, Mergeltuff u. dergl. durchzogen worden;
mithin gemeiniglich mürbe und leicht sind. Sie

*) Ja zuweilen finden sich sogar noch weiche Theile meist
unverändert an thierischen Stücken erhalten, die dessen ungeach-
tet wegen ihrer Lage, worein sie durch große Erdrevolutio-
nen
der Vorzeit gerathen sind, ohne Widerrede zu den Verstei-
nerungen im weitläuftigen Sinne gezählt werden müssen. So
zu einem Beyspiele statt vieler das 1806 am Ausfluß der Lena
ins Eismeer noch mit Haut und Haar ausgegrabene Mammut
der alten Welt (Elephas primigenius), dessen ausgestopftes Fell
so wie sein Skelet im Museum der Akad. der Wissensc. zu St.
Petersburg aufgestellt ist.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0634" xml:id="pb612_0001" n="612"/>
statt zu verwesen, seine Bildung mehr oder minder<lb/>
vollkommen erhalten, und mehrentheils noch über-<lb/>
dem mit fremden steinartigen oder metallischen Stof-<lb/>
fen, oder aber mit Erdharzen durchzogen worden.</p>
          <p rendition="#small"><hi rendition="#g">Anm</hi>. Also muß eine Menge Zeugs streng davon<lb/>
abgesondert werden, was weiland damit vermengt ward.<lb/>
Vor allen die bloßen so genannten <hi rendition="#g">Naturspiele</hi>, <hi rendition="#aq">lusus<lb/>
naturae</hi>, an denen sich ehedem die Einbildungskraft übte<lb/>
und die Unwissenheit und der Aberglaube sich weideten.<lb/>
der leibhafte <hi rendition="#aq">Dr</hi>. Luther im mansfelder Kupferschiefer den<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Val. Alberti</hi></hi> 1675 beschrieben; des alten <hi rendition="#aq">Dr</hi>. Nic.<lb/>
Lange zu Luzern <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">lapicidina sacra</hi></hi> u. dergl. m. Ferner<lb/>
offenbare Artefacten, wie z. B. die badner Würfelchen;<lb/>
oder vollends absichtliche Betrügereyen, wie die so ge-<lb/>
nannten würzburger Versteinerungen, womit einst der ehr-<lb/>
liche Beringer angeführt worden, s. <hi rendition="#g">Dess</hi>. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">lithographia<lb/>
Wirceburgensis</hi></hi> 1726. <hi rendition="#aq">Fol</hi>. zumahl S. 5.</p>
        </div>
        <div n="2">
          <head rendition="#c">§. 263.</head><lb/>
          <p>Nach der verschieden Weise dieser Conservation,<lb/>
pflegt man folgende viererley Arten zu unterscheiden.<lb/>
Die Versteinerungen finden sich nähmlich:</p>
          <p>1) Bloß <hi rendition="#g">calcinirt</hi>, wenn Knochen, Conchy-<lb/>
lien &#xA75B;c. ihren thierischen Leim und mit demselben ei-<lb/>
nen großen Theil ihrer sonstigen Festigkeit verloren<lb/>
haben<note anchored="true" place="foot" n="*)"><p>Ja zuweilen finden sich sogar noch <hi rendition="#g">weiche</hi> Theile meist<lb/>
unverändert an thierischen Stücken erhalten, die dessen ungeach-<lb/>
tet wegen ihrer Lage, worein sie durch <hi rendition="#g">große Erdrevolutio-<lb/>
nen</hi> der Vorzeit gerathen sind, ohne Widerrede zu den Verstei-<lb/>
nerungen im weitläuftigen Sinne gezählt werden müssen. So<lb/>
zu einem Beyspiele statt vieler das 1806 am Ausfluß der Lena<lb/>
ins Eismeer noch mit Haut und Haar ausgegrabene Mammut<lb/>
der alten Welt (<hi rendition="#aq">Elephas <hi rendition="#i">primigenius</hi></hi>), dessen ausgestopftes Fell<lb/>
so wie sein Skelet im Museum der Akad. der Wissensc. zu St.<lb/>
Petersburg aufgestellt ist.</p></note>, da sie statt derselben nur höchstens mit<lb/>
Kalksinter, Mergeltuff u. dergl. durchzogen worden;<lb/>
mithin gemeiniglich mürbe und leicht sind. Sie<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[612/0634] statt zu verwesen, seine Bildung mehr oder minder vollkommen erhalten, und mehrentheils noch über- dem mit fremden steinartigen oder metallischen Stof- fen, oder aber mit Erdharzen durchzogen worden. Anm. Also muß eine Menge Zeugs streng davon abgesondert werden, was weiland damit vermengt ward. Vor allen die bloßen so genannten Naturspiele, lusus naturae, an denen sich ehedem die Einbildungskraft übte und die Unwissenheit und der Aberglaube sich weideten. der leibhafte Dr. Luther im mansfelder Kupferschiefer den Val. Alberti 1675 beschrieben; des alten Dr. Nic. Lange zu Luzern lapicidina sacra u. dergl. m. Ferner offenbare Artefacten, wie z. B. die badner Würfelchen; oder vollends absichtliche Betrügereyen, wie die so ge- nannten würzburger Versteinerungen, womit einst der ehr- liche Beringer angeführt worden, s. Dess. lithographia Wirceburgensis 1726. Fol. zumahl S. 5. §. 263. Nach der verschieden Weise dieser Conservation, pflegt man folgende viererley Arten zu unterscheiden. Die Versteinerungen finden sich nähmlich: 1) Bloß calcinirt, wenn Knochen, Conchy- lien ꝛc. ihren thierischen Leim und mit demselben ei- nen großen Theil ihrer sonstigen Festigkeit verloren haben *), da sie statt derselben nur höchstens mit Kalksinter, Mergeltuff u. dergl. durchzogen worden; mithin gemeiniglich mürbe und leicht sind. Sie *) Ja zuweilen finden sich sogar noch weiche Theile meist unverändert an thierischen Stücken erhalten, die dessen ungeach- tet wegen ihrer Lage, worein sie durch große Erdrevolutio- nen der Vorzeit gerathen sind, ohne Widerrede zu den Verstei- nerungen im weitläuftigen Sinne gezählt werden müssen. So zu einem Beyspiele statt vieler das 1806 am Ausfluß der Lena ins Eismeer noch mit Haut und Haar ausgegrabene Mammut der alten Welt (Elephas primigenius), dessen ausgestopftes Fell so wie sein Skelet im Museum der Akad. der Wissensc. zu St. Petersburg aufgestellt ist.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1825/634
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 11. Aufl. Göttingen, 1825, S. 612. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1825/634>, abgerufen am 21.12.2024.