Ich habe furchtbar lachen müssen, weil Du schreibst, ob es nicht recht wehthut, wenn der Herr Inspektor auf die Hosen kloppt. Du denkst wol, wir haben sie an, wenn er kloppt? Nein, das sind die andern, die erste Garnitur, die ge¬ kloppt werden. Nun will ich aber endlich schreiben, was abends gemacht wird. Da wird erstens Abendbrot gegessen, wobei auch Biertrinken statt¬ findet. Es ist aber natürlich blos einfaches. Da¬ zu giebt es Brot und Butter oder Fett. Fett ist mir lieber, denn die Butter ist sehr häufig ranzig. Viele Jungens schmieren sie dann untern Tisch oder schnippen sie mit dem Messer an die Decke. Dann fällt sie manchmal nächsten Tag in die Suppe. Weshalb es ein Unfug ist und man Schellen kriegt, wenns gemerkt wird. Natürlich wagen sichs blos die Großen. Im Winter soll die Butter auch von vielen Jungens gesammelt werden, und sie machen dann abends auf dem Ofen im Arbeitszimmer Butterbäbe draus mit geriebenen Brot. Das muß fein schmecken. Dann gehts wieder naus zum Spielen und dann ist Arbeitsstunde oder Selbst¬ beschäftigung, wobei Briefe geschrieben werden oder sonst welcher Unsinn gemacht wird, weil kein In¬
Stilpe.
Liebe, gute Mama!
Ich habe furchtbar lachen müſſen, weil Du ſchreibſt, ob es nicht recht wehthut, wenn der Herr Inſpektor auf die Hoſen kloppt. Du denkſt wol, wir haben ſie an, wenn er kloppt? Nein, das ſind die andern, die erſte Garnitur, die ge¬ kloppt werden. Nun will ich aber endlich ſchreiben, was abends gemacht wird. Da wird erſtens Abendbrot gegeſſen, wobei auch Biertrinken ſtatt¬ findet. Es iſt aber natürlich blos einfaches. Da¬ zu giebt es Brot und Butter oder Fett. Fett iſt mir lieber, denn die Butter iſt ſehr häufig ranzig. Viele Jungens ſchmieren ſie dann untern Tiſch oder ſchnippen ſie mit dem Meſſer an die Decke. Dann fällt ſie manchmal nächſten Tag in die Suppe. Weshalb es ein Unfug iſt und man Schellen kriegt, wenns gemerkt wird. Natürlich wagen ſichs blos die Großen. Im Winter ſoll die Butter auch von vielen Jungens geſammelt werden, und ſie machen dann abends auf dem Ofen im Arbeitszimmer Butterbäbe draus mit geriebenen Brot. Das muß fein ſchmecken. Dann gehts wieder naus zum Spielen und dann iſt Arbeitsſtunde oder Selbſt¬ beſchäftigung, wobei Briefe geſchrieben werden oder ſonſt welcher Unſinn gemacht wird, weil kein In¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0042"n="28"/><fwplace="top"type="header">Stilpe.<lb/></fw><divtype="letter"><openerrendition="#c">Liebe, gute Mama!</opener><lb/><p>Ich habe furchtbar lachen müſſen, weil Du<lb/>ſchreibſt, ob es nicht recht wehthut, wenn der<lb/>
Herr Inſpektor auf die Hoſen kloppt. Du denkſt<lb/>
wol, wir haben ſie an, wenn er kloppt? Nein,<lb/>
das ſind die andern, die erſte Garnitur, die ge¬<lb/>
kloppt werden. Nun will ich aber endlich ſchreiben,<lb/>
was abends gemacht wird. Da wird erſtens<lb/>
Abendbrot gegeſſen, wobei auch Biertrinken ſtatt¬<lb/>
findet. Es iſt aber natürlich blos einfaches. Da¬<lb/>
zu giebt es Brot und Butter oder Fett. Fett iſt<lb/>
mir lieber, denn die Butter iſt ſehr häufig ranzig.<lb/>
Viele Jungens ſchmieren ſie dann untern Tiſch oder<lb/>ſchnippen ſie mit dem Meſſer an die Decke. Dann<lb/>
fällt ſie manchmal nächſten Tag in die Suppe.<lb/>
Weshalb es ein Unfug iſt und man Schellen kriegt,<lb/>
wenns gemerkt wird. Natürlich wagen ſichs blos<lb/>
die Großen. Im Winter ſoll die Butter auch von<lb/>
vielen Jungens geſammelt werden, und ſie machen<lb/>
dann abends auf dem Ofen im Arbeitszimmer<lb/>
Butterbäbe draus mit geriebenen Brot. Das muß<lb/>
fein ſchmecken. Dann gehts wieder naus zum<lb/>
Spielen und dann iſt Arbeitsſtunde oder Selbſt¬<lb/>
beſchäftigung, wobei Briefe geſchrieben werden oder<lb/>ſonſt welcher Unſinn gemacht wird, weil kein In¬<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[28/0042]
Stilpe.
Liebe, gute Mama!
Ich habe furchtbar lachen müſſen, weil Du
ſchreibſt, ob es nicht recht wehthut, wenn der
Herr Inſpektor auf die Hoſen kloppt. Du denkſt
wol, wir haben ſie an, wenn er kloppt? Nein,
das ſind die andern, die erſte Garnitur, die ge¬
kloppt werden. Nun will ich aber endlich ſchreiben,
was abends gemacht wird. Da wird erſtens
Abendbrot gegeſſen, wobei auch Biertrinken ſtatt¬
findet. Es iſt aber natürlich blos einfaches. Da¬
zu giebt es Brot und Butter oder Fett. Fett iſt
mir lieber, denn die Butter iſt ſehr häufig ranzig.
Viele Jungens ſchmieren ſie dann untern Tiſch oder
ſchnippen ſie mit dem Meſſer an die Decke. Dann
fällt ſie manchmal nächſten Tag in die Suppe.
Weshalb es ein Unfug iſt und man Schellen kriegt,
wenns gemerkt wird. Natürlich wagen ſichs blos
die Großen. Im Winter ſoll die Butter auch von
vielen Jungens geſammelt werden, und ſie machen
dann abends auf dem Ofen im Arbeitszimmer
Butterbäbe draus mit geriebenen Brot. Das muß
fein ſchmecken. Dann gehts wieder naus zum
Spielen und dann iſt Arbeitsſtunde oder Selbſt¬
beſchäftigung, wobei Briefe geſchrieben werden oder
ſonſt welcher Unſinn gemacht wird, weil kein In¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Bierbaum, Otto Julius: Stilpe. Ein Roman aus der Froschperspektive. Berlin, 1897, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bierbaum_stilpe_1897/42>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.