1) wenn sie ihre Urkunden anders als in die dazu bestimmten Register schreiben; 2) wenn sie die Heirathsurkunde einer schon verehelicht gewesenen Frau vor dem Ablaufe der in dem Artikel 228. des Civilgesetzbuchs festge- setzten Frist aufnehmen; 3) wenn sie in Fällen, in denen zur Gültigkeit der Ehe die Einwilligung der Eltern oder anderer Personen erforderlich ist, die Heirathsurkunde aufnehmen, ohne sich vorher von dem Dasein dieser Einwilligung über- zeugt zu haben.
Die Anwendbarkeit der Bestimmungen in Nr. 2. und 3. ist nicht dadurch bedingt, daß die Gültigkeit der Ehe angefochten wird.
§. 5.
Geistliche und andere Religionsdiener, welche zu den religiösen Feierlich- keiten einer Heirath schreiten, ohne daß ihnen nachgewiesen ist, daß vorher eine Heirathsurkunde von dem Civilstandsbeamten aufgenommen worden sei, werden mit Geldbuße bis zu Einhundert Thalern, im zweiten Rückfalle mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft.
§. 6.
Wer einer Entbindung beigewohnt oder ein neugeborenes Kind gefunden hat, und die ihm durch die Civilgesetze auferlegte Anmeldung nicht innerhalb der in denselben vorgeschriebenen Frist bewirkt, wird mit Geldbuße bis zu Einhundert Thalern oder Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft.
Die vorstehenden Bestimmungen, welche verschiedene Gegenstände betreffen, beziehen sich ausschließlich auf das im Bezirke des Rheinischen Appellationsgerichtshofes geltende Recht.
A. Bereits in dem Entwurf des Einführungsgesetzes von 1847. §. XVII. war auf den Vorschlag der zu der Staatsraths-Kommission hinzugezogenen Rheinischen Juristen vorgeschrieben, daß die Verjährung der Civilklagen aus strafbaren Handlungen in den nämlichen Zeiträu- men eintreten solle, welche für die Verjährung der öffentlichen Klagen aus solchen Handlungen in dem Strafgesetzbuche bestimmt sind. t) Der Art. XII. §. 1. wiederholt diese Vorschrift, für welche Gründe der Zweckmäßigkeit sprechen; für beide Arten der Klagen galt nämlich früher nach Rheinischem Rechte dieselbe Verjährungsfrist, u) und da diese für die öffentlichen Klagen im Strafgesetzbuch wesentlich erweitert ist, so schien es angemessen, eine gleiche Veränderung auch für die Civilklagen eintreten zu lassen. Einer ausdrücklichen Aufhebung der betreffenden
t)Fernere Verhandlungen der Staatsraths-Kommission von 1847. S. 39. -- Vierte Beilage ebendas. S. 26. 27.
u)Code d'instruction crim. Art. 637-43.
Artikel XII.
1) wenn ſie ihre Urkunden anders als in die dazu beſtimmten Regiſter ſchreiben; 2) wenn ſie die Heirathsurkunde einer ſchon verehelicht geweſenen Frau vor dem Ablaufe der in dem Artikel 228. des Civilgeſetzbuchs feſtge- ſetzten Friſt aufnehmen; 3) wenn ſie in Fällen, in denen zur Gültigkeit der Ehe die Einwilligung der Eltern oder anderer Perſonen erforderlich iſt, die Heirathsurkunde aufnehmen, ohne ſich vorher von dem Daſein dieſer Einwilligung über- zeugt zu haben.
Die Anwendbarkeit der Beſtimmungen in Nr. 2. und 3. iſt nicht dadurch bedingt, daß die Gültigkeit der Ehe angefochten wird.
§. 5.
Geiſtliche und andere Religionsdiener, welche zu den religiöſen Feierlich- keiten einer Heirath ſchreiten, ohne daß ihnen nachgewieſen iſt, daß vorher eine Heirathsurkunde von dem Civilſtandsbeamten aufgenommen worden ſei, werden mit Geldbuße bis zu Einhundert Thalern, im zweiten Rückfalle mit Gefängniß bis zu drei Monaten beſtraft.
§. 6.
Wer einer Entbindung beigewohnt oder ein neugeborenes Kind gefunden hat, und die ihm durch die Civilgeſetze auferlegte Anmeldung nicht innerhalb der in denſelben vorgeſchriebenen Friſt bewirkt, wird mit Geldbuße bis zu Einhundert Thalern oder Gefängniß bis zu ſechs Monaten beſtraft.
Die vorſtehenden Beſtimmungen, welche verſchiedene Gegenſtände betreffen, beziehen ſich ausſchließlich auf das im Bezirke des Rheiniſchen Appellationsgerichtshofes geltende Recht.
A. Bereits in dem Entwurf des Einführungsgeſetzes von 1847. §. XVII. war auf den Vorſchlag der zu der Staatsraths-Kommiſſion hinzugezogenen Rheiniſchen Juriſten vorgeſchrieben, daß die Verjährung der Civilklagen aus ſtrafbaren Handlungen in den nämlichen Zeiträu- men eintreten ſolle, welche für die Verjährung der öffentlichen Klagen aus ſolchen Handlungen in dem Strafgeſetzbuche beſtimmt ſind. t) Der Art. XII. §. 1. wiederholt dieſe Vorſchrift, für welche Gründe der Zweckmäßigkeit ſprechen; für beide Arten der Klagen galt nämlich früher nach Rheiniſchem Rechte dieſelbe Verjährungsfriſt, u) und da dieſe für die öffentlichen Klagen im Strafgeſetzbuch weſentlich erweitert iſt, ſo ſchien es angemeſſen, eine gleiche Veränderung auch für die Civilklagen eintreten zu laſſen. Einer ausdrücklichen Aufhebung der betreffenden
t)Fernere Verhandlungen der Staatsraths-Kommiſſion von 1847. S. 39. — Vierte Beilage ebendaſ. S. 26. 27.
u)Code d'instruction crim. Art. 637-43.
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1) wenn ſie ihre Urkunden anders als in die dazu beſtimmten Regiſter
ſchreiben;
2) wenn ſie die Heirathsurkunde einer ſchon verehelicht geweſenen Frau
vor dem Ablaufe der in dem Artikel 228. des Civilgeſetzbuchs feſtge-
ſetzten Friſt aufnehmen;
3) wenn ſie in Fällen, in denen zur Gültigkeit der Ehe die Einwilligung
der Eltern oder anderer Perſonen erforderlich iſt, die Heirathsurkunde
aufnehmen, ohne ſich vorher von dem Daſein dieſer Einwilligung über-
zeugt zu haben.
Die Anwendbarkeit der Beſtimmungen in Nr. 2. und 3. iſt nicht dadurch
bedingt, daß die Gültigkeit der Ehe angefochten wird.
§. 5.
Geiſtliche und andere Religionsdiener, welche zu den religiöſen Feierlich-
keiten einer Heirath ſchreiten, ohne daß ihnen nachgewieſen iſt, daß vorher
eine Heirathsurkunde von dem Civilſtandsbeamten aufgenommen worden ſei,
werden mit Geldbuße bis zu Einhundert Thalern, im zweiten Rückfalle mit
Gefängniß bis zu drei Monaten beſtraft.
§. 6.
Wer einer Entbindung beigewohnt oder ein neugeborenes Kind gefunden
hat, und die ihm durch die Civilgeſetze auferlegte Anmeldung nicht innerhalb
der in denſelben vorgeſchriebenen Friſt bewirkt, wird mit Geldbuße bis zu
Einhundert Thalern oder Gefängniß bis zu ſechs Monaten beſtraft.
Die vorſtehenden Beſtimmungen, welche verſchiedene Gegenſtände
betreffen, beziehen ſich ausſchließlich auf das im Bezirke des Rheiniſchen
Appellationsgerichtshofes geltende Recht.
A. Bereits in dem Entwurf des Einführungsgeſetzes von 1847.
§. XVII. war auf den Vorſchlag der zu der Staatsraths-Kommiſſion
hinzugezogenen Rheiniſchen Juriſten vorgeſchrieben, daß die Verjährung
der Civilklagen aus ſtrafbaren Handlungen in den nämlichen Zeiträu-
men eintreten ſolle, welche für die Verjährung der öffentlichen Klagen
aus ſolchen Handlungen in dem Strafgeſetzbuche beſtimmt ſind. t) Der
Art. XII. §. 1. wiederholt dieſe Vorſchrift, für welche Gründe der
Zweckmäßigkeit ſprechen; für beide Arten der Klagen galt nämlich früher
nach Rheiniſchem Rechte dieſelbe Verjährungsfriſt, u) und da dieſe für
die öffentlichen Klagen im Strafgeſetzbuch weſentlich erweitert iſt, ſo
ſchien es angemeſſen, eine gleiche Veränderung auch für die Civilklagen
eintreten zu laſſen. Einer ausdrücklichen Aufhebung der betreffenden
t) Fernere Verhandlungen der Staatsraths-Kommiſſion von
1847. S. 39. — Vierte Beilage ebendaſ. S. 26. 27.
u) Code d'instruction crim. Art. 637-43.
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Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 615. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/625>, abgerufen am 16.07.2024.
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