Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bion, Nicolas: Neueröfnete mathematische Werkschule. (Übers. Johann Gabriel Doppelmayr). Bd. 1, 5. Aufl. Nürnberg, 1765.

Bild:
<< vorherige Seite

Monds und der andern Sterne vor alle Jahrszeiten, denen Beobachtungen,
die er deswegen gehalten hat, gemäß, verfertiget.

Unterdessen kann man doch glauben, daß die Refractionen unterschiedli-
chen Veränderungen um den Horizont nach verschiedener Beschaffenheit
der Luft und der Natur eines hoch - oder niedrig liegenden Landes un-
terworfen sind, gleichwie solches Herr de la Hire sehr oft erfahren; dann in-
dem er unten an dem Berg die Sterne, welche derselben Spitze anzurühren
schienen, beobachtet, sind solche ihme ein wenig höher vorgekommen, als
wann er solche auf der Spitze selbsten beobachtet hätte, und so man denen
Beobachtungen anderer Leute will Glauben geben, so sind gar die Refra-
ctionen in den mitternächtigen Ländern zur Sommerszeit grösser, als in de-
nen gemäßigten Erdstrichen.

Wie man aus der Beobachtung die Zeit der Nachtgleiche
und Sonnenstillstandes finoen soll.

Nachdeme man die Höhe des Aequators, die Refraction und die Pa-
rallax der Sonne in einerley Höhe gefunden hat, wird es ganz nicht schwer
seyn, die Zeit zu finden, wann der Mittelpunct der Sonne in dem Aequator
seyn wird; dann so man von der scheinbaren Mittagshöhe des Sonnencentrl
an eben dem Tage, an dem sich das Aequinoctium ereignet, die behörige Re-
fraction abzichet, und die Parallaxe dazu addiret, wird die wahre Mittags-
höhe des Sonnencentri übrig bleiben: die Differenz aber zwischen dieser
Höhe und derjenigen des Aequators wird die Zeit des wahren Aequinoctil
entweder Bor-oder Nachmittag andeuten; so man nun endlich die Sum-
me der Secunden von dieser gefundenen Differenz mit 59. dividiret, wird
der Quotient die Stunden und die Theile der Stunden, die man entweder
addiren oder subtrahiren muß von dem wahren Mittag, damit die Zeit des
wahren Aequinoctii heraus komme, bemerken.

Es werden die Stunden des Quotienten zu der Zeit des Mittags, wann
die Mittagshöhe der Sonne sich kleiner als des Aequators gegen die Nacht-
gleiche zu im Frühling zeiget, addiret, hingegen aber, wann sie grösser be-
funden worden, davon subtrahiret. Das Gegentheil muß man bey der
Herbstnachtgleiche in Obacht nehmen.

Exempel.

Nachdeme die wahre Höhe des Aequators 41. Grad und 10. Minu-
ten gegeben, und die wahre Mittagshöhe des Mittelpuncts der Sonne 41.
Grad, 5. Min. und 15. Secunden groß oblerviret worden, welche sich darthut
durch die scheinbare Höhe des obern oder runden Rands der Sonne, die
nach ihrem halben Durchmesser samt der Refraction und Parallare corrigiret

Monds und der andern Sterne vor alle Jahrszeiten, denen Beobachtungen,
die er deswegen gehalten hat, gemäß, verfertiget.

Unterdeſſen kann man doch glauben, daß die Refractionen unterſchiedli-
chen Veränderungen um den Horizont nach verſchiedener Beſchaffenheit
der Luft und der Natur eines hoch – oder niedrig liegenden Landes un-
terworfen ſind, gleichwie ſolches Herr de la Hire ſehr oft erfahren; dann in-
dem er unten an dem Berg die Sterne, welche derſelben Spitze anzurühren
ſchienen, beobachtet, ſind ſolche ihme ein wenig höher vorgekommen, als
wann er ſolche auf der Spitze ſelbſten beobachtet hätte, und ſo man denen
Beobachtungen anderer Leute will Glauben geben, ſo ſind gar die Refra-
ctionen in den mitternächtigen Ländern zur Sommerszeit gröſſer, als in de-
nen gemäßigten Erdſtrichen.

Wie man aus der Beobachtung die Zeit der Nachtgleiche
und Sonnenſtillſtandes finoen ſoll.

Nachdeme man die Höhe des Aequators, die Refraction und die Pa-
rallax der Sonne in einerley Höhe gefunden hat, wird es ganz nicht ſchwer
ſeyn, die Zeit zu finden, wann der Mittelpunct der Sonne in dem Aequator
ſeyn wird; dann ſo man von der ſcheinbaren Mittagshöhe des Sonnencentrl
an eben dem Tage, an dem ſich das Aequinoctium ereignet, die behörige Re-
fraction abzichet, und die Parallaxe dazu addiret, wird die wahre Mittags-
höhe des Sonnencentri übrig bleiben: die Differenz aber zwiſchen dieſer
Höhe und derjenigen des Aequators wird die Zeit des wahren Aequinoctil
entweder Bor-oder Nachmittag andeuten; ſo man nun endlich die Sum-
me der Secunden von dieſer gefundenen Differenz mit 59. dividiret, wird
der Quotient die Stunden und die Theile der Stunden, die man entweder
addiren oder ſubtrahiren muß von dem wahren Mittag, damit die Zeit des
wahren Aequinoctii heraus komme, bemerken.

Es werden die Stunden des Quotienten zu der Zeit des Mittags, wann
die Mittagshöhe der Sonne ſich kleiner als des Aequators gegen die Nacht-
gleiche zu im Frühling zeiget, addiret, hingegen aber, wann ſie gröſſer be-
funden worden, davon ſubtrahiret. Das Gegentheil muß man bey der
Herbſtnachtgleiche in Obacht nehmen.

Exempel.

Nachdeme die wahre Höhe des Aequators 41. Grad und 10. Minu-
ten gegeben, und die wahre Mittagshöhe des Mittelpuncts der Sonne 41.
Grad, 5. Min. und 15. Secunden groß oblerviret worden, welche ſich darthut
durch die ſcheinbare Höhe des obern oder runden Rands der Sonne, die
nach ihrem halben Durchmeſſer ſamt der Refraction und Parallare corrigiret

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0285" n="263"/>
Monds und der andern Sterne vor alle                                 Jahrszeiten, denen Beobachtungen,<lb/>
die er deswegen gehalten hat,                                 gemäß, verfertiget. </p>
            <p>Unterde&#x017F;&#x017F;en kann man doch glauben, daß die Refractionen                                 unter&#x017F;chiedli-<lb/>
chen Veränderungen um den Horizont nach                                 ver&#x017F;chiedener Be&#x017F;chaffenheit<lb/>
der Luft und der Natur eines hoch                                 &#x2013; oder niedrig liegenden Landes un-<lb/>
terworfen &#x017F;ind, gleichwie                                 &#x017F;olches Herr de la Hire &#x017F;ehr oft erfahren; dann in-<lb/>
dem er unten                                 an dem Berg die Sterne, welche der&#x017F;elben Spitze anzurühren<lb/>
&#x017F;chienen, beobachtet, &#x017F;ind &#x017F;olche ihme ein wenig höher                                 vorgekommen, als<lb/>
wann er &#x017F;olche auf der Spitze &#x017F;elb&#x017F;ten                                 beobachtet hätte, und &#x017F;o man denen<lb/>
Beobachtungen anderer Leute                                 will Glauben geben, &#x017F;o &#x017F;ind gar die Refra-<lb/>
ctionen in den                                 mitternächtigen Ländern zur Sommerszeit grö&#x017F;&#x017F;er, als in de-<lb/>
nen                                 gemäßigten Erd&#x017F;trichen. </p>
          </div>
          <div n="3">
            <head>Wie man aus der Beobachtung die Zeit der Nachtgleiche<lb/>
und                                 Sonnen&#x017F;till&#x017F;tandes finoen &#x017F;oll.</head><lb/>
            <p>Nachdeme man die Höhe des Aequators, die Refraction und die                                 Pa-<lb/>
rallax der Sonne in einerley Höhe gefunden hat, wird es ganz                                 nicht &#x017F;chwer<lb/>
&#x017F;eyn, die Zeit zu finden, wann der Mittelpunct der                                 Sonne in dem Aequator<lb/>
&#x017F;eyn wird; dann &#x017F;o man von der                                 &#x017F;cheinbaren Mittagshöhe des Sonnencentrl<lb/>
an eben dem Tage, an                                 dem &#x017F;ich das Aequinoctium ereignet, die behörige Re-<lb/>
fraction                                 abzichet, und die Parallaxe dazu addiret, wird die wahre                                 Mittags-<lb/>
höhe des Sonnencentri übrig bleiben: die Differenz aber                                 zwi&#x017F;chen die&#x017F;er<lb/>
Höhe und derjenigen des Aequators wird die Zeit                                 des wahren Aequinoctil<lb/>
entweder Bor-oder Nachmittag andeuten;                                 &#x017F;o man nun endlich die Sum-<lb/>
me der Secunden von die&#x017F;er                                 gefundenen Differenz mit 59. dividiret, wird<lb/>
der Quotient die                                 Stunden und die Theile der Stunden, die man entweder<lb/>
addiren                                 oder &#x017F;ubtrahiren muß von dem wahren Mittag, damit die Zeit des<lb/>
wahren Aequinoctii heraus komme, bemerken. </p>
            <p>Es werden die Stunden des Quotienten zu der Zeit des Mittags, wann<lb/>
die Mittagshöhe der Sonne &#x017F;ich kleiner als des Aequators gegen                                 die Nacht-<lb/>
gleiche zu im Frühling zeiget, addiret, hingegen                                 aber, wann &#x017F;ie grö&#x017F;&#x017F;er be-<lb/>
funden worden, davon &#x017F;ubtrahiret. Das                                 Gegentheil muß man bey der<lb/>
Herb&#x017F;tnachtgleiche in Obacht nehmen.                             </p>
          </div>
          <div n="3">
            <head>Exempel.</head><lb/>
            <p>Nachdeme die wahre Höhe des Aequators 41. Grad und 10. Minu-<lb/>
ten                                 gegeben, und die wahre Mittagshöhe des Mittelpuncts der Sonne 41.<lb/>
Grad, 5. Min. und 15. Secunden groß oblerviret worden, welche                                 &#x017F;ich darthut<lb/>
durch die &#x017F;cheinbare Höhe des obern oder runden                                 Rands der Sonne, die<lb/>
nach ihrem halben Durchme&#x017F;&#x017F;er &#x017F;amt der                                 Refraction und Parallare corrigiret
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[263/0285] Monds und der andern Sterne vor alle Jahrszeiten, denen Beobachtungen, die er deswegen gehalten hat, gemäß, verfertiget. Unterdeſſen kann man doch glauben, daß die Refractionen unterſchiedli- chen Veränderungen um den Horizont nach verſchiedener Beſchaffenheit der Luft und der Natur eines hoch – oder niedrig liegenden Landes un- terworfen ſind, gleichwie ſolches Herr de la Hire ſehr oft erfahren; dann in- dem er unten an dem Berg die Sterne, welche derſelben Spitze anzurühren ſchienen, beobachtet, ſind ſolche ihme ein wenig höher vorgekommen, als wann er ſolche auf der Spitze ſelbſten beobachtet hätte, und ſo man denen Beobachtungen anderer Leute will Glauben geben, ſo ſind gar die Refra- ctionen in den mitternächtigen Ländern zur Sommerszeit gröſſer, als in de- nen gemäßigten Erdſtrichen. Wie man aus der Beobachtung die Zeit der Nachtgleiche und Sonnenſtillſtandes finoen ſoll. Nachdeme man die Höhe des Aequators, die Refraction und die Pa- rallax der Sonne in einerley Höhe gefunden hat, wird es ganz nicht ſchwer ſeyn, die Zeit zu finden, wann der Mittelpunct der Sonne in dem Aequator ſeyn wird; dann ſo man von der ſcheinbaren Mittagshöhe des Sonnencentrl an eben dem Tage, an dem ſich das Aequinoctium ereignet, die behörige Re- fraction abzichet, und die Parallaxe dazu addiret, wird die wahre Mittags- höhe des Sonnencentri übrig bleiben: die Differenz aber zwiſchen dieſer Höhe und derjenigen des Aequators wird die Zeit des wahren Aequinoctil entweder Bor-oder Nachmittag andeuten; ſo man nun endlich die Sum- me der Secunden von dieſer gefundenen Differenz mit 59. dividiret, wird der Quotient die Stunden und die Theile der Stunden, die man entweder addiren oder ſubtrahiren muß von dem wahren Mittag, damit die Zeit des wahren Aequinoctii heraus komme, bemerken. Es werden die Stunden des Quotienten zu der Zeit des Mittags, wann die Mittagshöhe der Sonne ſich kleiner als des Aequators gegen die Nacht- gleiche zu im Frühling zeiget, addiret, hingegen aber, wann ſie gröſſer be- funden worden, davon ſubtrahiret. Das Gegentheil muß man bey der Herbſtnachtgleiche in Obacht nehmen. Exempel. Nachdeme die wahre Höhe des Aequators 41. Grad und 10. Minu- ten gegeben, und die wahre Mittagshöhe des Mittelpuncts der Sonne 41. Grad, 5. Min. und 15. Secunden groß oblerviret worden, welche ſich darthut durch die ſcheinbare Höhe des obern oder runden Rands der Sonne, die nach ihrem halben Durchmeſſer ſamt der Refraction und Parallare corrigiret

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

ECHO: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-10-09T11:08:35Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-10-09T11:08:35Z)
ECHO: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-10-09T11:08:35Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde beibehalten.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen und Zeilen hinweg werden beibehalten.
  • Marginalien werden jeweils am Ende des entsprechenden Absatzes ausgezeichnet.
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bion_werkschule01_1765
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bion_werkschule01_1765/285
Zitationshilfe: Bion, Nicolas: Neueröfnete mathematische Werkschule. (Übers. Johann Gabriel Doppelmayr). Bd. 1, 5. Aufl. Nürnberg, 1765, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bion_werkschule01_1765/285>, abgerufen am 21.12.2024.