Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

Kombt unwissend
welche eine Versuchung ist es nicht, in solchem
Falle nicht erhöret werden, wo die Erhörung so
billig, und so leichte zu seyn scheinet! wo bleibt
denn da GOttes Verheißung: Er rufft
mich an in der Noth, so will ich ihm aus-
helffen?
Soll denn der Teufel bey seinem Fü-
gen, und Dirigiren glücklicher seyn, und eher
reussiren, als unser GOtt? So denckt als-
dann unsere Vernunfft, die bey solchen Fällen
immer gerne an GOttes specieller Providenz
zu zweiffeln anfangen will.

Anno 1692.
§. 19.

Doch ziehen die Sünden allerhand Plagen
und Trübsaalen nach sich, so sind die Ubel, so
auf die Sünde folgen, auch hinwiederum solche
geseegnete Artzney-Mittel, die Sünde einem
zu verleiden, und zu machen, daß man hinführo
lernet vorsichtiger seyn, und wie ein gebrannt
Kind sich vor dem Feuer fürchten; zum we-
nigsten eine Zeit lang. Das traff bey mir ein.
Weil ich wohl wuste, was die Familiarität mit
der obgedachten Magd mir vor Verdrüßlich-
keit, Angst und Sorgen gemacht, so hütete ich
mich vor dergleichen Leuten, so viel ich konte,
um mich nicht mit ihnen gemein zu machen.
Die Gemüths-Kränckung auch, die ich noch

hatte,

Kombt unwiſſend
welche eine Verſuchung iſt es nicht, in ſolchem
Falle nicht erhoͤret werden, wo die Erhoͤrung ſo
billig, und ſo leichte zu ſeyn ſcheinet! wo bleibt
denn da GOttes Verheißung: Er rufft
mich an in der Noth, ſo will ich ihm aus-
helffen?
Soll denn der Teufel bey ſeinem Fuͤ-
gen, und Dirigiren gluͤcklicher ſeyn, und eher
reuſſiren, als unſer GOtt? So denckt als-
dann unſere Vernunfft, die bey ſolchen Faͤllen
immer gerne an GOttes ſpecieller Providenz
zu zweiffeln anfangen will.

Anno 1692.
§. 19.

Doch ziehen die Suͤnden allerhand Plagen
und Truͤbſaalen nach ſich, ſo ſind die Ubel, ſo
auf die Suͤnde folgen, auch hinwiederum ſolche
geſeegnete Artzney-Mittel, die Suͤnde einem
zu verleiden, und zu machen, daß man hinfuͤhro
lernet vorſichtiger ſeyn, und wie ein gebrannt
Kind ſich vor dem Feuer fuͤrchten; zum we-
nigſten eine Zeit lang. Das traff bey mir ein.
Weil ich wohl wuſte, was die Familiaritaͤt mit
der obgedachten Magd mir vor Verdruͤßlich-
keit, Angſt und Sorgen gemacht, ſo huͤtete ich
mich vor dergleichen Leuten, ſo viel ich konte,
um mich nicht mit ihnen gemein zu machen.
Die Gemuͤths-Kraͤnckung auch, die ich noch

hatte,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0130" n="84"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Kombt unwi&#x017F;&#x017F;end</hi></fw><lb/>
welche eine Ver&#x017F;uchung i&#x017F;t es nicht, in &#x017F;olchem<lb/>
Falle nicht erho&#x0364;ret werden, wo die Erho&#x0364;rung &#x017F;o<lb/>
billig, und &#x017F;o leichte zu &#x017F;eyn &#x017F;cheinet! wo bleibt<lb/>
denn da GOttes Verheißung: <hi rendition="#fr">Er rufft<lb/>
mich an in der Noth, &#x017F;o will ich ihm aus-<lb/>
helffen?</hi> Soll denn der Teufel bey &#x017F;einem Fu&#x0364;-<lb/>
gen, und <hi rendition="#aq">Dirigi</hi>ren glu&#x0364;cklicher &#x017F;eyn, und eher<lb/><hi rendition="#aq">reu&#x017F;&#x017F;i</hi>ren, als un&#x017F;er GOtt? So denckt als-<lb/>
dann un&#x017F;ere Vernunfft, die bey &#x017F;olchen Fa&#x0364;llen<lb/>
immer gerne an GOttes <hi rendition="#aq">&#x017F;peciell</hi>er <hi rendition="#aq">Providenz</hi><lb/>
zu zweiffeln anfangen will.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Anno</hi></hi> 1692.</hi><lb/>
§. 19.</head><lb/>
        <p>Doch ziehen die Su&#x0364;nden allerhand Plagen<lb/>
und Tru&#x0364;b&#x017F;aalen nach &#x017F;ich, &#x017F;o &#x017F;ind die Ubel, &#x017F;o<lb/>
auf die Su&#x0364;nde folgen, auch hinwiederum &#x017F;olche<lb/>
ge&#x017F;eegnete Artzney-Mittel, die Su&#x0364;nde einem<lb/>
zu verleiden, und zu machen, daß man hinfu&#x0364;hro<lb/>
lernet vor&#x017F;ichtiger &#x017F;eyn, und wie ein gebrannt<lb/>
Kind &#x017F;ich vor dem Feuer fu&#x0364;rchten; zum we-<lb/>
nig&#x017F;ten eine Zeit lang. Das traff bey mir ein.<lb/>
Weil ich wohl wu&#x017F;te, was die <hi rendition="#aq">Familiarit</hi>a&#x0364;t mit<lb/>
der obgedachten Magd mir vor Verdru&#x0364;ßlich-<lb/>
keit, Ang&#x017F;t und Sorgen gemacht, &#x017F;o hu&#x0364;tete ich<lb/>
mich vor dergleichen Leuten, &#x017F;o viel ich konte,<lb/>
um mich nicht mit ihnen gemein zu machen.<lb/>
Die Gemu&#x0364;ths-Kra&#x0364;nckung auch, die ich noch<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">hatte,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[84/0130] Kombt unwiſſend welche eine Verſuchung iſt es nicht, in ſolchem Falle nicht erhoͤret werden, wo die Erhoͤrung ſo billig, und ſo leichte zu ſeyn ſcheinet! wo bleibt denn da GOttes Verheißung: Er rufft mich an in der Noth, ſo will ich ihm aus- helffen? Soll denn der Teufel bey ſeinem Fuͤ- gen, und Dirigiren gluͤcklicher ſeyn, und eher reuſſiren, als unſer GOtt? So denckt als- dann unſere Vernunfft, die bey ſolchen Faͤllen immer gerne an GOttes ſpecieller Providenz zu zweiffeln anfangen will. Anno 1692. §. 19. Doch ziehen die Suͤnden allerhand Plagen und Truͤbſaalen nach ſich, ſo ſind die Ubel, ſo auf die Suͤnde folgen, auch hinwiederum ſolche geſeegnete Artzney-Mittel, die Suͤnde einem zu verleiden, und zu machen, daß man hinfuͤhro lernet vorſichtiger ſeyn, und wie ein gebrannt Kind ſich vor dem Feuer fuͤrchten; zum we- nigſten eine Zeit lang. Das traff bey mir ein. Weil ich wohl wuſte, was die Familiaritaͤt mit der obgedachten Magd mir vor Verdruͤßlich- keit, Angſt und Sorgen gemacht, ſo huͤtete ich mich vor dergleichen Leuten, ſo viel ich konte, um mich nicht mit ihnen gemein zu machen. Die Gemuͤths-Kraͤnckung auch, die ich noch hatte,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/130
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/130>, abgerufen am 21.12.2024.