dass man die englische Betriebsweise einzuführen begann. Durch die unnatürliche Blockade wurden diese Bestrebungen unterbrochen. Am meisten hatte die französische Industrie selbst darunter zu leiden, die grundsätzlich die englischen Errungenschaften auf technischem Gebiet in verblendeter Selbsttäuschung verachtete. So kam es, dass, obgleich der erste Kokshochofen nach englischem Muster zu Creusot bereits vor 1788 erbaut worden war, dieser Betrieb in der napoleonischen Zeit aufhörte und man erst im Jahre 1818 mit der Einführung des Steinkohlenbetriebes wieder anfing. In dem kurzen Zeitraume, in dem Frankreich nach dem Frieden von Amiens (1802) einmal nicht mit England im Krieg begriffen war, hatte die französische Regierung den jungen, talentvollen Ingenieur Bonnard nach England geschickt, um besonders den Puddelprozess zu studieren, aber er musste auf halbem Wege umkehren, weil neue Feindseligkeiten zwischen England und Frankreich ausgebrochen waren. Bonnards trefflicher Bericht hatte für die französische Eisenindustrie keine praktischen Folgen. Die Feindschaft gegen England und die Selbstüberschätzung bewirkten, dass man sich in Frankreich keine Mühe gab, die wichtigen neueren Erfindungen der Engländer einzuführen, zum grossen Nachteil der französischen Industrie. Dass auch in Deutschland in dieser Beziehung damals nur wenig geschah, lag an den ausserordentlich traurigen politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen. Europa war in zwei getrennte Teile zerrissen, auf der einen Seite England, das mit Energie die Bahn des Fortschrittes seiner Industrie verfolgte, auf der anderen Seite die von Frankreich in Abhängigkeit oder Schrecken gehaltenen Kontinentalstaaten, welche kaum im stande waren, ihre Industrie aufrecht zu erhalten. England hatte beides, Geld und Eisen, und damit errang es auch den Sieg und erzwang den Frieden, sehr gegen die Erwartungen Napoleons.
Litteratur 1801 bis 1815.
Die französische Revolution hatte, wie wir wissen, den Bestrebungen auf dem Gebiete der praktischen Naturwissenschaften, besonders auch auf dem Gebiet der Metallurgie, einen kräftigen Impuls gegeben, dessen Wirkung eine dauernde war und der auch in der napoleonischen Periode trotz des unaufhörlichen Kriegsgetümmels fortwirkte.
Einleitung. — Litteratur 1801 bis 1815.
daſs man die englische Betriebsweise einzuführen begann. Durch die unnatürliche Blockade wurden diese Bestrebungen unterbrochen. Am meisten hatte die französische Industrie selbst darunter zu leiden, die grundsätzlich die englischen Errungenschaften auf technischem Gebiet in verblendeter Selbsttäuschung verachtete. So kam es, daſs, obgleich der erste Kokshochofen nach englischem Muster zu Creusot bereits vor 1788 erbaut worden war, dieser Betrieb in der napoleonischen Zeit aufhörte und man erst im Jahre 1818 mit der Einführung des Steinkohlenbetriebes wieder anfing. In dem kurzen Zeitraume, in dem Frankreich nach dem Frieden von Amiens (1802) einmal nicht mit England im Krieg begriffen war, hatte die französische Regierung den jungen, talentvollen Ingenieur Bonnard nach England geschickt, um besonders den Puddelprozeſs zu studieren, aber er muſste auf halbem Wege umkehren, weil neue Feindseligkeiten zwischen England und Frankreich ausgebrochen waren. Bonnards trefflicher Bericht hatte für die französische Eisenindustrie keine praktischen Folgen. Die Feindschaft gegen England und die Selbstüberschätzung bewirkten, daſs man sich in Frankreich keine Mühe gab, die wichtigen neueren Erfindungen der Engländer einzuführen, zum groſsen Nachteil der französischen Industrie. Daſs auch in Deutschland in dieser Beziehung damals nur wenig geschah, lag an den auſserordentlich traurigen politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen. Europa war in zwei getrennte Teile zerrissen, auf der einen Seite England, das mit Energie die Bahn des Fortschrittes seiner Industrie verfolgte, auf der anderen Seite die von Frankreich in Abhängigkeit oder Schrecken gehaltenen Kontinentalstaaten, welche kaum im stande waren, ihre Industrie aufrecht zu erhalten. England hatte beides, Geld und Eisen, und damit errang es auch den Sieg und erzwang den Frieden, sehr gegen die Erwartungen Napoleons.
Litteratur 1801 bis 1815.
Die französische Revolution hatte, wie wir wissen, den Bestrebungen auf dem Gebiete der praktischen Naturwissenschaften, besonders auch auf dem Gebiet der Metallurgie, einen kräftigen Impuls gegeben, dessen Wirkung eine dauernde war und der auch in der napoleonischen Periode trotz des unaufhörlichen Kriegsgetümmels fortwirkte.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0025"n="9"/><fwplace="top"type="header">Einleitung. — Litteratur 1801 bis 1815.</fw><lb/>
daſs man die englische Betriebsweise einzuführen begann. Durch die<lb/>
unnatürliche Blockade wurden diese Bestrebungen unterbrochen. Am<lb/>
meisten hatte die französische Industrie selbst darunter zu leiden,<lb/>
die grundsätzlich die englischen Errungenschaften auf technischem<lb/>
Gebiet in verblendeter Selbsttäuschung verachtete. So kam es, daſs,<lb/>
obgleich der erste Kokshochofen nach englischem Muster zu Creusot<lb/>
bereits vor 1788 erbaut worden war, dieser Betrieb in der napoleonischen<lb/>
Zeit aufhörte und man erst im Jahre 1818 mit der Einführung des<lb/>
Steinkohlenbetriebes wieder anfing. In dem kurzen Zeitraume, in<lb/>
dem Frankreich nach dem Frieden von Amiens (1802) einmal nicht<lb/>
mit England im Krieg begriffen war, hatte die französische Regierung<lb/>
den jungen, talentvollen Ingenieur <hirendition="#g">Bonnard</hi> nach England geschickt,<lb/>
um besonders den Puddelprozeſs zu studieren, aber er muſste auf<lb/>
halbem Wege umkehren, weil neue Feindseligkeiten zwischen England<lb/>
und Frankreich ausgebrochen waren. <hirendition="#g">Bonnards</hi> trefflicher Bericht<lb/>
hatte für die französische Eisenindustrie keine praktischen Folgen.<lb/>
Die Feindschaft gegen England und die Selbstüberschätzung bewirkten,<lb/>
daſs man sich in Frankreich keine Mühe gab, die wichtigen neueren<lb/>
Erfindungen der Engländer einzuführen, zum groſsen Nachteil der<lb/>
französischen Industrie. Daſs auch in Deutschland in dieser Beziehung<lb/>
damals nur wenig geschah, lag an den auſserordentlich traurigen<lb/>
politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen. Europa war in zwei<lb/>
getrennte Teile zerrissen, auf der einen Seite England, das mit<lb/>
Energie die Bahn des Fortschrittes seiner Industrie verfolgte, auf<lb/>
der anderen Seite die von Frankreich in Abhängigkeit oder Schrecken<lb/>
gehaltenen Kontinentalstaaten, welche kaum im stande waren, ihre<lb/>
Industrie aufrecht zu erhalten. England hatte beides, Geld und<lb/>
Eisen, und damit errang es auch den Sieg und erzwang den Frieden,<lb/>
sehr gegen die Erwartungen Napoleons.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Litteratur</hi></hi><lb/>
1801 bis 1815.</head><lb/><p>Die französische Revolution hatte, wie wir wissen, den Bestrebungen<lb/>
auf dem Gebiete der praktischen Naturwissenschaften, besonders auch<lb/>
auf dem Gebiet der Metallurgie, einen kräftigen Impuls gegeben,<lb/>
dessen Wirkung eine dauernde war und der auch in der napoleonischen<lb/>
Periode trotz des unaufhörlichen Kriegsgetümmels fortwirkte.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[9/0025]
Einleitung. — Litteratur 1801 bis 1815.
daſs man die englische Betriebsweise einzuführen begann. Durch die
unnatürliche Blockade wurden diese Bestrebungen unterbrochen. Am
meisten hatte die französische Industrie selbst darunter zu leiden,
die grundsätzlich die englischen Errungenschaften auf technischem
Gebiet in verblendeter Selbsttäuschung verachtete. So kam es, daſs,
obgleich der erste Kokshochofen nach englischem Muster zu Creusot
bereits vor 1788 erbaut worden war, dieser Betrieb in der napoleonischen
Zeit aufhörte und man erst im Jahre 1818 mit der Einführung des
Steinkohlenbetriebes wieder anfing. In dem kurzen Zeitraume, in
dem Frankreich nach dem Frieden von Amiens (1802) einmal nicht
mit England im Krieg begriffen war, hatte die französische Regierung
den jungen, talentvollen Ingenieur Bonnard nach England geschickt,
um besonders den Puddelprozeſs zu studieren, aber er muſste auf
halbem Wege umkehren, weil neue Feindseligkeiten zwischen England
und Frankreich ausgebrochen waren. Bonnards trefflicher Bericht
hatte für die französische Eisenindustrie keine praktischen Folgen.
Die Feindschaft gegen England und die Selbstüberschätzung bewirkten,
daſs man sich in Frankreich keine Mühe gab, die wichtigen neueren
Erfindungen der Engländer einzuführen, zum groſsen Nachteil der
französischen Industrie. Daſs auch in Deutschland in dieser Beziehung
damals nur wenig geschah, lag an den auſserordentlich traurigen
politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen. Europa war in zwei
getrennte Teile zerrissen, auf der einen Seite England, das mit
Energie die Bahn des Fortschrittes seiner Industrie verfolgte, auf
der anderen Seite die von Frankreich in Abhängigkeit oder Schrecken
gehaltenen Kontinentalstaaten, welche kaum im stande waren, ihre
Industrie aufrecht zu erhalten. England hatte beides, Geld und
Eisen, und damit errang es auch den Sieg und erzwang den Frieden,
sehr gegen die Erwartungen Napoleons.
Litteratur
1801 bis 1815.
Die französische Revolution hatte, wie wir wissen, den Bestrebungen
auf dem Gebiete der praktischen Naturwissenschaften, besonders auch
auf dem Gebiet der Metallurgie, einen kräftigen Impuls gegeben,
dessen Wirkung eine dauernde war und der auch in der napoleonischen
Periode trotz des unaufhörlichen Kriegsgetümmels fortwirkte.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 4: Das XIX. Jahrhundert von 1801 bis 1860. Braunschweig, 1899, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen04_1899/25>, abgerufen am 17.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.