Die einen nähmlich saugen einen sehr ein- fachen Nahrungssaft vorzüglich mittelst zahl- reicher Zasern, die sich am untern Ende ihres Körpers befinden, ohne merkliche willkürliche Bewegung in sich.
Da hingegen die andern eine meist einfache Hauptöffnung am obern oder vordern Ende ihres Körpers haben, die zu einem geräumi- gen Schlauche führt, wohin sie vom innern Gefühle des Hungers getrieben ihre Alimente, die von sehr verschiedener Art sind, mittelst willkürlicher Bewegung bringen.
Jenes sind die Pflanzen, dieses die Thiere.
Anm. Hingegen gibt die Fähigkeit den Standort zu verändern (locomotiuitas) kein hinreichendes Un- terscheidungszeichen der Thiere von den Pflanzen, ab. Denn viele Pflanzen, wie z. B. die gemeinen Wasserlinsen, sind nicht festgewurzelt sondern kön- nen zu gewissen Jahrszeiten etc. ihren Aufenthalt verändern, bald zu Boden sinken, bald wieder auf die Oberfläche des Wassers steigen u. s. w. Und andererseits gibt es ganze Geschlechter von Wasser- thieren, zumahl unter den Conchylien, Corallen etc. die ihren einmahl eingenommenen Platz nie von selbst wieder verlassen können.
§. 4.
Diese sehr faßliche Eintheilung der natür- lichen Körper in organisirte und unorganisirte (§. 2.), und der organisirten wieder unter ein- ander (§. 3.), ist nun der Grund der bekannten drey Reiche, worunter man die Naturalien sehr schicklich gebracht hat, und wovon
Die einen nähmlich saugen einen sehr ein- fachen Nahrungssaft vorzüglich mittelst zahl- reicher Zasern, die sich am untern Ende ihres Körpers befinden, ohne merkliche willkürliche Bewegung in sich.
Da hingegen die andern eine meist einfache Hauptöffnung am obern oder vordern Ende ihres Körpers haben, die zu einem geräumi- gen Schlauche führt, wohin sie vom innern Gefühle des Hungers getrieben ihre Alimente, die von sehr verschiedener Art sind, mittelst willkürlicher Bewegung bringen.
Jenes sind die Pflanzen, dieses die Thiere.
Anm. Hingegen gibt die Fähigkeit den Standort zu verändern (locomotiuitas) kein hinreichendes Un- terscheidungszeichen der Thiere von den Pflanzen, ab. Denn viele Pflanzen, wie z. B. die gemeinen Wasserlinsen, sind nicht festgewurzelt sondern kön- nen zu gewissen Jahrszeiten ꝛc. ihren Aufenthalt verändern, bald zu Boden sinken, bald wieder auf die Oberfläche des Wassers steigen u. s. w. Und andererseits gibt es ganze Geschlechter von Wasser- thieren, zumahl unter den Conchylien, Corallen ꝛc. die ihren einmahl eingenommenen Platz nie von selbst wieder verlassen können.
§. 4.
Diese sehr faßliche Eintheilung der natür- lichen Körper in organisirte und unorganisirte (§. 2.), und der organisirten wieder unter ein- ander (§. 3.), ist nun der Grund der bekannten drey Reiche, worunter man die Naturalien sehr schicklich gebracht hat, und wovon
<TEI><textxml:id="blume_hbnatur_000031"><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0023"xml:id="pb005_0001"n="5"/><p>Die einen nähmlich saugen einen sehr ein-<lb/>
fachen Nahrungssaft vorzüglich mittelst zahl-<lb/>
reicher Zasern, die sich am untern Ende ihres<lb/>
Körpers befinden, ohne merkliche willkürliche<lb/>
Bewegung in sich.</p><p>Da hingegen die andern eine meist einfache<lb/>
Hauptöffnung am obern oder vordern Ende<lb/>
ihres Körpers haben, die zu einem geräumi-<lb/>
gen Schlauche führt, wohin sie vom innern<lb/>
Gefühle des Hungers getrieben ihre Alimente,<lb/>
die von sehr verschiedener Art sind, mittelst<lb/>
willkürlicher Bewegung bringen.</p><p>Jenes sind die Pflanzen, dieses die Thiere.</p><prendition="#indent-1 #small">Anm. Hingegen gibt die Fähigkeit den Standort zu<lb/>
verändern (<hirendition="#aq">locomotiuitas</hi>) kein hinreichendes Un-<lb/>
terscheidungszeichen der Thiere von den Pflanzen,<lb/>
ab. Denn viele Pflanzen, wie z. B. die gemeinen<lb/>
Wasserlinsen, sind nicht festgewurzelt sondern kön-<lb/>
nen zu gewissen Jahrszeiten ꝛc. ihren Aufenthalt<lb/>
verändern, bald zu Boden sinken, bald wieder<lb/>
auf die Oberfläche des Wassers steigen u. s. w. Und<lb/>
andererseits gibt es ganze Geschlechter von Wasser-<lb/>
thieren, zumahl unter den Conchylien, Corallen ꝛc.<lb/>
die ihren einmahl eingenommenen Platz nie von<lb/>
selbst wieder verlassen können.</p></div><divn="2"><headrendition="#c">§. 4.</head><lb/><p>Diese sehr faßliche Eintheilung der natür-<lb/>
lichen Körper in organisirte und unorganisirte<lb/>
(§. 2.), und der organisirten wieder unter ein-<lb/>
ander (§. 3.), ist nun der Grund der bekannten<lb/>
drey Reiche, worunter man die Naturalien<lb/>
sehr schicklich gebracht hat, und wovon<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[5/0023]
Die einen nähmlich saugen einen sehr ein-
fachen Nahrungssaft vorzüglich mittelst zahl-
reicher Zasern, die sich am untern Ende ihres
Körpers befinden, ohne merkliche willkürliche
Bewegung in sich.
Da hingegen die andern eine meist einfache
Hauptöffnung am obern oder vordern Ende
ihres Körpers haben, die zu einem geräumi-
gen Schlauche führt, wohin sie vom innern
Gefühle des Hungers getrieben ihre Alimente,
die von sehr verschiedener Art sind, mittelst
willkürlicher Bewegung bringen.
Jenes sind die Pflanzen, dieses die Thiere.
Anm. Hingegen gibt die Fähigkeit den Standort zu
verändern (locomotiuitas) kein hinreichendes Un-
terscheidungszeichen der Thiere von den Pflanzen,
ab. Denn viele Pflanzen, wie z. B. die gemeinen
Wasserlinsen, sind nicht festgewurzelt sondern kön-
nen zu gewissen Jahrszeiten ꝛc. ihren Aufenthalt
verändern, bald zu Boden sinken, bald wieder
auf die Oberfläche des Wassers steigen u. s. w. Und
andererseits gibt es ganze Geschlechter von Wasser-
thieren, zumahl unter den Conchylien, Corallen ꝛc.
die ihren einmahl eingenommenen Platz nie von
selbst wieder verlassen können.
§. 4.
Diese sehr faßliche Eintheilung der natür-
lichen Körper in organisirte und unorganisirte
(§. 2.), und der organisirten wieder unter ein-
ander (§. 3.), ist nun der Grund der bekannten
drey Reiche, worunter man die Naturalien
sehr schicklich gebracht hat, und wovon
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. 9. Aufl. Göttingen, 1814, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1814/23>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.