Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 2. Stuttgart, 1898.

Bild:
<< vorherige Seite
Neidlose Anerkennung. Briefe Wilhelms I.
VII.

Lebendiger als in meiner Schilderung werden gewisse Charakter¬
züge des Kaisers aus seinen nachstehenden Briefen hervortreten:

"Berlin, den 13. Januar 1870.

Leider vergaß ich noch immer, Ihnen die Sieges-Medaille zu
übergeben, die eigentlich zuerst in Ihren Händen hätte sein müssen,
und so sende ich sie Ihnen hierbei als Siegel Ihrer Welthistorischen
Leistungen.

Ihr
Wilhelm."

Ich schrieb dem Könige an demselben Tage:

"Eurer Majestät sage ich meinen ehrfurchtsvollen und tief¬
gefühlten Dank für die huldreiche Verleihung der Sieges-Medaille
und für den ehrenvollen Platz, den Eure Majestät mir auf diesem
historischen Denkmal anzuweisen geruht haben. Die Erinnerung,
welches dieses geprägte Document der Nachwelt erhalten wird, ge¬
winnt für mich und die Meinigen ihre besondre Bedeutung durch
die gnädigen Zeilen, mit denen Eure Majestät die Verleihung be¬
gleitet haben. Wenn mein Selbstgefühl eine hohe Befriedigung
darin findet, daß es mir vergönnt ist, meinen Namen unter den
Flügeln des Königlichen Adlers, der Deutschland seine Bahnen
anweist, auf die Nachwelt kommen zu sehn, so ist mein Herz noch
mehr befriedigt in dem Gefühle, unter Gottes sichtbarem Segen
einem angestammten Herrn zu dienen, dem ich mit voller persön¬
licher Liebe anhänge, und dessen Zufriedenheit zu besitzen für mich
der in diesem Leben begehrteste Lohn ist."

"Berlin, den 21. März 1871.

Mit der heutigen Eröffnung des ersten deutschen Reichstags
nach Wiederherstellung eines Deutschen Reiches beginnt die erste

Neidloſe Anerkennung. Briefe Wilhelms I.
VII.

Lebendiger als in meiner Schilderung werden gewiſſe Charakter¬
züge des Kaiſers aus ſeinen nachſtehenden Briefen hervortreten:

„Berlin, den 13. Januar 1870.

Leider vergaß ich noch immer, Ihnen die Sieges-Medaille zu
übergeben, die eigentlich zuerſt in Ihren Händen hätte ſein müſſen,
und ſo ſende ich ſie Ihnen hierbei als Siegel Ihrer Welthiſtoriſchen
Leiſtungen.

Ihr
Wilhelm.“

Ich ſchrieb dem Könige an demſelben Tage:

„Eurer Majeſtät ſage ich meinen ehrfurchtsvollen und tief¬
gefühlten Dank für die huldreiche Verleihung der Sieges-Medaille
und für den ehrenvollen Platz, den Eure Majeſtät mir auf dieſem
hiſtoriſchen Denkmal anzuweiſen geruht haben. Die Erinnerung,
welches dieſes geprägte Document der Nachwelt erhalten wird, ge¬
winnt für mich und die Meinigen ihre beſondre Bedeutung durch
die gnädigen Zeilen, mit denen Eure Majeſtät die Verleihung be¬
gleitet haben. Wenn mein Selbſtgefühl eine hohe Befriedigung
darin findet, daß es mir vergönnt iſt, meinen Namen unter den
Flügeln des Königlichen Adlers, der Deutſchland ſeine Bahnen
anweiſt, auf die Nachwelt kommen zu ſehn, ſo iſt mein Herz noch
mehr befriedigt in dem Gefühle, unter Gottes ſichtbarem Segen
einem angeſtammten Herrn zu dienen, dem ich mit voller perſön¬
licher Liebe anhänge, und deſſen Zufriedenheit zu beſitzen für mich
der in dieſem Leben begehrteſte Lohn iſt.“

„Berlin, den 21. März 1871.

Mit der heutigen Eröffnung des erſten deutſchen Reichstags
nach Wiederherſtellung eines Deutſchen Reiches beginnt die erſte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0317" n="293"/>
          <fw place="top" type="header">Neidlo&#x017F;e Anerkennung. Briefe Wilhelms <hi rendition="#aq">I</hi>.<lb/></fw>
        </div>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">VII.</hi><lb/>
          </head>
          <p>Lebendiger als in meiner Schilderung werden gewi&#x017F;&#x017F;e Charakter¬<lb/>
züge des Kai&#x017F;ers aus &#x017F;einen nach&#x017F;tehenden Briefen hervortreten:</p><lb/>
          <p rendition="#right">&#x201E;Berlin, den 13. Januar 1870.</p><lb/>
          <p>Leider vergaß ich noch immer, Ihnen die Sieges-<hi rendition="#aq">Medaille</hi> zu<lb/>
übergeben, die eigentlich <hi rendition="#g">zuer&#x017F;t</hi> in <hi rendition="#g">Ihren</hi> Händen hätte &#x017F;ein mü&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
und &#x017F;o &#x017F;ende ich &#x017F;ie Ihnen hierbei als Siegel Ihrer Welthi&#x017F;tori&#x017F;chen<lb/>
Lei&#x017F;tungen.</p><lb/>
          <p rendition="#right">Ihr<lb/>
Wilhelm.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Ich &#x017F;chrieb dem Könige an dem&#x017F;elben Tage:</p><lb/>
          <p>&#x201E;Eurer Maje&#x017F;tät &#x017F;age ich meinen ehrfurchtsvollen und tief¬<lb/>
gefühlten Dank für die huldreiche Verleihung der Sieges-Medaille<lb/>
und für den ehrenvollen Platz, den Eure Maje&#x017F;tät mir auf die&#x017F;em<lb/>
hi&#x017F;tori&#x017F;chen Denkmal anzuwei&#x017F;en geruht haben. Die Erinnerung,<lb/>
welches die&#x017F;es geprägte Document der Nachwelt erhalten wird, ge¬<lb/>
winnt für mich und die Meinigen ihre be&#x017F;ondre Bedeutung durch<lb/>
die gnädigen Zeilen, mit denen Eure Maje&#x017F;tät die Verleihung be¬<lb/>
gleitet haben. Wenn mein Selb&#x017F;tgefühl eine hohe Befriedigung<lb/>
darin findet, daß es mir vergönnt i&#x017F;t, meinen Namen unter den<lb/>
Flügeln des Königlichen Adlers, der Deut&#x017F;chland &#x017F;eine Bahnen<lb/>
anwei&#x017F;t, auf die Nachwelt kommen zu &#x017F;ehn, &#x017F;o i&#x017F;t mein Herz noch<lb/>
mehr befriedigt in dem Gefühle, unter Gottes &#x017F;ichtbarem Segen<lb/>
einem ange&#x017F;tammten Herrn zu dienen, dem ich mit voller per&#x017F;ön¬<lb/>
licher Liebe anhänge, und de&#x017F;&#x017F;en Zufriedenheit zu be&#x017F;itzen für mich<lb/>
der in die&#x017F;em Leben begehrte&#x017F;te Lohn i&#x017F;t.&#x201C;</p><lb/>
          <p rendition="#right">&#x201E;Berlin, den 21. März 1871.</p><lb/>
          <p>Mit der heutigen Eröffnung des er&#x017F;ten deut&#x017F;chen Reichstags<lb/>
nach Wiederher&#x017F;tellung eines Deut&#x017F;chen Reiches beginnt die er&#x017F;te<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[293/0317] Neidloſe Anerkennung. Briefe Wilhelms I. VII. Lebendiger als in meiner Schilderung werden gewiſſe Charakter¬ züge des Kaiſers aus ſeinen nachſtehenden Briefen hervortreten: „Berlin, den 13. Januar 1870. Leider vergaß ich noch immer, Ihnen die Sieges-Medaille zu übergeben, die eigentlich zuerſt in Ihren Händen hätte ſein müſſen, und ſo ſende ich ſie Ihnen hierbei als Siegel Ihrer Welthiſtoriſchen Leiſtungen. Ihr Wilhelm.“ Ich ſchrieb dem Könige an demſelben Tage: „Eurer Majeſtät ſage ich meinen ehrfurchtsvollen und tief¬ gefühlten Dank für die huldreiche Verleihung der Sieges-Medaille und für den ehrenvollen Platz, den Eure Majeſtät mir auf dieſem hiſtoriſchen Denkmal anzuweiſen geruht haben. Die Erinnerung, welches dieſes geprägte Document der Nachwelt erhalten wird, ge¬ winnt für mich und die Meinigen ihre beſondre Bedeutung durch die gnädigen Zeilen, mit denen Eure Majeſtät die Verleihung be¬ gleitet haben. Wenn mein Selbſtgefühl eine hohe Befriedigung darin findet, daß es mir vergönnt iſt, meinen Namen unter den Flügeln des Königlichen Adlers, der Deutſchland ſeine Bahnen anweiſt, auf die Nachwelt kommen zu ſehn, ſo iſt mein Herz noch mehr befriedigt in dem Gefühle, unter Gottes ſichtbarem Segen einem angeſtammten Herrn zu dienen, dem ich mit voller perſön¬ licher Liebe anhänge, und deſſen Zufriedenheit zu beſitzen für mich der in dieſem Leben begehrteſte Lohn iſt.“ „Berlin, den 21. März 1871. Mit der heutigen Eröffnung des erſten deutſchen Reichstags nach Wiederherſtellung eines Deutſchen Reiches beginnt die erſte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen02_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen02_1898/317
Zitationshilfe: Bismarck, Otto von: Gedanken und Erinnerungen. Bd. 2. Stuttgart, 1898, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bismarck_erinnerungen02_1898/317>, abgerufen am 20.11.2024.