Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

Bild:
<< vorherige Seite
Th. III. V. d. Uebertretungen. Tit. I. Bestraf. d. Uebertretungen im Allg.
§. 339.

Die Uebertretungen verjähren, soweit nicht das Gesetz ein Anderes bestimmt
(§. 343.), in drei Monaten von dem Tage gerechnet, an welchem sie began-
gen sind.

Wenn die Verjährung unterbrochen wird, die Untersuchung aber nicht zur
rechtskräftigen Verurtheilung führt, so beginnt eine neue Verjährung nach der
letzten gerichtlichen Handlung.

Jeder Antrag und jede sonstige Handlung der Staatsanwaltschaft, sowie
jeder Beschluß und jede sonstige Handlung des Richters, welche die Eröffnung,
Fortsetzung oder Beendigung der Untersuchung betrifft, unterbricht die Ver-
jährung.



Die allgemeinen Vorschriften des ersten Theils beziehen sich nur
auf die Verbrechen und Vergehen, und es fragt sich daher, in wieweit
sie auch auf die Uebertretungen ihre Anwendung finden können. Der
Entwurf von 1847. hatte dem vorgesehen, indem er verfügte:

§. 418. "Auf die Polizeivergehen und deren Bestrafung sind die
im ersten Theile von den Verbrechen und deren Bestrafung gegebenen
allgemeinen Vorschriften anzuwenden, jedoch mit den nachfolgenden Ab-
weichungen."

Eine solche Bestimmung fehlt in dem Strafgesetzbuch, welches nur
über einzelne Gegenstände des allgemeinen Theils in Betreff ihres Ver-
hältnisses zu den Uebertretungen Vorschriften aufgestellt hat. Die ein-
zelnen Lehren werden daher in dieser Beziehung einer besonderen Erwä-
gung zu unterziehen sein. Die einleitenden Bestimmungen (§§. 1-6.),
welche auch für die Uebertretungen gelten, bedürfen hier keiner weiteren
Erörterung; wegen der im Auslande begangenen Uebertretungen ist ins-
besondere auf §. 4. Abs. 3. zu verweisen.

I. Ueber die Strafen der Uebertretungen und deren Verhältniß zu
den Bestimmungen des Th. I. Tit. 1. des Gesetzbuchs ist schon vorher
gehandelt worden.

II. Der Versuch der Uebertretungen ist straflos (§. 336. Abs. 1.).

III. Ueber die Theilnahme finden sich keine Bestimmungen; da
aber ein Strafgesetz streng auszulegen und eine analoge Ausdehnung
nicht zulässig ist, so muß angenommen werden, daß weder die Theil-
nahme, noch die Begünstigung bei Uebertretungen bestraft werden kann,
und nur den Thäter oder die Thäter die gesetzliche Strafe trifft. Der
Entwurf von 1847. §. 442. stellte ihnen noch die Anstifter und Ge-
hülfen gleich, die vorberathende Abtheilung des ständischen Ausschusses
trug auf Entfernung dieser Bestimmung an, da es sich hier um Fälle
handle, wo keine eigentliche Rechtsverletzung vorliege, sondern es sich

Th. III. V. d. Uebertretungen. Tit. I. Beſtraf. d. Uebertretungen im Allg.
§. 339.

Die Uebertretungen verjähren, ſoweit nicht das Geſetz ein Anderes beſtimmt
(§. 343.), in drei Monaten von dem Tage gerechnet, an welchem ſie began-
gen ſind.

Wenn die Verjährung unterbrochen wird, die Unterſuchung aber nicht zur
rechtskräftigen Verurtheilung führt, ſo beginnt eine neue Verjährung nach der
letzten gerichtlichen Handlung.

Jeder Antrag und jede ſonſtige Handlung der Staatsanwaltſchaft, ſowie
jeder Beſchluß und jede ſonſtige Handlung des Richters, welche die Eröffnung,
Fortſetzung oder Beendigung der Unterſuchung betrifft, unterbricht die Ver-
jährung.



Die allgemeinen Vorſchriften des erſten Theils beziehen ſich nur
auf die Verbrechen und Vergehen, und es fragt ſich daher, in wieweit
ſie auch auf die Uebertretungen ihre Anwendung finden können. Der
Entwurf von 1847. hatte dem vorgeſehen, indem er verfügte:

§. 418. „Auf die Polizeivergehen und deren Beſtrafung ſind die
im erſten Theile von den Verbrechen und deren Beſtrafung gegebenen
allgemeinen Vorſchriften anzuwenden, jedoch mit den nachfolgenden Ab-
weichungen.“

Eine ſolche Beſtimmung fehlt in dem Strafgeſetzbuch, welches nur
über einzelne Gegenſtände des allgemeinen Theils in Betreff ihres Ver-
hältniſſes zu den Uebertretungen Vorſchriften aufgeſtellt hat. Die ein-
zelnen Lehren werden daher in dieſer Beziehung einer beſonderen Erwä-
gung zu unterziehen ſein. Die einleitenden Beſtimmungen (§§. 1-6.),
welche auch für die Uebertretungen gelten, bedürfen hier keiner weiteren
Erörterung; wegen der im Auslande begangenen Uebertretungen iſt ins-
beſondere auf §. 4. Abſ. 3. zu verweiſen.

I. Ueber die Strafen der Uebertretungen und deren Verhältniß zu
den Beſtimmungen des Th. I. Tit. 1. des Geſetzbuchs iſt ſchon vorher
gehandelt worden.

II. Der Verſuch der Uebertretungen iſt ſtraflos (§. 336. Abſ. 1.).

III. Ueber die Theilnahme finden ſich keine Beſtimmungen; da
aber ein Strafgeſetz ſtreng auszulegen und eine analoge Ausdehnung
nicht zuläſſig iſt, ſo muß angenommen werden, daß weder die Theil-
nahme, noch die Begünſtigung bei Uebertretungen beſtraft werden kann,
und nur den Thäter oder die Thäter die geſetzliche Strafe trifft. Der
Entwurf von 1847. §. 442. ſtellte ihnen noch die Anſtifter und Ge-
hülfen gleich, die vorberathende Abtheilung des ſtändiſchen Ausſchuſſes
trug auf Entfernung dieſer Beſtimmung an, da es ſich hier um Fälle
handle, wo keine eigentliche Rechtsverletzung vorliege, ſondern es ſich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0586" n="576"/>
            <fw place="top" type="header">Th. III. V. d. Uebertretungen. Tit. I. Be&#x017F;traf. d.        Uebertretungen im Allg.</fw><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 339.</head><lb/>
              <div n="5">
                <head/>
                <p>Die Uebertretungen verjähren, &#x017F;oweit nicht das Ge&#x017F;etz ein Anderes          be&#x017F;timmt<lb/>
(§. 343.), in drei Monaten von dem Tage gerechnet, an welchem          &#x017F;ie began-<lb/>
gen &#x017F;ind.</p><lb/>
                <p>Wenn die Verjährung unterbrochen wird, die Unter&#x017F;uchung aber nicht          zur<lb/>
rechtskräftigen Verurtheilung führt, &#x017F;o beginnt eine neue Verjährung          nach der<lb/>
letzten gerichtlichen Handlung.</p><lb/>
                <p>Jeder Antrag und jede &#x017F;on&#x017F;tige Handlung der          Staatsanwalt&#x017F;chaft, &#x017F;owie<lb/>
jeder Be&#x017F;chluß und jede          &#x017F;on&#x017F;tige Handlung des Richters, welche die          Eröffnung,<lb/>
Fort&#x017F;etzung oder Beendigung der Unter&#x017F;uchung betrifft,          unterbricht die Ver-<lb/>
jährung.</p>
              </div><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
              <div n="5">
                <head/>
                <p>Die allgemeinen Vor&#x017F;chriften des er&#x017F;ten Theils beziehen          &#x017F;ich nur<lb/>
auf die Verbrechen und Vergehen, und es fragt &#x017F;ich          daher, in wieweit<lb/>
&#x017F;ie auch auf die Uebertretungen ihre Anwendung finden          können. Der<lb/>
Entwurf von 1847. hatte dem vorge&#x017F;ehen, indem er verfügte:</p><lb/>
                <p>§. 418. &#x201E;Auf die Polizeivergehen und deren Be&#x017F;trafung          &#x017F;ind die<lb/>
im er&#x017F;ten Theile von den Verbrechen und deren          Be&#x017F;trafung gegebenen<lb/>
allgemeinen Vor&#x017F;chriften anzuwenden, jedoch          mit den nachfolgenden Ab-<lb/>
weichungen.&#x201C;</p><lb/>
                <p>Eine &#x017F;olche Be&#x017F;timmung fehlt in dem Strafge&#x017F;etzbuch,          welches nur<lb/>
über einzelne Gegen&#x017F;tände des allgemeinen Theils in Betreff          ihres Ver-<lb/>
hältni&#x017F;&#x017F;es zu den Uebertretungen          Vor&#x017F;chriften aufge&#x017F;tellt hat. Die ein-<lb/>
zelnen Lehren werden daher          in die&#x017F;er Beziehung einer be&#x017F;onderen Erwä-<lb/>
gung zu unterziehen          &#x017F;ein. Die einleitenden Be&#x017F;timmungen (§§. 1-6.),<lb/>
welche auch für          die Uebertretungen gelten, bedürfen hier keiner weiteren<lb/>
Erörterung; wegen der im          Auslande begangenen Uebertretungen i&#x017F;t ins-<lb/>
be&#x017F;ondere auf §. 4.          Ab&#x017F;. 3. zu verwei&#x017F;en.</p><lb/>
                <p>I. Ueber die Strafen der Uebertretungen und deren Verhältniß zu<lb/>
den          Be&#x017F;timmungen des Th. I. Tit. 1. des Ge&#x017F;etzbuchs i&#x017F;t          &#x017F;chon vorher<lb/>
gehandelt worden.</p><lb/>
                <p>II. Der Ver&#x017F;uch der Uebertretungen i&#x017F;t &#x017F;traflos (§. 336.          Ab&#x017F;. 1.).</p><lb/>
                <p>III. Ueber die Theilnahme finden &#x017F;ich keine Be&#x017F;timmungen;          da<lb/>
aber ein Strafge&#x017F;etz &#x017F;treng auszulegen und eine analoge          Ausdehnung<lb/>
nicht zulä&#x017F;&#x017F;ig i&#x017F;t, &#x017F;o muß          angenommen werden, daß weder die Theil-<lb/>
nahme, noch die Begün&#x017F;tigung bei          Uebertretungen be&#x017F;traft werden kann,<lb/>
und nur den Thäter oder die Thäter die          ge&#x017F;etzliche Strafe trifft. Der<lb/>
Entwurf von 1847. §. 442. &#x017F;tellte          ihnen noch die An&#x017F;tifter und Ge-<lb/>
hülfen gleich, die vorberathende Abtheilung          des &#x017F;tändi&#x017F;chen Aus&#x017F;chu&#x017F;&#x017F;es<lb/>
trug          auf Entfernung die&#x017F;er Be&#x017F;timmung an, da es &#x017F;ich hier um          Fälle<lb/>
handle, wo keine eigentliche Rechtsverletzung vorliege, &#x017F;ondern es           &#x017F;ich<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[576/0586] Th. III. V. d. Uebertretungen. Tit. I. Beſtraf. d. Uebertretungen im Allg. §. 339. Die Uebertretungen verjähren, ſoweit nicht das Geſetz ein Anderes beſtimmt (§. 343.), in drei Monaten von dem Tage gerechnet, an welchem ſie began- gen ſind. Wenn die Verjährung unterbrochen wird, die Unterſuchung aber nicht zur rechtskräftigen Verurtheilung führt, ſo beginnt eine neue Verjährung nach der letzten gerichtlichen Handlung. Jeder Antrag und jede ſonſtige Handlung der Staatsanwaltſchaft, ſowie jeder Beſchluß und jede ſonſtige Handlung des Richters, welche die Eröffnung, Fortſetzung oder Beendigung der Unterſuchung betrifft, unterbricht die Ver- jährung. Die allgemeinen Vorſchriften des erſten Theils beziehen ſich nur auf die Verbrechen und Vergehen, und es fragt ſich daher, in wieweit ſie auch auf die Uebertretungen ihre Anwendung finden können. Der Entwurf von 1847. hatte dem vorgeſehen, indem er verfügte: §. 418. „Auf die Polizeivergehen und deren Beſtrafung ſind die im erſten Theile von den Verbrechen und deren Beſtrafung gegebenen allgemeinen Vorſchriften anzuwenden, jedoch mit den nachfolgenden Ab- weichungen.“ Eine ſolche Beſtimmung fehlt in dem Strafgeſetzbuch, welches nur über einzelne Gegenſtände des allgemeinen Theils in Betreff ihres Ver- hältniſſes zu den Uebertretungen Vorſchriften aufgeſtellt hat. Die ein- zelnen Lehren werden daher in dieſer Beziehung einer beſonderen Erwä- gung zu unterziehen ſein. Die einleitenden Beſtimmungen (§§. 1-6.), welche auch für die Uebertretungen gelten, bedürfen hier keiner weiteren Erörterung; wegen der im Auslande begangenen Uebertretungen iſt ins- beſondere auf §. 4. Abſ. 3. zu verweiſen. I. Ueber die Strafen der Uebertretungen und deren Verhältniß zu den Beſtimmungen des Th. I. Tit. 1. des Geſetzbuchs iſt ſchon vorher gehandelt worden. II. Der Verſuch der Uebertretungen iſt ſtraflos (§. 336. Abſ. 1.). III. Ueber die Theilnahme finden ſich keine Beſtimmungen; da aber ein Strafgeſetz ſtreng auszulegen und eine analoge Ausdehnung nicht zuläſſig iſt, ſo muß angenommen werden, daß weder die Theil- nahme, noch die Begünſtigung bei Uebertretungen beſtraft werden kann, und nur den Thäter oder die Thäter die geſetzliche Strafe trifft. Der Entwurf von 1847. §. 442. ſtellte ihnen noch die Anſtifter und Ge- hülfen gleich, die vorberathende Abtheilung des ſtändiſchen Ausſchuſſes trug auf Entfernung dieſer Beſtimmung an, da es ſich hier um Fälle handle, wo keine eigentliche Rechtsverletzung vorliege, ſondern es ſich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/586
Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 576. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/586>, abgerufen am 21.12.2024.