warten solte. Des Tages hatte ich zwar auch offters großen Streit und Kummer, ob ich nicht aus Mißtrauen gegen GOtt sündigte, daß ich mich vor allen geringen Dingen fürchten, und es nicht auf GOttes Hülffe wolte ankommen lassen; ja manchmahl dachte ich gar: wem die- nest du denn, mit dieser deiner Furcht? GOtt dienest du nicht; denn der hat dir diese Dinge weder geboten noch verboten; so dienest du also wohl gar dem Teufel, den du dich hast zum Knecht und Sclaven ma- chen lassen, und bist beynahe dem gleich, von dem du neulich in einemJournalgelesen hast, der da klagte, daß er vom Teufel angefochten würde, und der, wenn er aß, etwas von seiner Speise muste auf den Bo- den tragen, gleichsam dem Teufel auch et- was vorzusetzen, wolte er anders nicht lau- ter Angst und Unruhe haben. Doch wie gedacht, weil ich so gar sehr den Grund von die- sen Dingen in der kräncklichen Disposition mei- nes Miltzes fand, so war die Furcht GOtt zu versuchen bey mir größer, als die Furcht auf GOtt nicht zu vertrauen.
§. 163.
Nun Himmelfahrt und Pfingsten war wie- derum die gesegnete Zeit, da GOtt mein Gebet erhörete, und mir Krafft und Stärcke gab, viel
Dinge
anders zu ſetzen, und zu legen
warten ſolte. Des Tages hatte ich zwar auch offters großen Streit und Kummer, ob ich nicht aus Mißtrauen gegen GOtt ſuͤndigte, daß ich mich vor allen geringen Dingen fuͤrchten, und es nicht auf GOttes Huͤlffe wolte ankommen laſſen; ja manchmahl dachte ich gar: wem die- neſt du denn, mit dieſer deiner Furcht? GOtt dieneſt du nicht; denn der hat dir dieſe Dinge weder geboten noch verboten; ſo dieneſt du alſo wohl gar dem Teufel, den du dich haſt zum Knecht und Sclaven ma- chen laſſen, und biſt beynahe dem gleich, von dem du neulich in einemJournalgeleſen haſt, der da klagte, daß er vom Teufel angefochten wuͤrde, und der, wenn er aß, etwas von ſeiner Speiſe muſte auf den Bo- den tragen, gleichſam dem Teufel auch et- was vorzuſetzen, wolte er anders nicht lau- ter Angſt und Unruhe haben. Doch wie gedacht, weil ich ſo gar ſehr den Grund von die- ſen Dingen in der kraͤncklichen Diſpoſition mei- nes Miltzes fand, ſo war die Furcht GOtt zu verſuchen bey mir groͤßer, als die Furcht auf GOtt nicht zu vertrauen.
§. 163.
Nun Himmelfahrt und Pfingſten war wie- derum die geſegnete Zeit, da GOtt mein Gebet erhoͤrete, und mir Krafft und Staͤrcke gab, viel
Dinge
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anders zu ſetzen, und zu legen
warten ſolte. Des Tages hatte ich zwar auch
offters großen Streit und Kummer, ob ich nicht
aus Mißtrauen gegen GOtt ſuͤndigte, daß ich
mich vor allen geringen Dingen fuͤrchten, und
es nicht auf GOttes Huͤlffe wolte ankommen
laſſen; ja manchmahl dachte ich gar: wem die-
neſt du denn, mit dieſer deiner Furcht?
GOtt dieneſt du nicht; denn der hat dir
dieſe Dinge weder geboten noch verboten;
ſo dieneſt du alſo wohl gar dem Teufel, den
du dich haſt zum Knecht und Sclaven ma-
chen laſſen, und biſt beynahe dem gleich,
von dem du neulich in einem Journal geleſen
haſt, der da klagte, daß er vom Teufel
angefochten wuͤrde, und der, wenn er aß,
etwas von ſeiner Speiſe muſte auf den Bo-
den tragen, gleichſam dem Teufel auch et-
was vorzuſetzen, wolte er anders nicht lau-
ter Angſt und Unruhe haben. Doch wie
gedacht, weil ich ſo gar ſehr den Grund von die-
ſen Dingen in der kraͤncklichen Diſpoſition mei-
nes Miltzes fand, ſo war die Furcht GOtt zu
verſuchen bey mir groͤßer, als die Furcht auf
GOtt nicht zu vertrauen.
§. 163.
Nun Himmelfahrt und Pfingſten war wie-
derum die geſegnete Zeit, da GOtt mein Gebet
erhoͤrete, und mir Krafft und Staͤrcke gab, viel
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 748. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/794>, abgerufen am 30.12.2024.
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