Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851.

Bild:
<< vorherige Seite

§§. 7. 8. 9. Die Todesstrafe.
chen, sondern nur die Basis ihrer Beschlüsse über die Freiheitsstrafen
bestimmt bezeichnen.

§. 7.

Die Todesstrafe ist durch Enthauptung zu vollstrecken.

Mit der Todesstrafe ist zugleich auf den Verlust der bürgerlichen Ehre zu
erkennen, wenn dies entweder für einzelne Fälle im Gesetz ausdrücklich bestimmt
ist, oder wenn festgestellt wird, daß das mit der Todesstrafe bedrohte Ver-
brechen unter besonders erschwerenden Umständen begangen worden ist.

§. 8.

Die Vollstreckung der Todesstrafe soll in einem
umschlossenen Raume, ent-
weder auf einem Platze innerhalb der Mauern der Gefangenanstalt oder auf
einem anderen abgeschlossenen Platze stattfinden.

Bei der Hinrichtung sollen zugegen sein: mindestens zwei Mitglieder des
Gerichts erster Instanz, ein Beamter der Staatsanwaltschaft, ein Gerichts-
schreiber und ein oberer Gefängnißbeamter. Von der Hinrichtung ist dem
Gemeinde-Vorstande des Orts, in welchem solche stattfindet, Nachricht zu er-
theilen; derselbe hat zwölf Personen aus den Vertretern der Gemeinde oder
aus anderen achtbaren Mitgliedern der Gemeinde abzuordnen, um der Hin-
richtung beizuwohnen.

Außerdem ist einem Geistlichen von der Konfession des Verurtheilten der
Zutritt zu gestatten.

Auch ist dem Vertheidiger und aus besonderen Gründen anderen Personen
der Zutritt zu gewähren.

Die Vollstreckung des Todesurtheils wird durch das Läuten einer Glocke
angekündigt, welches bis zum Schlusse der Hinrichtung andauert.

§. 9.

Der Leichnam des Hingerichteten ist seinen Angehörigen auf ihr Verlangen
zur einfachen, ohne Feierlichkeiten irgend einer Art vorzunehmenden Beerdigung
zu verabfolgen.



Die Rechtmäßigkeit der Todesstrafe ist in neuerer Zeit häufig der
Gegenstand philosophischer Untersuchungen gewesen, und auch vom
Standpunkte der Politik hat man sie gründlich geprüft. w) Wer durch
sein Gefühl gehindert wird, die Todesstrafe principiell für rechtmäßig
zu halten, und doch nicht vermag, sie für entbehrlich zu erklären, der
kann hier ein Problem finden, ähnlich wie bei der Frage über die

w) Mit Beziehung auf das Strafgesetzbuch ist die Frage besonders erwogen im
Königlichen Staatsrath (Protokolle, Sitzung vom 18. und 21. Dec. 1839.), und in
dem vereinigten ständischen Ausschuß; s. Verhandlungen II. S. 117-174. -- Vgl.
überhaupt den lehrreichen Aufsatz im Justiz-Ministerial-Blatt von 1848.,
S. 247-58.

§§. 7. 8. 9. Die Todesſtrafe.
chen, ſondern nur die Baſis ihrer Beſchlüſſe über die Freiheitsſtrafen
beſtimmt bezeichnen.

§. 7.

Die Todesſtrafe iſt durch Enthauptung zu vollſtrecken.

Mit der Todesſtrafe iſt zugleich auf den Verluſt der bürgerlichen Ehre zu
erkennen, wenn dies entweder für einzelne Fälle im Geſetz ausdrücklich beſtimmt
iſt, oder wenn feſtgeſtellt wird, daß das mit der Todesſtrafe bedrohte Ver-
brechen unter beſonders erſchwerenden Umſtänden begangen worden iſt.

§. 8.

Die Vollſtreckung der Todesſtrafe ſoll in einem
umſchloſſenen Raume, ent-
weder auf einem Platze innerhalb der Mauern der Gefangenanſtalt oder auf
einem anderen abgeſchloſſenen Platze ſtattfinden.

Bei der Hinrichtung ſollen zugegen ſein: mindeſtens zwei Mitglieder des
Gerichts erſter Inſtanz, ein Beamter der Staatsanwaltſchaft, ein Gerichts-
ſchreiber und ein oberer Gefängnißbeamter. Von der Hinrichtung iſt dem
Gemeinde-Vorſtande des Orts, in welchem ſolche ſtattfindet, Nachricht zu er-
theilen; derſelbe hat zwölf Perſonen aus den Vertretern der Gemeinde oder
aus anderen achtbaren Mitgliedern der Gemeinde abzuordnen, um der Hin-
richtung beizuwohnen.

Außerdem iſt einem Geiſtlichen von der Konfeſſion des Verurtheilten der
Zutritt zu geſtatten.

Auch iſt dem Vertheidiger und aus beſonderen Gründen anderen Perſonen
der Zutritt zu gewähren.

Die Vollſtreckung des Todesurtheils wird durch das Läuten einer Glocke
angekündigt, welches bis zum Schluſſe der Hinrichtung andauert.

§. 9.

Der Leichnam des Hingerichteten iſt ſeinen Angehörigen auf ihr Verlangen
zur einfachen, ohne Feierlichkeiten irgend einer Art vorzunehmenden Beerdigung
zu verabfolgen.



Die Rechtmäßigkeit der Todesſtrafe iſt in neuerer Zeit häufig der
Gegenſtand philoſophiſcher Unterſuchungen geweſen, und auch vom
Standpunkte der Politik hat man ſie gründlich geprüft. w) Wer durch
ſein Gefühl gehindert wird, die Todesſtrafe principiell für rechtmäßig
zu halten, und doch nicht vermag, ſie für entbehrlich zu erklären, der
kann hier ein Problem finden, ähnlich wie bei der Frage über die

w) Mit Beziehung auf das Strafgeſetzbuch iſt die Frage beſonders erwogen im
Königlichen Staatsrath (Protokolle, Sitzung vom 18. und 21. Dec. 1839.), und in
dem vereinigten ſtändiſchen Ausſchuß; ſ. Verhandlungen II. S. 117-174. — Vgl.
überhaupt den lehrreichen Aufſatz im Juſtiz-Miniſterial-Blatt von 1848.,
S. 247-58.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0101" n="91"/><fw place="top" type="header">§§. 7. 8. 9. Die Todes&#x017F;trafe.</fw><lb/>
chen,         &#x017F;ondern nur die Ba&#x017F;is ihrer         Be&#x017F;chlü&#x017F;&#x017F;e über die         Freiheits&#x017F;trafen<lb/>
be&#x017F;timmt bezeichnen.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 7.</head><lb/>
              <div n="5">
                <head/>
                <p>Die Todes&#x017F;trafe i&#x017F;t durch Enthauptung zu          voll&#x017F;trecken.</p><lb/>
                <p>Mit der Todes&#x017F;trafe i&#x017F;t zugleich auf den Verlu&#x017F;t der          bürgerlichen Ehre zu<lb/>
erkennen, wenn dies entweder für einzelne Fälle im          Ge&#x017F;etz ausdrücklich be&#x017F;timmt<lb/>
i&#x017F;t, oder wenn          fe&#x017F;tge&#x017F;tellt wird, daß das mit der Todes&#x017F;trafe bedrohte          Ver-<lb/>
brechen unter be&#x017F;onders er&#x017F;chwerenden Um&#x017F;tänden          begangen worden i&#x017F;t.</p>
              </div>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 8.</head><lb/>
              <div n="5">
                <head/>
                <p>Die Voll&#x017F;treckung der Todes&#x017F;trafe &#x017F;oll in          einem<lb/>
um&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Raume, ent-<lb/>
weder auf einem          Platze innerhalb der Mauern der Gefangenan&#x017F;talt oder auf<lb/>
einem anderen          abge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Platze &#x017F;tattfinden.</p><lb/>
                <p>Bei der Hinrichtung &#x017F;ollen zugegen &#x017F;ein: minde&#x017F;tens zwei          Mitglieder des<lb/>
Gerichts er&#x017F;ter In&#x017F;tanz, ein Beamter der          Staatsanwalt&#x017F;chaft, ein Gerichts-<lb/>
&#x017F;chreiber und ein oberer          Gefängnißbeamter. Von der Hinrichtung i&#x017F;t dem<lb/>
Gemeinde-Vor&#x017F;tande          des Orts, in welchem &#x017F;olche &#x017F;tattfindet, Nachricht zu          er-<lb/>
theilen; der&#x017F;elbe hat zwölf Per&#x017F;onen aus den Vertretern der          Gemeinde oder<lb/>
aus anderen achtbaren Mitgliedern der Gemeinde abzuordnen, um der          Hin-<lb/>
richtung beizuwohnen.</p><lb/>
                <p>Außerdem i&#x017F;t einem Gei&#x017F;tlichen von der          Konfe&#x017F;&#x017F;ion des Verurtheilten der<lb/>
Zutritt zu          ge&#x017F;tatten.</p><lb/>
                <p>Auch i&#x017F;t dem Vertheidiger und aus be&#x017F;onderen Gründen anderen          Per&#x017F;onen<lb/>
der Zutritt zu gewähren.</p><lb/>
                <p>Die Voll&#x017F;treckung des Todesurtheils wird durch das Läuten einer          Glocke<lb/>
angekündigt, welches bis zum Schlu&#x017F;&#x017F;e der Hinrichtung          andauert.</p>
              </div>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 9.</head><lb/>
              <div n="5">
                <head/>
                <p>Der Leichnam des Hingerichteten i&#x017F;t &#x017F;einen Angehörigen auf ihr          Verlangen<lb/>
zur einfachen, ohne Feierlichkeiten irgend einer Art vorzunehmenden          Beerdigung<lb/>
zu verabfolgen.</p>
              </div><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
              <div n="5">
                <head/>
                <p>Die Rechtmäßigkeit der Todes&#x017F;trafe i&#x017F;t in neuerer Zeit häufig          der<lb/>
Gegen&#x017F;tand philo&#x017F;ophi&#x017F;cher          Unter&#x017F;uchungen gewe&#x017F;en, und auch vom<lb/>
Standpunkte der Politik hat          man &#x017F;ie gründlich geprüft. <note place="foot" n="w)">Mit Beziehung auf das           Strafge&#x017F;etzbuch i&#x017F;t die Frage be&#x017F;onders erwogen im<lb/>
Königlichen Staatsrath (Protokolle, Sitzung vom 18. und 21. Dec. 1839.), und in<lb/>
dem           vereinigten &#x017F;tändi&#x017F;chen Aus&#x017F;chuß; &#x017F;.           Verhandlungen II. S. 117-174. &#x2014; Vgl.<lb/>
überhaupt den lehrreichen           Auf&#x017F;atz im <hi rendition="#g">Ju&#x017F;tiz-Mini&#x017F;terial-Blatt            von</hi> 1848.,<lb/>
S. 247-58.</note> Wer durch<lb/>
&#x017F;ein Gefühl gehindert          wird, die Todes&#x017F;trafe principiell für rechtmäßig<lb/>
zu halten, und doch nicht          vermag, &#x017F;ie für entbehrlich zu erklären, der<lb/>
kann hier ein Problem finden,          ähnlich wie bei der Frage über die<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[91/0101] §§. 7. 8. 9. Die Todesſtrafe. chen, ſondern nur die Baſis ihrer Beſchlüſſe über die Freiheitsſtrafen beſtimmt bezeichnen. §. 7. Die Todesſtrafe iſt durch Enthauptung zu vollſtrecken. Mit der Todesſtrafe iſt zugleich auf den Verluſt der bürgerlichen Ehre zu erkennen, wenn dies entweder für einzelne Fälle im Geſetz ausdrücklich beſtimmt iſt, oder wenn feſtgeſtellt wird, daß das mit der Todesſtrafe bedrohte Ver- brechen unter beſonders erſchwerenden Umſtänden begangen worden iſt. §. 8. Die Vollſtreckung der Todesſtrafe ſoll in einem umſchloſſenen Raume, ent- weder auf einem Platze innerhalb der Mauern der Gefangenanſtalt oder auf einem anderen abgeſchloſſenen Platze ſtattfinden. Bei der Hinrichtung ſollen zugegen ſein: mindeſtens zwei Mitglieder des Gerichts erſter Inſtanz, ein Beamter der Staatsanwaltſchaft, ein Gerichts- ſchreiber und ein oberer Gefängnißbeamter. Von der Hinrichtung iſt dem Gemeinde-Vorſtande des Orts, in welchem ſolche ſtattfindet, Nachricht zu er- theilen; derſelbe hat zwölf Perſonen aus den Vertretern der Gemeinde oder aus anderen achtbaren Mitgliedern der Gemeinde abzuordnen, um der Hin- richtung beizuwohnen. Außerdem iſt einem Geiſtlichen von der Konfeſſion des Verurtheilten der Zutritt zu geſtatten. Auch iſt dem Vertheidiger und aus beſonderen Gründen anderen Perſonen der Zutritt zu gewähren. Die Vollſtreckung des Todesurtheils wird durch das Läuten einer Glocke angekündigt, welches bis zum Schluſſe der Hinrichtung andauert. §. 9. Der Leichnam des Hingerichteten iſt ſeinen Angehörigen auf ihr Verlangen zur einfachen, ohne Feierlichkeiten irgend einer Art vorzunehmenden Beerdigung zu verabfolgen. Die Rechtmäßigkeit der Todesſtrafe iſt in neuerer Zeit häufig der Gegenſtand philoſophiſcher Unterſuchungen geweſen, und auch vom Standpunkte der Politik hat man ſie gründlich geprüft. w) Wer durch ſein Gefühl gehindert wird, die Todesſtrafe principiell für rechtmäßig zu halten, und doch nicht vermag, ſie für entbehrlich zu erklären, der kann hier ein Problem finden, ähnlich wie bei der Frage über die w) Mit Beziehung auf das Strafgeſetzbuch iſt die Frage beſonders erwogen im Königlichen Staatsrath (Protokolle, Sitzung vom 18. und 21. Dec. 1839.), und in dem vereinigten ſtändiſchen Ausſchuß; ſ. Verhandlungen II. S. 117-174. — Vgl. überhaupt den lehrreichen Aufſatz im Juſtiz-Miniſterial-Blatt von 1848., S. 247-58.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/101
Zitationshilfe: Beseler, Georg: Kommentar über das Strafgesetzbuch für die Preußischen Staaten. Leipzig, 1851, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beseler_kommentar_1851/101>, abgerufen am 21.12.2024.