Zeit von Leuten von bewährtem Glauben gehöret,) alß mein Bruder mich ihm zum einschreiben prae- sentirte, meynte zwar, zum Studiren wäre es mit mir zu späte, und zu lange geharret, weil ich schon 11. Jahr alt wäre; es war solches aber mir nur ein desto schärfferer Antrieb und Sporn, in der Schulen desto fleißiger zu seyn; welches ich auch that, und mit solchem Erfolg, daß ich binnen drey Jahren, vom fünfften bis in secundum Ordinem transferiret wurde.
Anno 1688. §. 10.
Jch weiß nicht mehr, ob in dem ersten, oder in dem andern Jahr, nachdem ich in die lateini- sche Schule gekommen, so hatte ich einen ver- drüßlichen Zufall auf eine Zeit lang, der mich im Gemüthe sehr plagte, und den ich beynahe vor die erste schwere Anfechtung halten möchte. Es ist bekannt, was die Leute, so doch Christen heißen und seyn wollen, vor eine schändliche Gewohnheit im gemeinen Leben an sich haben, daß sie, wenn sie nur das Maul aufthun, den Teufel im Munde haben, bey demselben, als ob er ihr GOtt wäre, schwören, und sich erklären, daß er sie holen solle, woferne sie nicht die Wahrheit reden. Jch er- schrecke noch vor diesem Schwur, so offt ich ihn höre, habe auch niemals ein Wohlgefallen daran
gehabt,
zu gehen, und uͤberwindet
Zeit von Leuten von bewaͤhrtem Glauben gehoͤret,) alß mein Bruder mich ihm zum einſchreiben præ- ſentirte, meynte zwar, zum Studiren waͤre es mit mir zu ſpaͤte, und zu lange geharret, weil ich ſchon 11. Jahr alt waͤre; es war ſolches aber mir nur ein deſto ſchaͤrfferer Antrieb und Sporn, in der Schulen deſto fleißiger zu ſeyn; welches ich auch that, und mit ſolchem Erfolg, daß ich binnen drey Jahren, vom fuͤnfften bis in ſecundum Ordinem transferiret wurde.
Anno 1688. §. 10.
Jch weiß nicht mehr, ob in dem erſten, oder in dem andern Jahr, nachdem ich in die lateini- ſche Schule gekommen, ſo hatte ich einen ver- druͤßlichen Zufall auf eine Zeit lang, der mich im Gemuͤthe ſehr plagte, und den ich beynahe vor die erſte ſchwere Anfechtung halten moͤchte. Es iſt bekannt, was die Leute, ſo doch Chriſten heißen und ſeyn wollen, vor eine ſchaͤndliche Gewohnheit im gemeinen Leben an ſich haben, daß ſie, wenn ſie nur das Maul aufthun, den Teufel im Munde haben, bey demſelben, als ob er ihr GOtt waͤre, ſchwoͤren, und ſich erklaͤren, daß er ſie holen ſolle, woferne ſie nicht die Wahrheit reden. Jch er- ſchrecke noch vor dieſem Schwur, ſo offt ich ihn hoͤre, habe auch niemals ein Wohlgefallen daran
gehabt,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0092"n="46"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">zu gehen, und uͤberwindet</hi></fw><lb/>
Zeit von Leuten von bewaͤhrtem Glauben gehoͤret,)<lb/>
alß mein Bruder mich ihm zum einſchreiben <hirendition="#aq">præ-<lb/>ſenti</hi>rte, meynte zwar, zum <hirendition="#aq">Studi</hi>ren waͤre es mit<lb/>
mir zu ſpaͤte, und zu lange geharret, weil ich ſchon<lb/>
11. Jahr alt waͤre; es war ſolches aber mir nur<lb/>
ein deſto ſchaͤrfferer Antrieb und Sporn, in der<lb/>
Schulen deſto fleißiger zu ſeyn; welches ich auch<lb/>
that, und mit ſolchem Erfolg, daß ich binnen drey<lb/>
Jahren, vom fuͤnfften bis in <hirendition="#aq">ſecundum Ordinem<lb/>
transferi</hi>ret wurde.</p></div><lb/><divn="1"><head><hirendition="#b"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">Anno</hi></hi> 1688.</hi><lb/>
§. 10.</head><lb/><p>Jch weiß nicht mehr, ob in dem erſten, oder<lb/>
in dem andern Jahr, nachdem ich in die lateini-<lb/>ſche Schule gekommen, ſo hatte ich einen ver-<lb/>
druͤßlichen Zufall auf eine Zeit lang, der mich im<lb/>
Gemuͤthe ſehr plagte, und den ich beynahe vor<lb/>
die erſte ſchwere Anfechtung halten moͤchte. Es<lb/>
iſt bekannt, was die Leute, ſo doch Chriſten heißen<lb/>
und ſeyn wollen, vor eine ſchaͤndliche Gewohnheit<lb/>
im gemeinen Leben an ſich haben, daß ſie, wenn<lb/>ſie nur das Maul aufthun, den Teufel im Munde<lb/>
haben, bey demſelben, als ob er ihr GOtt waͤre,<lb/>ſchwoͤren, und ſich erklaͤren, daß er ſie holen ſolle,<lb/>
woferne ſie nicht die Wahrheit reden. Jch er-<lb/>ſchrecke noch vor dieſem Schwur, ſo offt ich ihn<lb/>
hoͤre, habe auch niemals ein Wohlgefallen daran<lb/><fwplace="bottom"type="catch">gehabt,</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[46/0092]
zu gehen, und uͤberwindet
Zeit von Leuten von bewaͤhrtem Glauben gehoͤret,)
alß mein Bruder mich ihm zum einſchreiben præ-
ſentirte, meynte zwar, zum Studiren waͤre es mit
mir zu ſpaͤte, und zu lange geharret, weil ich ſchon
11. Jahr alt waͤre; es war ſolches aber mir nur
ein deſto ſchaͤrfferer Antrieb und Sporn, in der
Schulen deſto fleißiger zu ſeyn; welches ich auch
that, und mit ſolchem Erfolg, daß ich binnen drey
Jahren, vom fuͤnfften bis in ſecundum Ordinem
transferiret wurde.
Anno 1688.
§. 10.
Jch weiß nicht mehr, ob in dem erſten, oder
in dem andern Jahr, nachdem ich in die lateini-
ſche Schule gekommen, ſo hatte ich einen ver-
druͤßlichen Zufall auf eine Zeit lang, der mich im
Gemuͤthe ſehr plagte, und den ich beynahe vor
die erſte ſchwere Anfechtung halten moͤchte. Es
iſt bekannt, was die Leute, ſo doch Chriſten heißen
und ſeyn wollen, vor eine ſchaͤndliche Gewohnheit
im gemeinen Leben an ſich haben, daß ſie, wenn
ſie nur das Maul aufthun, den Teufel im Munde
haben, bey demſelben, als ob er ihr GOtt waͤre,
ſchwoͤren, und ſich erklaͤren, daß er ſie holen ſolle,
woferne ſie nicht die Wahrheit reden. Jch er-
ſchrecke noch vor dieſem Schwur, ſo offt ich ihn
hoͤre, habe auch niemals ein Wohlgefallen daran
gehabt,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/92>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.