Man hat verschiedene künstliche Systeme, nach welchen berümte Männer die Säugthiere zu ordnen versucht haben, die aber unserm Bedünken nach grossentheils mangelhaft und unnatürlich ausfallen. Aristotelis Einthei- lung ist auf die Verschiedenheit der Zehen und Klauen gegründet, und die haben auch Ray und Klein nach der Hand angenommen und weiter bearbeitet. Aber hierbey müssen die ver- wandtesten und im ganzen noch so änlichen Gat- tungen von Affen, Ameisenbären, Faulthieren etc. getrennt, und in ganz verschiedene Ordnun- gen versetzt werden, blos weil die eine mehr, die andere weniger Zehen hat. Linne' hat die Zähne zum Classificationsgrund gewält, ein Weg, auf dem man aber nicht minder, bald auf die unnatürlichsten Trennungen, bald auf die sonderbarsten Verbindungen stößt. Das Ge- schlecht der Fledermäuse muß nach des Ritters Entwurf, wegen des verschiedenen Gebisses bey einigen Gattungen, wenigstens in drey verschie- dene Ordnungen zerstückt werden; der Elephant kommt mit den Panzerthieren, und den formo- sanischen Teufeln; der Igel aber und der Maul- wurf mit Löwen und Tigern in eine gemeinschaft- lichen Ordnung.
§. 54.
Wir haben daher diesen Mängeln abzuhel- fen, und ein natürliches System der Säug-
§. 53.
Man hat verschiedene künstliche Systeme, nach welchen berümte Männer die Säugthiere zu ordnen versucht haben, die aber unserm Bedünken nach grossentheils mangelhaft und unnatürlich ausfallen. Aristotelis Einthei- lung ist auf die Verschiedenheit der Zehen und Klauen gegründet, und die haben auch Ray und Klein nach der Hand angenommen und weiter bearbeitet. Aber hierbey müssen die ver- wandtesten und im ganzen noch so änlichen Gat- tungen von Affen, Ameisenbären, Faulthieren ꝛc. getrennt, und in ganz verschiedene Ordnun- gen versetzt werden, blos weil die eine mehr, die andere weniger Zehen hat. Linne' hat die Zähne zum Classificationsgrund gewält, ein Weg, auf dem man aber nicht minder, bald auf die unnatürlichsten Trennungen, bald auf die sonderbarsten Verbindungen stößt. Das Ge- schlecht der Fledermäuse muß nach des Ritters Entwurf, wegen des verschiedenen Gebisses bey einigen Gattungen, wenigstens in drey verschie- dene Ordnungen zerstückt werden; der Elephant kommt mit den Panzerthieren, und den formo- sanischen Teufeln; der Igel aber und der Maul- wurf mit Löwen und Tigern in eine gemeinschaft- lichen Ordnung.
§. 54.
Wir haben daher diesen Mängeln abzuhel- fen, und ein natürliches System der Säug-
<TEI><textxml:id="blume_hbnatur_000021"><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0078"xml:id="pb056_0001"n="56"/><headrendition="#c">§. 53.</head><lb/><p>Man hat verschiedene künstliche Systeme,<lb/>
nach welchen berümte Männer die Säugthiere<lb/>
zu ordnen versucht haben, die aber unserm<lb/>
Bedünken nach grossentheils mangelhaft und<lb/>
unnatürlich ausfallen. Aristotelis Einthei-<lb/>
lung ist auf die Verschiedenheit der Zehen und<lb/>
Klauen gegründet, und die haben auch Ray<lb/>
und Klein nach der Hand angenommen und<lb/>
weiter bearbeitet. Aber hierbey müssen die ver-<lb/>
wandtesten und im ganzen noch so änlichen Gat-<lb/>
tungen von Affen, Ameisenbären, Faulthieren<lb/>ꝛc. getrennt, und in ganz verschiedene Ordnun-<lb/>
gen versetzt werden, blos weil die eine mehr,<lb/>
die andere weniger Zehen hat. Linne' hat die<lb/>
Zähne zum Classificationsgrund gewält, ein<lb/>
Weg, auf dem man aber nicht minder, bald auf<lb/>
die unnatürlichsten Trennungen, bald auf die<lb/>
sonderbarsten Verbindungen stößt. Das Ge-<lb/>
schlecht der Fledermäuse muß nach des Ritters<lb/>
Entwurf, wegen des verschiedenen Gebisses bey<lb/>
einigen Gattungen, wenigstens in drey verschie-<lb/>
dene Ordnungen zerstückt werden; der Elephant<lb/>
kommt mit den Panzerthieren, und den formo-<lb/>
sanischen Teufeln; der Igel aber und der Maul-<lb/>
wurf mit Löwen und Tigern in eine gemeinschaft-<lb/>
lichen Ordnung.</p></div><divn="2"><headrendition="#c">§. 54.</head><lb/><p>Wir haben daher diesen Mängeln abzuhel-<lb/>
fen, und ein natürliches System der Säug-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[56/0078]
§. 53.
Man hat verschiedene künstliche Systeme,
nach welchen berümte Männer die Säugthiere
zu ordnen versucht haben, die aber unserm
Bedünken nach grossentheils mangelhaft und
unnatürlich ausfallen. Aristotelis Einthei-
lung ist auf die Verschiedenheit der Zehen und
Klauen gegründet, und die haben auch Ray
und Klein nach der Hand angenommen und
weiter bearbeitet. Aber hierbey müssen die ver-
wandtesten und im ganzen noch so änlichen Gat-
tungen von Affen, Ameisenbären, Faulthieren
ꝛc. getrennt, und in ganz verschiedene Ordnun-
gen versetzt werden, blos weil die eine mehr,
die andere weniger Zehen hat. Linne' hat die
Zähne zum Classificationsgrund gewält, ein
Weg, auf dem man aber nicht minder, bald auf
die unnatürlichsten Trennungen, bald auf die
sonderbarsten Verbindungen stößt. Das Ge-
schlecht der Fledermäuse muß nach des Ritters
Entwurf, wegen des verschiedenen Gebisses bey
einigen Gattungen, wenigstens in drey verschie-
dene Ordnungen zerstückt werden; der Elephant
kommt mit den Panzerthieren, und den formo-
sanischen Teufeln; der Igel aber und der Maul-
wurf mit Löwen und Tigern in eine gemeinschaft-
lichen Ordnung.
§. 54.
Wir haben daher diesen Mängeln abzuhel-
fen, und ein natürliches System der Säug-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Blumenbach, Johann Friedrich: Handbuch der Naturgeschichte. Bd. 1. Göttingen, 1779, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_naturgeschichte_1779/78>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.