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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

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XVI. Conferenz.

Der Gesandte. Das ist Ihre Sache. Ich muss bei meiner
Forderung wegen der Basis des Vertrages durchaus stehen bleiben,
denn ich habe darüber die allerbestimmtesten Befehle.

Tsun-luen. Wenn ich diese Basis auch zugestände, -- was
sagten wohl die anderen Mandarinen in Pe-kin?

Der Gesandte. Dafür sind Sie ja Bevollmächtigter und können
jeden einzelnen Artikel definitiv feststellen.

Tsun-luen. Von Pe-kin aus, wohin wir den Vertrags-
entwurf mittheilten, macht man uns aber grosse Schwierigkeit.

Der Gesandte. Wer erhebt denn diese Schwierigkeiten.

Tsun-luen. Die Mandarinen in Pe-kin.

Der Gesandte. Der Prinz von Kun stellte mir nur fünf Be-
dingungen, die ich annahm. Von allen Ihren heut erhobenen Be-
denken erwähnte er auch nicht eines.

Tsun-luen. Der Prinz von Kun ist nicht für den Vertrag
verantwortlich; wir sind die Bevollmächtigten.

Der Gesandte. Nun, dann beantworten Sie meine Frage;
sonst muss ich an den Prinzen von Kun schreiben und mich über
das doppelte Spiel beklagen. -- Verhandeln Sie auf der von mir
aufgestellten Basis und schicken Sie das Ergebniss als mein letztes
Wort an den Kaiser.

Tsun-luen. Wir bleiben aber als Bevollmächtigte für das
Ergebniss verantwortlich.

Der Gesandte. Wollen Sie das nicht, so haben wir keinen
Anknüpfungspunct mehr. Wenn Sie mir gleich von Anfang im Ver-
trage das einfachste Menschenrecht streitig machen, so verhandele
ich nicht weiter.

Tsun-luen. Das ist ja aber die unüberwindliche Schwierig-
keit, dass deine Excellenz ganz dasselbe haben wollen, wie die
anderen Mächte!

Der Gesandte. Auf keinen Fall bin ich mit weniger zu-
frieden.

Tsun-luen. Das war ja von Anfang an die Schwierigkeit;
sonst hätten wir ja gar keine Einwürfe gegen deinen Vertrags-
entwurf zu machen gehabt, da er nichts anderes enthält, als die
anderen Verträge.

Der Gesandte. O nein! Sie stellten mir bis vor kurzem
immer nur das Gesandtschaftsrecht als unübersteigliches Hinderniss
hin; kaum habe ich nun dasselbe durch ein wichtiges Zugeständniss

IV. 6
XVI. Conferenz.

Der Gesandte. Das ist Ihre Sache. Ich muss bei meiner
Forderung wegen der Basis des Vertrages durchaus stehen bleiben,
denn ich habe darüber die allerbestimmtesten Befehle.

Tsuṅ-luen. Wenn ich diese Basis auch zugestände, — was
sagten wohl die anderen Mandarinen in Pe-kiṅ?

Der Gesandte. Dafür sind Sie ja Bevollmächtigter und können
jeden einzelnen Artikel definitiv feststellen.

Tsuṅ-luen. Von Pe-kiṅ aus, wohin wir den Vertrags-
entwurf mittheilten, macht man uns aber grosse Schwierigkeit.

Der Gesandte. Wer erhebt denn diese Schwierigkeiten.

Tsuṅ-luen. Die Mandarinen in Pe-kiṅ.

Der Gesandte. Der Prinz von Kuṅ stellte mir nur fünf Be-
dingungen, die ich annahm. Von allen Ihren heut erhobenen Be-
denken erwähnte er auch nicht eines.

Tsuṅ-luen. Der Prinz von Kuṅ ist nicht für den Vertrag
verantwortlich; wir sind die Bevollmächtigten.

Der Gesandte. Nun, dann beantworten Sie meine Frage;
sonst muss ich an den Prinzen von Kuṅ schreiben und mich über
das doppelte Spiel beklagen. — Verhandeln Sie auf der von mir
aufgestellten Basis und schicken Sie das Ergebniss als mein letztes
Wort an den Kaiser.

Tsuṅ-luen. Wir bleiben aber als Bevollmächtigte für das
Ergebniss verantwortlich.

Der Gesandte. Wollen Sie das nicht, so haben wir keinen
Anknüpfungspunct mehr. Wenn Sie mir gleich von Anfang im Ver-
trage das einfachste Menschenrecht streitig machen, so verhandele
ich nicht weiter.

Tsuṅ-luen. Das ist ja aber die unüberwindliche Schwierig-
keit, dass deine Excellenz ganz dasselbe haben wollen, wie die
anderen Mächte!

Der Gesandte. Auf keinen Fall bin ich mit weniger zu-
frieden.

Tsuṅ-luen. Das war ja von Anfang an die Schwierigkeit;
sonst hätten wir ja gar keine Einwürfe gegen deinen Vertrags-
entwurf zu machen gehabt, da er nichts anderes enthält, als die
anderen Verträge.

Der Gesandte. O nein! Sie stellten mir bis vor kurzem
immer nur das Gesandtschaftsrecht als unübersteigliches Hinderniss
hin; kaum habe ich nun dasselbe durch ein wichtiges Zugeständniss

IV. 6
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[81/0095] XVI. Conferenz. Der Gesandte. Das ist Ihre Sache. Ich muss bei meiner Forderung wegen der Basis des Vertrages durchaus stehen bleiben, denn ich habe darüber die allerbestimmtesten Befehle. Tsuṅ-luen. Wenn ich diese Basis auch zugestände, — was sagten wohl die anderen Mandarinen in Pe-kiṅ? Der Gesandte. Dafür sind Sie ja Bevollmächtigter und können jeden einzelnen Artikel definitiv feststellen. Tsuṅ-luen. Von Pe-kiṅ aus, wohin wir den Vertrags- entwurf mittheilten, macht man uns aber grosse Schwierigkeit. Der Gesandte. Wer erhebt denn diese Schwierigkeiten. Tsuṅ-luen. Die Mandarinen in Pe-kiṅ. Der Gesandte. Der Prinz von Kuṅ stellte mir nur fünf Be- dingungen, die ich annahm. Von allen Ihren heut erhobenen Be- denken erwähnte er auch nicht eines. Tsuṅ-luen. Der Prinz von Kuṅ ist nicht für den Vertrag verantwortlich; wir sind die Bevollmächtigten. Der Gesandte. Nun, dann beantworten Sie meine Frage; sonst muss ich an den Prinzen von Kuṅ schreiben und mich über das doppelte Spiel beklagen. — Verhandeln Sie auf der von mir aufgestellten Basis und schicken Sie das Ergebniss als mein letztes Wort an den Kaiser. Tsuṅ-luen. Wir bleiben aber als Bevollmächtigte für das Ergebniss verantwortlich. Der Gesandte. Wollen Sie das nicht, so haben wir keinen Anknüpfungspunct mehr. Wenn Sie mir gleich von Anfang im Ver- trage das einfachste Menschenrecht streitig machen, so verhandele ich nicht weiter. Tsuṅ-luen. Das ist ja aber die unüberwindliche Schwierig- keit, dass deine Excellenz ganz dasselbe haben wollen, wie die anderen Mächte! Der Gesandte. Auf keinen Fall bin ich mit weniger zu- frieden. Tsuṅ-luen. Das war ja von Anfang an die Schwierigkeit; sonst hätten wir ja gar keine Einwürfe gegen deinen Vertrags- entwurf zu machen gehabt, da er nichts anderes enthält, als die anderen Verträge. Der Gesandte. O nein! Sie stellten mir bis vor kurzem immer nur das Gesandtschaftsrecht als unübersteigliches Hinderniss hin; kaum habe ich nun dasselbe durch ein wichtiges Zugeständniss IV. 6

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Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/95>, abgerufen am 26.04.2024.