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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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Entgehet einem gefährlichen Hiebe
Anno 1685.
§. 8.

Jm 10ten Jahre meines Alters An. 1685.
hätte ich bey nahe jämmerlich um mein Leben
können kommen, wenn mich GOtt nicht behütet
hätte. Es lag bey uns ein Soldat von Bayeri-
schen Trouppen im Quartier, welche dasselbe
Jahr nach Ungarn gehen solten, die Festung Neu-
heusel
den Türcken wegzunehmen. Es ist eben
der Soldate, von dessen Weibe oder Kebs-Weibe
ich oben gesagt, daß sie, nachdem sie ihrem Manne
nach Ungarn nicht gefolget, unsere Religion an-
genommen. Wir konten mit diesem Soldaten
sonst noch ziemlich zu rechte kommen: er hatte
auch viel Vergnügen an mir, weil ich ihm so viel
aus der Bibel, und aus dem, was ich in der Schule
gelernet, herzusagen wuste. Er hatte aber einst
Besuch von andern Soldaten, und begab sich mit
ihnen auf den Boden in seine Schlaf-Cammer,
so unter dem Dache war. Meine Mutter war,
wie schon gedacht, ein furchtsam Weib; und, weil
sie mit mir gantz allein zu Hause war, und in Sor-
gen stand, sie möchten oben etwan Tabac rauchen,
und das Haus anstecken, so schickte sie mich ab,
daß ich sie behorchen und sehen solte, was sie mach-
ten. Jch that es, und guckte durch das Loch,
welches unten an der Thüre um der Katzen willen

gemacht
B 5
Entgehet einem gefaͤhrlichen Hiebe
Anno 1685.
§. 8.

Jm 10ten Jahre meines Alters An. 1685.
haͤtte ich bey nahe jaͤmmerlich um mein Leben
koͤnnen kommen, wenn mich GOtt nicht behuͤtet
haͤtte. Es lag bey uns ein Soldat von Bayeri-
ſchen Trouppen im Quartier, welche daſſelbe
Jahr nach Ungarn gehen ſolten, die Feſtung Neu-
heuſel
den Tuͤrcken wegzunehmen. Es iſt eben
der Soldate, von deſſen Weibe oder Kebs-Weibe
ich oben geſagt, daß ſie, nachdem ſie ihrem Manne
nach Ungarn nicht gefolget, unſere Religion an-
genommen. Wir konten mit dieſem Soldaten
ſonſt noch ziemlich zu rechte kommen: er hatte
auch viel Vergnuͤgen an mir, weil ich ihm ſo viel
aus der Bibel, und aus dem, was ich in der Schule
gelernet, herzuſagen wuſte. Er hatte aber einſt
Beſuch von andern Soldaten, und begab ſich mit
ihnen auf den Boden in ſeine Schlaf-Cammer,
ſo unter dem Dache war. Meine Mutter war,
wie ſchon gedacht, ein furchtſam Weib; und, weil
ſie mit mir gantz allein zu Hauſe war, und in Sor-
gen ſtand, ſie moͤchten oben etwan Tabac rauchen,
und das Haus anſtecken, ſo ſchickte ſie mich ab,
daß ich ſie behorchen und ſehen ſolte, was ſie mach-
ten. Jch that es, und guckte durch das Loch,
welches unten an der Thuͤre um der Katzen willen

gemacht
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[25/0071] Entgehet einem gefaͤhrlichen Hiebe Anno 1685. §. 8. Jm 10ten Jahre meines Alters An. 1685. haͤtte ich bey nahe jaͤmmerlich um mein Leben koͤnnen kommen, wenn mich GOtt nicht behuͤtet haͤtte. Es lag bey uns ein Soldat von Bayeri- ſchen Trouppen im Quartier, welche daſſelbe Jahr nach Ungarn gehen ſolten, die Feſtung Neu- heuſel den Tuͤrcken wegzunehmen. Es iſt eben der Soldate, von deſſen Weibe oder Kebs-Weibe ich oben geſagt, daß ſie, nachdem ſie ihrem Manne nach Ungarn nicht gefolget, unſere Religion an- genommen. Wir konten mit dieſem Soldaten ſonſt noch ziemlich zu rechte kommen: er hatte auch viel Vergnuͤgen an mir, weil ich ihm ſo viel aus der Bibel, und aus dem, was ich in der Schule gelernet, herzuſagen wuſte. Er hatte aber einſt Beſuch von andern Soldaten, und begab ſich mit ihnen auf den Boden in ſeine Schlaf-Cammer, ſo unter dem Dache war. Meine Mutter war, wie ſchon gedacht, ein furchtſam Weib; und, weil ſie mit mir gantz allein zu Hauſe war, und in Sor- gen ſtand, ſie moͤchten oben etwan Tabac rauchen, und das Haus anſtecken, ſo ſchickte ſie mich ab, daß ich ſie behorchen und ſehen ſolte, was ſie mach- ten. Jch that es, und guckte durch das Loch, welches unten an der Thuͤre um der Katzen willen gemacht B 5

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/71>, abgerufen am 21.11.2024.