achtete solches nicht, sondern eilete, so bald ich konte, von dannen. Jch mag nicht erzehlen, was sie vor einen liederlichen Reim machte, weil ich sagte, daß ich nicht könte warten; ich kan aber so gewiß nicht sagen, ob mich damahls mehr die Furcht GOttes, oder die natürliche Blödigkeit der Jugend, und der damahlige Verdruß, der mir im Kopff steckte, vom Bö- sen abgehalten. Zum wenigsten thaten es Textoris Episteln nicht, die ich bey mir hatte, und die ich sowol auf dem Wege, als in der Schencke laß.
Anno 1692. §. 20.
Diß halbe Jahr, da ich noch in Secunde Ordine saß, kam mir wohl zu statten; denn ich hatte gute Gelegenheit, mich so zu praepari- ren, damit ich künfftige Ostern 1693. mit desto größerm Vortheil in Primum Ordinem könte transferiret werden. Mein Bruder diente dazumahl auf der Niclas-Gasse bey einer alten gottseligen Wittfrau, die alte Seligerin ge- nannt, vor Schencke, und war wie Herr im Hause. Es war ihm leicht, seine Frau Wir- thin zu bewegen, daß sie mich zu sich in ihr Haus nahm, und, weil sie des Abends, wenn nicht Schenck-Tag war, sich meistens gantz
alleine
wird durch das 17. Cap.
achtete ſolches nicht, ſondern eilete, ſo bald ich konte, von dannen. Jch mag nicht erzehlen, was ſie vor einen liederlichen Reim machte, weil ich ſagte, daß ich nicht koͤnte warten; ich kan aber ſo gewiß nicht ſagen, ob mich damahls mehr die Furcht GOttes, oder die natuͤrliche Bloͤdigkeit der Jugend, und der damahlige Verdruß, der mir im Kopff ſteckte, vom Boͤ- ſen abgehalten. Zum wenigſten thaten es Textoris Epiſteln nicht, die ich bey mir hatte, und die ich ſowol auf dem Wege, als in der Schencke laß.
Anno 1692. §. 20.
Diß halbe Jahr, da ich noch in Secunde Ordine ſaß, kam mir wohl zu ſtatten; denn ich hatte gute Gelegenheit, mich ſo zu præpari- ren, damit ich kuͤnfftige Oſtern 1693. mit deſto groͤßerm Vortheil in Primum Ordinem koͤnte transferiret werden. Mein Bruder diente dazumahl auf der Niclas-Gaſſe bey einer alten gottſeligen Wittfrau, die alte Seligerin ge- nannt, vor Schencke, und war wie Herr im Hauſe. Es war ihm leicht, ſeine Frau Wir- thin zu bewegen, daß ſie mich zu ſich in ihr Haus nahm, und, weil ſie des Abends, wenn nicht Schenck-Tag war, ſich meiſtens gantz
alleine
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0132"n="86"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">wird durch das 17. Cap.</hi></fw><lb/>
achtete ſolches nicht, ſondern eilete, ſo bald ich<lb/>
konte, von dannen. Jch mag nicht erzehlen,<lb/>
was ſie vor einen liederlichen Reim machte,<lb/>
weil ich ſagte, daß ich nicht koͤnte warten; ich<lb/>
kan aber ſo gewiß nicht ſagen, ob mich damahls<lb/>
mehr die Furcht GOttes, oder die natuͤrliche<lb/>
Bloͤdigkeit der Jugend, und der damahlige<lb/>
Verdruß, der mir im Kopff ſteckte, vom Boͤ-<lb/>ſen abgehalten. Zum wenigſten thaten es<lb/><hirendition="#aq">Textoris</hi> Epiſteln nicht, die ich bey mir hatte,<lb/>
und die ich ſowol auf dem Wege, als in der<lb/>
Schencke laß.</p></div><lb/><divn="1"><head><hirendition="#b"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">Anno</hi></hi> 1692.</hi><lb/>
§. 20.</head><lb/><p>Diß halbe Jahr, da ich noch in <hirendition="#aq">Secunde<lb/>
Ordine</hi>ſaß, kam mir wohl zu ſtatten; denn<lb/>
ich hatte gute Gelegenheit, mich ſo zu <hirendition="#aq">præpari-</hi><lb/>
ren, damit ich kuͤnfftige Oſtern 1693. mit deſto<lb/>
groͤßerm Vortheil in <hirendition="#aq">Primum Ordinem</hi> koͤnte<lb/><hirendition="#aq">transferi</hi>ret werden. Mein Bruder diente<lb/>
dazumahl auf der Niclas-Gaſſe bey einer alten<lb/>
gottſeligen Wittfrau, die <hirendition="#fr">alte Seligerin</hi> ge-<lb/>
nannt, vor Schencke, und war wie Herr im<lb/>
Hauſe. Es war ihm leicht, ſeine Frau Wir-<lb/>
thin zu bewegen, daß ſie mich zu ſich in ihr<lb/>
Haus nahm, und, weil ſie des Abends, wenn<lb/>
nicht Schenck-Tag war, ſich meiſtens gantz<lb/><fwplace="bottom"type="catch">alleine</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[86/0132]
wird durch das 17. Cap.
achtete ſolches nicht, ſondern eilete, ſo bald ich
konte, von dannen. Jch mag nicht erzehlen,
was ſie vor einen liederlichen Reim machte,
weil ich ſagte, daß ich nicht koͤnte warten; ich
kan aber ſo gewiß nicht ſagen, ob mich damahls
mehr die Furcht GOttes, oder die natuͤrliche
Bloͤdigkeit der Jugend, und der damahlige
Verdruß, der mir im Kopff ſteckte, vom Boͤ-
ſen abgehalten. Zum wenigſten thaten es
Textoris Epiſteln nicht, die ich bey mir hatte,
und die ich ſowol auf dem Wege, als in der
Schencke laß.
Anno 1692.
§. 20.
Diß halbe Jahr, da ich noch in Secunde
Ordine ſaß, kam mir wohl zu ſtatten; denn
ich hatte gute Gelegenheit, mich ſo zu præpari-
ren, damit ich kuͤnfftige Oſtern 1693. mit deſto
groͤßerm Vortheil in Primum Ordinem koͤnte
transferiret werden. Mein Bruder diente
dazumahl auf der Niclas-Gaſſe bey einer alten
gottſeligen Wittfrau, die alte Seligerin ge-
nannt, vor Schencke, und war wie Herr im
Hauſe. Es war ihm leicht, ſeine Frau Wir-
thin zu bewegen, daß ſie mich zu ſich in ihr
Haus nahm, und, weil ſie des Abends, wenn
nicht Schenck-Tag war, ſich meiſtens gantz
alleine
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/132>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.