Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Wien, 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

bedürfen die fabelhaften Sagen von vermeinten Bastar-
den aus der Vermischung vom Rindvieh und Pferden
oder Eseln, und von Kaninchen und Hühnern, oder
vollends gar von Menschen und Vieh, jetzt hoffentlich
keiner weitern Widerlegung.

Anm. Eben in der gedachten notorischen Erfahrung,
daß im freyen Natur-Zustande jener Geschöpfe nur
die von einer und eben derselben Species sich mit ein-
ander gatten, liegt der natürliche Grund, warum
das Wort Species im Deutschen am allernatürlichsten
durch Gattung übersetzt wird (davon mit mehreren
in der Vorrede). -

§. 15.

Racen und Spielarten (varietates) sind
diejenigen Abweichungen von der ursprünglichen spe-
cifiken Gestaltung der einzelnen Gattungen organisir-
ter Körper, so diese durch die allmähliche Ausartung
oder Degeneration erlitten haben.

Race heißt aber im genauern Sinne ein sol-
cher durch Degeneration entstandener Charakter, der
durch die Fortpflanzung unausbleiblich und nothwen-
dig forterbt, wie z. B. wenn Weiße mit den Negern,
Mulatten, oder mit Amerikanischen Indianern Me-
stissen zeugen: welches hingegen bey den Spielar-
ten
keine nothwendige Folge ist; wie z. B. wenn
blauäugige Blonde mit braunäugigen Brünetten Kin-
der zeugen*).

Anm. Wenn sich gewisse Ausartungen seit unabsehlichen
Reihen von Generationen fortgepflanzt haben, so

*) Diesen Unterschied zwischen Racen und Spielarten hat zuerst
Kant genau bestimmt, im Deutschen Mercur 1788. I. B.
S. 48. S. hiervon ausführlich Girtanner über das Kanti-
sche Princip für die Naturgeschichte. Göttingen 1796. 8.

bedürfen die fabelhaften Sagen von vermeinten Bastar-
den aus der Vermischung vom Rindvieh und Pferden
oder Eseln, und von Kaninchen und Hühnern, oder
vollends gar von Menschen und Vieh, jetzt hoffentlich
keiner weitern Widerlegung.

Anm. Eben in der gedachten notorischen Erfahrung,
daß im freyen Natur-Zustande jener Geschöpfe nur
die von einer und eben derselben Species sich mit ein-
ander gatten, liegt der natürliche Grund, warum
das Wort Species im Deutschen am allernatürlichsten
durch Gattung übersetzt wird (davon mit mehreren
in der Vorrede). –

§. 15.

Racen und Spielarten (varietates) sind
diejenigen Abweichungen von der ursprünglichen spe-
cifiken Gestaltung der einzelnen Gattungen organisir-
ter Körper, so diese durch die allmähliche Ausartung
oder Degeneration erlitten haben.

Race heißt aber im genauern Sinne ein sol-
cher durch Degeneration entstandener Charakter, der
durch die Fortpflanzung unausbleiblich und nothwen-
dig forterbt, wie z. B. wenn Weiße mit den Negern,
Mulatten, oder mit Amerikanischen Indianern Me-
stissen zeugen: welches hingegen bey den Spielar-
ten
keine nothwendige Folge ist; wie z. B. wenn
blauäugige Blonde mit braunäugigen Brünetten Kin-
der zeugen*).

Anm. Wenn sich gewisse Ausartungen ſeit unabsehlichen
Reihen von Generationen fortgepflanzt haben, so

*) Diesen Unterschied zwischen Racen und Spielarten hat zuerst
Kant genau bestimmt, im Deutschen Mercur 1788. I. B.
S. 48. S. hiervon ausführlich Girtanner über das Kanti-
sche Princip für die Naturgeschichte. Göttingen 1796. 8.
<TEI xml:lang="de-DE">
  <text xml:id="blume_hbnatur_000041">
    <group>
      <text xml:id="blume_hbnatur_000041_1" n="1">
        <body>
          <div n="1">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0041" xml:id="pb022_01_0001" n="22"/>
bedürfen die fabelhaften Sagen von vermeinten Bastar-<lb/>
den aus der Vermischung vom Rindvieh und Pferden<lb/>
oder Eseln, und von Kaninchen und Hühnern, oder<lb/>
vollends gar von Menschen und Vieh, jetzt hoffentlich<lb/>
keiner weitern Widerlegung.</p>
              <p rendition="#indent-1 #small">Anm. Eben in der gedachten notorischen Erfahrung,<lb/>
daß im freyen Natur-Zustande jener Geschöpfe nur<lb/>
die von einer und eben derselben Species sich mit ein-<lb/>
ander gatten, liegt der natürliche Grund, warum<lb/>
das Wort <hi rendition="#aq">Species</hi> im Deutschen am allernatürlichsten<lb/>
durch <hi rendition="#g">Gattung</hi> übersetzt wird (davon mit mehreren<lb/>
in der Vorrede). &#x2013;</p>
            </div>
            <div n="2">
              <head rendition="#c">§. 15.</head><lb/>
              <p><hi rendition="#g">Racen</hi> und <hi rendition="#g">Spielarten</hi> (<hi rendition="#aq">varietates</hi>) sind<lb/>
diejenigen Abweichungen von der ursprünglichen spe-<lb/>
cifiken Gestaltung der einzelnen Gattungen organisir-<lb/>
ter Körper, so diese durch die allmähliche Ausartung<lb/>
oder Degeneration erlitten haben.</p>
              <p><hi rendition="#g">Race</hi> heißt aber im genauern Sinne ein sol-<lb/>
cher durch Degeneration entstandener Charakter, der<lb/>
durch die Fortpflanzung unausbleiblich und nothwen-<lb/>
dig forterbt, wie z. B. wenn Weiße mit den Negern,<lb/>
Mulatten, oder mit Amerikanischen Indianern Me-<lb/>
stissen zeugen: welches hingegen bey den <hi rendition="#g">Spielar-<lb/>
ten</hi> keine nothwendige Folge ist; wie z. B. wenn<lb/>
blauäugige Blonde mit braunäugigen Brünetten Kin-<lb/>
der zeugen<note anchored="true" place="foot" n="*)"><p>Diesen Unterschied zwischen Racen und Spielarten hat zuerst<lb/><hi rendition="#g">Kant</hi> genau bestimmt, im Deutschen Mercur 1788. I. B.<lb/>
S. 48. S. hiervon ausführlich <hi rendition="#g">Girtanner</hi> über das Kanti-<lb/>
sche Princip für die Naturgeschichte. Göttingen 1796. 8.</p></note>.</p>
              <p rendition="#indent-1 #small">Anm. Wenn sich gewisse Ausartungen &#x017F;eit unabsehlichen<lb/>
Reihen von Generationen fortgepflanzt haben, so<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </body>
      </text>
    </group>
  </text>
</TEI>
[22/0041] bedürfen die fabelhaften Sagen von vermeinten Bastar- den aus der Vermischung vom Rindvieh und Pferden oder Eseln, und von Kaninchen und Hühnern, oder vollends gar von Menschen und Vieh, jetzt hoffentlich keiner weitern Widerlegung. Anm. Eben in der gedachten notorischen Erfahrung, daß im freyen Natur-Zustande jener Geschöpfe nur die von einer und eben derselben Species sich mit ein- ander gatten, liegt der natürliche Grund, warum das Wort Species im Deutschen am allernatürlichsten durch Gattung übersetzt wird (davon mit mehreren in der Vorrede). – §. 15. Racen und Spielarten (varietates) sind diejenigen Abweichungen von der ursprünglichen spe- cifiken Gestaltung der einzelnen Gattungen organisir- ter Körper, so diese durch die allmähliche Ausartung oder Degeneration erlitten haben. Race heißt aber im genauern Sinne ein sol- cher durch Degeneration entstandener Charakter, der durch die Fortpflanzung unausbleiblich und nothwen- dig forterbt, wie z. B. wenn Weiße mit den Negern, Mulatten, oder mit Amerikanischen Indianern Me- stissen zeugen: welches hingegen bey den Spielar- ten keine nothwendige Folge ist; wie z. B. wenn blauäugige Blonde mit braunäugigen Brünetten Kin- der zeugen *). Anm. Wenn sich gewisse Ausartungen ſeit unabsehlichen Reihen von Generationen fortgepflanzt haben, so *) Diesen Unterschied zwischen Racen und Spielarten hat zuerst Kant genau bestimmt, im Deutschen Mercur 1788. I. B. S. 48. S. hiervon ausführlich Girtanner über das Kanti- sche Princip für die Naturgeschichte. Göttingen 1796. 8.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Editura GmbH & Co.KG, Berlin: Volltexterstellung und Basis-TEI-Auszeichung
Johann Friedrich Blumenbach – online: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-08-26T09:00:15Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach DTA-Basisformat (2013-08-26T09:00:15Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Nicht erfasst: Bogensignaturen und Kustoden, Kolumnentitel.
  • Auf Titelblättern wurde auf die Auszeichnung der Schriftgrößenunterschiede zugunsten der Identifizierung von <titlePart>s verzichtet.
  • Keine Auszeichnung der Initialbuchstaben am Kapitelanfang.
  • Langes ſ: als s transkribiert.
  • Hochgestellte e über Vokalen: in moderner Schreibweise erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1816/41
Zitationshilfe: Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Wien, 1816, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1816/41>, abgerufen am 21.12.2024.