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Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652.

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19.

Es ist aber/ sagen sie/ jhre Fremdgierigkeit zu ent-
schuldigen/ nit alles in Teutonischer Sprach beschrieben/"
was zum Staat und gemeinen Leben zu wissen von nöten."
Ein nichtiges Vorgeben! Das Stattwesen belangend/f das abse-
hen ist aufs
Sachsen-
recht.
* Iura mu-
nicipalia.

Hat nicht unser Sonaxien f sein eigenes Landrecht in dieser
Sprach? Haben nicht auch alle andere Reichs Stände
und Städte jhre absonderliche Staatsordnung * in dersel-
ben? Warüm solte man dann nicht die allgemeinen Rechte
ebenmässig darinn haben können? In was für einer Spra-
che werden alle dieses Reichs Grundgesetzt i verfasset/ allei leges funda
mentales
Imperii
,
als
die güldne
Bull/
Reichsab-
schiedeetc.

Versamlungstäge verabschiedet/ alle Vorträge und Ge-
richtstritte abgehandelt? Ist es nicht die Teutonische? Die
ernehret/ die lehret uns auch/ so wol auf den Cantzeln/ als in
den Cantzleyen/ sowol zu- als ausser Hause. Was die Philo-
sophey
anbetrifft/ so gehöret dieselbe in die Schul/ wird auch
darinn gelernet; ist derhalben unnötig/ daß man sie in unsre"
Sprach übersetze. Man verwirft die andern/ insonderheit die"
drey Haubtsprachen nicht/ in welchen alle Künste und Leh-"
ren der Weißheit beschrieben: Man soll aber jhrentwegen"
die edle Teutonische nicht verwerffen/ die wir von der Mut-"
ter gesogen/ die uns erzogen hat/ und noch immer erhält."

20.

Wiederum wenden sie ein/ man spanne die Seiten
gar zu hoch/ man wolle ein gantz neue Schreib- und Redart"
einfuhren/ da man es viel mehr bey dem alten verbleiben las-"
sen solte. Ein unvernunfftiger Einwurff! Wann sie so auf"
die alten Reden dringen/ warümb bekümmern sie sich nicht"
auch üm die alten Sitten? So solte demnach keine neue"
Kunst/ kein neues Gesetz was gelten/ weil die Alten nichts da-"
von gewust oder aufgeschrieben? Was ist jemals zugleich"
geboren und vollkommen gewesen? Welche Dinge stei-"
gen nicht Staffelweiß zu ihrer höchsten Fürtreflichkeit?
"
Wie redete damals Rom/ ehe der sinnreiche Virgil/ aus des"

Ennius
C 3
19.

Es iſt aber/ ſagen ſie/ jhre Fremdgierigkeit zu ent-
ſchuldigen/ nit alles in Teutoniſcher Sprach beſchrieben/„
was zum Staat und gemeinen Leben zu wiſſen von noͤten.„
Ein nichtiges Vorgeben! Das Stattweſen belangend/f das abſe-
hen iſt aufs
Sachſen-
recht.
* Iura mu-
nicipalia.

Hat nicht unſer Sonaxien f ſein eigenes Landrecht in dieſer
Sprach? Haben nicht auch alle andere Reichs Staͤnde
und Staͤdte jhre abſonderliche Staatsordnung * in derſel-
ben? Waruͤm ſolte man dann nicht die allgemeinen Rechte
ebenmaͤſſig darinn haben koͤnnen? In was fuͤr einer Spra-
che werden alle dieſes Reichs Grundgeſetzt i verfaſſet/ allei leges funda
mentales
Imperii
,
als
die guͤldne
Bull/
Reichsab-
ſchiedeꝛc.

Verſamlungstaͤge verabſchiedet/ alle Vortraͤge und Ge-
richtſtritte abgehandelt? Iſt es nicht die Teutoniſche? Die
ernehret/ die lehret uns auch/ ſo wol auf den Cantzeln/ als in
den Cantzleyen/ ſowol zu- als auſſer Hauſe. Was die Philo-
ſophey
anbetrifft/ ſo gehoͤret dieſelbe in die Schul/ wird auch
darinn gelernet; iſt derhalben unnoͤtig/ daß man ſie in unsre„
Sprach uͤberſetze. Man verwirft die andern/ inſonderheit die„
drey Haubtſprachen nicht/ in welchen alle Kuͤnſte und Leh-„
ren der Weißheit beſchrieben: Man ſoll aber jhrentwegen„
die edle Teutoniſche nicht verwerffen/ die wir von der Mut-„
ter geſogen/ die uns erzogen hat/ und noch immeꝛ erhaͤlt.„

20.

Wiederum wenden ſie ein/ man ſpanne die Seiten
gar zu hoch/ man wolle ein gantz neue Schreib- und Redart„
einfůhren/ da man es viel mehr bey dem alten verbleiben laſ-„
ſen ſolte. Ein unvernůnfftiger Einwurff! Wann ſie ſo auf„
die alten Reden dringen/ waruͤmb bekuͤmmern ſie ſich nicht„
auch uͤm die alten Sitten? So ſolte demnach keine neue„
Kunſt/ kein neues Geſetz was gelten/ weil die Alten nichts da-„
von gewuſt oder aufgeſchrieben? Was iſt jemals zugleich„
geboren und vollkommen geweſen? Welche Dinge ſtei-„
gen nicht Staffelweiß zu ihrer hoͤchſten Fuͤrtreflichkeit?

Wie redete damals Rom/ ehe der ſinnreiche Virgil/ aus des„

Ennius
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[13/0063] 19. Es iſt aber/ ſagen ſie/ jhre Fremdgierigkeit zu ent- ſchuldigen/ nit alles in Teutoniſcher Sprach beſchrieben/„ was zum Staat und gemeinen Leben zu wiſſen von noͤten.„ Ein nichtiges Vorgeben! Das Stattweſen belangend/ Hat nicht unſer Sonaxien f ſein eigenes Landrecht in dieſer Sprach? Haben nicht auch alle andere Reichs Staͤnde und Staͤdte jhre abſonderliche Staatsordnung * in derſel- ben? Waruͤm ſolte man dann nicht die allgemeinen Rechte ebenmaͤſſig darinn haben koͤnnen? In was fuͤr einer Spra- che werden alle dieſes Reichs Grundgeſetzt i verfaſſet/ alle Verſamlungstaͤge verabſchiedet/ alle Vortraͤge und Ge- richtſtritte abgehandelt? Iſt es nicht die Teutoniſche? Die ernehret/ die lehret uns auch/ ſo wol auf den Cantzeln/ als in den Cantzleyen/ ſowol zu- als auſſer Hauſe. Was die Philo- ſophey anbetrifft/ ſo gehoͤret dieſelbe in die Schul/ wird auch darinn gelernet; iſt derhalben unnoͤtig/ daß man ſie in unsre„ Sprach uͤberſetze. Man verwirft die andern/ inſonderheit die„ drey Haubtſprachen nicht/ in welchen alle Kuͤnſte und Leh-„ ren der Weißheit beſchrieben: Man ſoll aber jhrentwegen„ die edle Teutoniſche nicht verwerffen/ die wir von der Mut-„ ter geſogen/ die uns erzogen hat/ und noch immeꝛ erhaͤlt.„ f das abſe- hen iſt aufs Sachſen- recht. * Iura mu- nicipalia. i leges funda mentales Imperii, als die guͤldne Bull/ Reichsab- ſchiedeꝛc. 20. Wiederum wenden ſie ein/ man ſpanne die Seiten gar zu hoch/ man wolle ein gantz neue Schreib- und Redart„ einfůhren/ da man es viel mehr bey dem alten verbleiben laſ-„ ſen ſolte. Ein unvernůnfftiger Einwurff! Wann ſie ſo auf„ die alten Reden dringen/ waruͤmb bekuͤmmern ſie ſich nicht„ auch uͤm die alten Sitten? So ſolte demnach keine neue„ Kunſt/ kein neues Geſetz was gelten/ weil die Alten nichts da-„ von gewuſt oder aufgeſchrieben? Was iſt jemals zugleich„ geboren und vollkommen geweſen? Welche Dinge ſtei-„ gen nicht Staffelweiß zu ihrer hoͤchſten Fuͤrtreflichkeit?„ Wie redete damals Rom/ ehe der ſinnreiche Virgil/ aus des„ Ennius C 3

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Zitationshilfe: Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652/63>, abgerufen am 21.11.2024.