Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652.

Bild:
<< vorherige Seite

ümzureissen/ und tausenderley Sturmwetter über Teuto-
nien aufs neue auszublasen. Die Rahtsitze waren nebenst
der Erden unfruchtbar/ und konden/ durch einfallende Strit-
tigkeiten verhindert/ nichts erfreuliches herfür und zu Wer-
ke bringen.

72.

Man begunte fast die Waffen wieder hervor zu su-
chen/ die man kaum abgeleget; oder vielmehr den Stillstand
derselbigen aufzuheben/ an stat daß er solte verewiget werden.
Die Degen und Schwerder/ die man bereits an die Pflüge
gestecket/ solten wieder herunter und in jhre alte Gefässe. In
manchem Helm hatten schon die Tauben gebrütet/ und die
Bienen Honig gesamlet; die Schilde waren zum Gedächt-
niß in die Kunstkammern gehänget/ Büchsen und Pistolen
durch langem Unbrauch verrostet: noch holete man alles
wider herbey/ üm sich zu einem neuen Ernst zu rüsten. An
stat der alten Fahnen/ die denen Abgedankten Preiß gegeben
worden/ liesse man neue machen/ vorhabens/ wider Knechte
und Völker darunter zu werben. Den Rossen/ die nun schon
deß Pflugs und Zugs im Feld und über Land gewohnet/ name
man das Geschirr ab/ und legete jhnen wieder Sattel und
Zeug/ Sack und Pack auf. Viele/ die in gewisser Hoffnung
deß Friedens/ der Städte Dienstbarkeit mit dem freyen
Landleben verwechselt/ begaben sich/ aus Furcht der Kriegs
Drangsale/ wider in die Stadt und deren Schutz. Der arme
Feldmann/ der allbereit den süssen Vorschmack der allge-
meinen Ruh zu kosten angefangen/ grämete sich fast halb zu
todt/ daß er der Ernde seiner Müh nicht geniessen solte.

73.

Unruhige Gemüter hatten ein hertzlliches Wolge-"
fallen hierob/ als die/ gleich dem Salamander/ nicht eher"
hervor und entbor zu kommen pflegen/ als wann es trüb"
Wetter ist. Der Prinzessin aber fiel es mehr als schmerzlich/
daß jhre Hofnungen also mitten im Port Schiffbruch lidten:

weil
M 2

uͤmzureiſſen/ und tauſenderley Sturmwetter uͤber Teuto-
nien aufs neue auszublaſen. Die Rahtſitze waren nebenſt
der Erden unfruchtbar/ und konden/ durch einfallende Strit-
tigkeiten verhindert/ nichts erfreuliches herfür und zu Wer-
ke bringen.

72.

Man begunte faſt die Waffen wieder hervor zu ſu-
chen/ die man kaum abgeleget; oder vielmehr den Stillſtand
derſelbigen aufzuheben/ an ſtat daß er ſolte verewiget werdẽ.
Die Degen und Schwerder/ die man bereits an die Pfluͤge
geſtecket/ ſoltẽ wieder herunter und in jhre alte Gefaͤſſe. In
manchem Helm hatten ſchon die Tauben gebruͤtet/ und die
Bienen Honig geſamlet; die Schilde waren zum Gedaͤcht-
niß in die Kunſtkammern gehaͤnget/ Büchſen und Piſtolen
durch langem Unbrauch verroſtet: noch holete man alles
wider herbey/ uͤm ſich zu einem neuen Ernſt zu ruͤſten. An
ſtat der alten Fahnen/ die denen Abgedankten Preiß gegeben
worden/ lieſſe man neue machen/ vorhabens/ wider Knechte
und Voͤlker darunter zu werben. Den Roſſen/ die nun ſchon
deß Pflugs und Zugs im Feld und uͤber Land gewohnet/ name
man das Geſchirꝛ ab/ und legete jhnen wieder Sattel und
Zeug/ Sack und Pack auf. Viele/ die in gewiſſer Hoffnung
deß Friedens/ der Staͤdte Dienſtbarkeit mit dem freyen
Landleben verwechſelt/ begaben ſich/ aus Furcht der Kriegs
Drangſale/ wider in die Stadt und deꝛen Schutz. Der arme
Feldmann/ der allbereit den ſuͤſſen Vorſchmack der allge-
meinen Ruh zu koſten angefangen/ graͤmete ſich faſt halb zu
todt/ daß er der Ernde ſeiner Muͤh nicht genieſſen ſolte.

73.

Unruhige Gemuͤter hatten ein hertzlliches Wolge-„
fallen hierob/ als die/ gleich dem Salamander/ nicht eher„
hervor und entbor zu kommen pflegen/ als wann es truͤb„
Wetter iſt. Der Prinzeſſin aber fiel es mehr als ſchmerzlich/
daß jhre Hofnungen alſo mitten im Poꝛt Schiffbruch lidten:

weil
M 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0135" n="83"/>
u&#x0364;mzurei&#x017F;&#x017F;en/ und tau&#x017F;enderley Sturmwetter u&#x0364;ber Teuto-<lb/>
nien aufs neue auszubla&#x017F;en. Die Raht&#x017F;itze waren neben&#x017F;t<lb/>
der Erden unfruchtbar/ und konden/ durch einfallende Strit-<lb/>
tigkeiten verhindert/ nichts erfreuliches herfür und zu Wer-<lb/>
ke bringen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>72.</head><lb/>
          <p>Man begunte fa&#x017F;t die Waffen wieder hervor zu &#x017F;u-<lb/>
chen/ die man kaum abgeleget; oder vielmehr den Still&#x017F;tand<lb/>
der&#x017F;elbigen aufzuheben/ an &#x017F;tat daß er &#x017F;olte verewiget werde&#x0303;.<lb/>
Die Degen und Schwerder/ die man bereits an die Pflu&#x0364;ge<lb/>
ge&#x017F;tecket/ &#x017F;olte&#x0303; wieder herunter und in jhre alte Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. In<lb/>
manchem Helm hatten &#x017F;chon die Tauben gebru&#x0364;tet/ und die<lb/>
Bienen Honig ge&#x017F;amlet; die Schilde waren zum Geda&#x0364;cht-<lb/>
niß in die Kun&#x017F;tkammern geha&#x0364;nget/ Büch&#x017F;en und Pi&#x017F;tolen<lb/>
durch langem <hi rendition="#aq">U</hi>nbrauch verro&#x017F;tet: noch holete man alles<lb/>
wider herbey/ u&#x0364;m &#x017F;ich zu einem neuen Ern&#x017F;t zu ru&#x0364;&#x017F;ten. An<lb/>
&#x017F;tat der alten Fahnen/ die denen Abgedankten Preiß gegeben<lb/>
worden/ lie&#x017F;&#x017F;e man neue machen/ vorhabens/ wider Knechte<lb/>
und Vo&#x0364;lker darunter zu werben. Den Ro&#x017F;&#x017F;en/ die nun &#x017F;chon<lb/>
deß Pflugs und Zugs im Feld und u&#x0364;ber Land gewohnet/ name<lb/>
man das Ge&#x017F;chir&#xA75B; ab/ und legete jhnen wieder Sattel und<lb/>
Zeug/ Sack und Pack auf. Viele/ die in gewi&#x017F;&#x017F;er Hoffnung<lb/>
deß Friedens/ der Sta&#x0364;dte Dien&#x017F;tbarkeit mit dem freyen<lb/>
Landleben verwech&#x017F;elt/ begaben &#x017F;ich/ aus Furcht der Kriegs<lb/>
Drang&#x017F;ale/ wider in die Stadt und de&#xA75B;en Schutz. Der arme<lb/>
Feldmann/ der allbereit den &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Vor&#x017F;chmack der allge-<lb/>
meinen Ruh zu ko&#x017F;ten angefangen/ gra&#x0364;mete &#x017F;ich fa&#x017F;t halb zu<lb/>
todt/ daß er der Ernde &#x017F;einer Mu&#x0364;h nicht genie&#x017F;&#x017F;en &#x017F;olte.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>73.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">U</hi>nruhige Gemu&#x0364;ter hatten ein hertzlliches Wolge-&#x201E;<lb/>
fallen hierob/ als die/ gleich dem Salamander/ nicht eher&#x201E;<lb/>
hervor und entbor zu kommen pflegen/ als wann es tru&#x0364;b&#x201E;<lb/>
Wetter i&#x017F;t. Der Prinze&#x017F;&#x017F;in aber fiel es mehr als &#x017F;chmerzlich/<lb/>
daß jhre Hofnungen al&#x017F;o mitten im Po&#xA75B;t Schiffbruch lidten:<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M 2</fw><fw place="bottom" type="catch">weil</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0135] uͤmzureiſſen/ und tauſenderley Sturmwetter uͤber Teuto- nien aufs neue auszublaſen. Die Rahtſitze waren nebenſt der Erden unfruchtbar/ und konden/ durch einfallende Strit- tigkeiten verhindert/ nichts erfreuliches herfür und zu Wer- ke bringen. 72. Man begunte faſt die Waffen wieder hervor zu ſu- chen/ die man kaum abgeleget; oder vielmehr den Stillſtand derſelbigen aufzuheben/ an ſtat daß er ſolte verewiget werdẽ. Die Degen und Schwerder/ die man bereits an die Pfluͤge geſtecket/ ſoltẽ wieder herunter und in jhre alte Gefaͤſſe. In manchem Helm hatten ſchon die Tauben gebruͤtet/ und die Bienen Honig geſamlet; die Schilde waren zum Gedaͤcht- niß in die Kunſtkammern gehaͤnget/ Büchſen und Piſtolen durch langem Unbrauch verroſtet: noch holete man alles wider herbey/ uͤm ſich zu einem neuen Ernſt zu ruͤſten. An ſtat der alten Fahnen/ die denen Abgedankten Preiß gegeben worden/ lieſſe man neue machen/ vorhabens/ wider Knechte und Voͤlker darunter zu werben. Den Roſſen/ die nun ſchon deß Pflugs und Zugs im Feld und uͤber Land gewohnet/ name man das Geſchirꝛ ab/ und legete jhnen wieder Sattel und Zeug/ Sack und Pack auf. Viele/ die in gewiſſer Hoffnung deß Friedens/ der Staͤdte Dienſtbarkeit mit dem freyen Landleben verwechſelt/ begaben ſich/ aus Furcht der Kriegs Drangſale/ wider in die Stadt und deꝛen Schutz. Der arme Feldmann/ der allbereit den ſuͤſſen Vorſchmack der allge- meinen Ruh zu koſten angefangen/ graͤmete ſich faſt halb zu todt/ daß er der Ernde ſeiner Muͤh nicht genieſſen ſolte. 73. Unruhige Gemuͤter hatten ein hertzlliches Wolge-„ fallen hierob/ als die/ gleich dem Salamander/ nicht eher„ hervor und entbor zu kommen pflegen/ als wann es truͤb„ Wetter iſt. Der Prinzeſſin aber fiel es mehr als ſchmerzlich/ daß jhre Hofnungen alſo mitten im Poꝛt Schiffbruch lidten: weil M 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652/135
Zitationshilfe: Birken, Sigmund von: Die Fried-erfreuete Teutonje. Nürnberg, 1652, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/birken_friedensvergleich_1652/135>, abgerufen am 21.12.2024.