Es dürfte vielleicht nicht unnöthig seyn, über die Zähne etwas besonders anzumerken, zumal da Linne und viele andere, von ihnen den Grund zur Klassifikation der Thiere nahmen.
"Die Schneidezähne haben bey den Menschen meiselartige Kronen und dünne einfache Wurzeln. Dies ist um so nothwendiger hier anzuführen, weil sich in der Anzahl, Bildung und Richtung dieser Klasse von Zähnen bey den verschiedenen Geschlech- tern der Säugethiere, nach der Erforderniß ihrer Lebensart und Lebensmittel, mannichfaltige Ver- schiedenheit zeigt. Bey den Raubthieren z. E. sind ihrer gewöhnlich sechs in jedem Kiefer mit ausgezack- ten Kronen, die wie Zangen fest auf einander grei- fen. Die Eichhörnchen, Hamster, Ratten, Mäuse und ähnliche Thiere; aber auch die Stachelschweine, der Biber und andere mehr, haben nur ein Paar Schneidezähne in einem jeden Kiefer mit überaus scharfen meiselartigen Schneiden; das untere Paar hat fast eine pfriemenförmige Gestalt, und zu der großen Kraft, die es beym Nagen an den Wänden anwenden muß, ganz außerordentlich lange Wur- zeln, die z. B. bey der gemeinen Hausmaus die ganze Länge des Unterkiefers haben.
Die Eckzähne haben konische, stumpf zugespitz- te, überaus robuste Kronen, einfache, starke, seit- wärts zusammengedrückte Wurzeln. Auch die Eck- zähne fehlen manchen Säugethieren gänzlich, wie den Mäusen und andern nagenden Thieren; oder sie
sind
§. 11. S. 32. fgg.
Es duͤrfte vielleicht nicht unnoͤthig ſeyn, uͤber die Zaͤhne etwas beſonders anzumerken, zumal da Linné und viele andere, von ihnen den Grund zur Klaſſifikation der Thiere nahmen.
„Die Schneidezaͤhne haben bey den Menſchen meiſelartige Kronen und duͤnne einfache Wurzeln. Dies iſt um ſo nothwendiger hier anzufuͤhren, weil ſich in der Anzahl, Bildung und Richtung dieſer Klaſſe von Zaͤhnen bey den verſchiedenen Geſchlech- tern der Saͤugethiere, nach der Erforderniß ihrer Lebensart und Lebensmittel, mannichfaltige Ver- ſchiedenheit zeigt. Bey den Raubthieren z. E. ſind ihrer gewoͤhnlich ſechs in jedem Kiefer mit ausgezack- ten Kronen, die wie Zangen feſt auf einander grei- fen. Die Eichhoͤrnchen, Hamſter, Ratten, Maͤuſe und aͤhnliche Thiere; aber auch die Stachelſchweine, der Biber und andere mehr, haben nur ein Paar Schneidezaͤhne in einem jeden Kiefer mit uͤberaus ſcharfen meiſelartigen Schneiden; das untere Paar hat faſt eine pfriemenfoͤrmige Geſtalt, und zu der großen Kraft, die es beym Nagen an den Waͤnden anwenden muß, ganz außerordentlich lange Wur- zeln, die z. B. bey der gemeinen Hausmaus die ganze Laͤnge des Unterkiefers haben.
Die Eckzaͤhne haben koniſche, ſtumpf zugeſpitz- te, uͤberaus robuſte Kronen, einfache, ſtarke, ſeit- waͤrts zuſammengedruͤckte Wurzeln. Auch die Eck- zaͤhne fehlen manchen Saͤugethieren gaͤnzlich, wie den Maͤuſen und andern nagenden Thieren; oder ſie
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§. 11. S. 32. fgg.
Es duͤrfte vielleicht nicht unnoͤthig ſeyn, uͤber
die Zaͤhne etwas beſonders anzumerken, zumal da
Linné und viele andere, von ihnen den Grund zur
Klaſſifikation der Thiere nahmen.
„Die Schneidezaͤhne haben bey den Menſchen
meiſelartige Kronen und duͤnne einfache Wurzeln.
Dies iſt um ſo nothwendiger hier anzufuͤhren, weil
ſich in der Anzahl, Bildung und Richtung dieſer
Klaſſe von Zaͤhnen bey den verſchiedenen Geſchlech-
tern der Saͤugethiere, nach der Erforderniß ihrer
Lebensart und Lebensmittel, mannichfaltige Ver-
ſchiedenheit zeigt. Bey den Raubthieren z. E. ſind
ihrer gewoͤhnlich ſechs in jedem Kiefer mit ausgezack-
ten Kronen, die wie Zangen feſt auf einander grei-
fen. Die Eichhoͤrnchen, Hamſter, Ratten, Maͤuſe
und aͤhnliche Thiere; aber auch die Stachelſchweine,
der Biber und andere mehr, haben nur ein Paar
Schneidezaͤhne in einem jeden Kiefer mit uͤberaus
ſcharfen meiſelartigen Schneiden; das untere Paar
hat faſt eine pfriemenfoͤrmige Geſtalt, und zu der
großen Kraft, die es beym Nagen an den Waͤnden
anwenden muß, ganz außerordentlich lange Wur-
zeln, die z. B. bey der gemeinen Hausmaus die
ganze Laͤnge des Unterkiefers haben.
Die Eckzaͤhne haben koniſche, ſtumpf zugeſpitz-
te, uͤberaus robuſte Kronen, einfache, ſtarke, ſeit-
waͤrts zuſammengedruͤckte Wurzeln. Auch die Eck-
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den Maͤuſen und andern nagenden Thieren; oder ſie
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Mensch… [mehr]
"Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte" ist die überarbeitete Fassung von Blumenbachs Dissertationsschrift "De generis humani varietate nativa" (1. Aufl. 1775 bei Friedrich Andreas Rosenbusch in Göttingen). Die Dissertation erschien in lateinischer Sprache; für das DTA wurde Johann Gottfried Grubers Übersetzung der dritten Auflage von Blumenbachs Dissertation (1795 bei Vandenhoek & Ruprecht) digitalisiert, die 1798 in Leipzig bei Breitkopf & Härtel erschien. Erstmals lag hiermit Blumenbachs Werk "De generis humani varietate nativa" in deutscher Sprache vor.
Blumenbach, Johann Friedrich: Über die natürlichen Verschiedenheiten im Menschengeschlechte. Leipzig, 1798, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/blumenbach_menschengeschlecht_1798/273>, abgerufen am 22.02.2025.
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