Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

Bild:
<< vorherige Seite
Ambossschmieden und Waffenfabriken.
Ambossschmieden, Rohrhämmer, Messer- und
Waffenfabriken.

Auch für die Formgebung grober Stücke wurde die Hand-
schmiederei mehr und mehr durch die Arbeit des Wasserhammers
verdrängt. Ein Beispiel hierfür bieten die Ambossschmieden. Ambosse
wurden früher ausschliesslich mit Handhämmern geschmiedet, und
zwar meist mit nur geringer Sorgfalt. In Frankreich wurden die-
selben zu der Zeit, als Duhamel seine Abhandlung über die Amboss-
schmiede in den Descriptions des arts et metiers 1) veröffentlichte, noch
vielfach von herumziehenden Schmieden gemacht und geflickt. Die
Handbälge dieser Schmiede glichen den Bälgen der afrikanischen und
indischen Naturvölker. Öfter wurden ordinäre Ambosse in den Frisch-
hütten direkt aus Rohluppen unter dem Luppenhammer geschmiedet.
Bessere Ambosse wurden aus einer Anzahl vorgeschmiedeter Stäbe
unter einem Wasserhammer geschweisst und geschmiedet. Grössere
Ambosse dieser Art wurden aus plattenförmigen Stücken hergestellt,
auf deren oberen Fläche, rechtwinkelig zu den Schweissflächen, eine
Stahlplatte aufgeschweisst wurde. Während damals in den bedeutenden
Ambossschmieden Berlins noch der Handbetrieb herrschte, war in der
Grafschaft Mark die Ambossschmiederei mit Wasserbetrieb zu einem
wichtigen Industriezweige geworden.

Diese Ambossschmiede verfertigten nicht nur Ambosse aller Art,
sondern auch sonstige schwere Schmiedestücke, als Hämmer, Walzen,
Hülsen, Achsen, Schienen, Wellzapfen, Mühlenkreuze, Sperrhaken,
Pumpengestänge, Maschinenteile u. s. w. Ein gut betriebenes Amboss-
feuer brauchte jährlich 340 Ctr. Nassauer Luppeneisen, 15 Ctr. Stahl
und 104 Karren Steinkohlen. Der Verdienst war ein guter.

Rohrhämmer zum Ausschmieden der Gewehrläufe mit Wasser-
hammerbetrieb bestanden schon im 16. Jahrhundert, aber erst im
18. Jahrhundert kamen sie zu allgemeinerer Anwendung, namentlich
auch zu Suhl. Bei dem Schmieden der Rohre unter dem Rohr-
hammer, der etwa 15 kg schwer war, verfuhr man ebenso, wie wir es
früher bei den Handrohrschmieden beschrieben haben, und ging die
Arbeit bei gutem Material schnell von statten. In sechs bis acht

1) De la forge des enclumes par M. Duhamel du Monceau. Descriptions,
ed. Bertr., T. XV, p. 65.
Amboſsschmieden und Waffenfabriken.
Amboſsschmieden, Rohrhämmer, Messer- und
Waffenfabriken.

Auch für die Formgebung grober Stücke wurde die Hand-
schmiederei mehr und mehr durch die Arbeit des Wasserhammers
verdrängt. Ein Beispiel hierfür bieten die Amboſsschmieden. Ambosse
wurden früher ausschlieſslich mit Handhämmern geschmiedet, und
zwar meist mit nur geringer Sorgfalt. In Frankreich wurden die-
selben zu der Zeit, als Duhamel seine Abhandlung über die Amboſs-
schmiede in den Descriptions des arts et métiers 1) veröffentlichte, noch
vielfach von herumziehenden Schmieden gemacht und geflickt. Die
Handbälge dieser Schmiede glichen den Bälgen der afrikanischen und
indischen Naturvölker. Öfter wurden ordinäre Ambosse in den Frisch-
hütten direkt aus Rohluppen unter dem Luppenhammer geschmiedet.
Bessere Ambosse wurden aus einer Anzahl vorgeschmiedeter Stäbe
unter einem Wasserhammer geschweiſst und geschmiedet. Gröſsere
Ambosse dieser Art wurden aus plattenförmigen Stücken hergestellt,
auf deren oberen Fläche, rechtwinkelig zu den Schweiſsflächen, eine
Stahlplatte aufgeschweiſst wurde. Während damals in den bedeutenden
Amboſsschmieden Berlins noch der Handbetrieb herrschte, war in der
Grafschaft Mark die Amboſsschmiederei mit Wasserbetrieb zu einem
wichtigen Industriezweige geworden.

Diese Amboſsschmiede verfertigten nicht nur Ambosse aller Art,
sondern auch sonstige schwere Schmiedestücke, als Hämmer, Walzen,
Hülsen, Achsen, Schienen, Wellzapfen, Mühlenkreuze, Sperrhaken,
Pumpengestänge, Maschinenteile u. s. w. Ein gut betriebenes Amboſs-
feuer brauchte jährlich 340 Ctr. Nassauer Luppeneisen, 15 Ctr. Stahl
und 104 Karren Steinkohlen. Der Verdienst war ein guter.

Rohrhämmer zum Ausschmieden der Gewehrläufe mit Wasser-
hammerbetrieb bestanden schon im 16. Jahrhundert, aber erst im
18. Jahrhundert kamen sie zu allgemeinerer Anwendung, namentlich
auch zu Suhl. Bei dem Schmieden der Rohre unter dem Rohr-
hammer, der etwa 15 kg schwer war, verfuhr man ebenso, wie wir es
früher bei den Handrohrschmieden beschrieben haben, und ging die
Arbeit bei gutem Material schnell von statten. In sechs bis acht

1) De la forge des enclumes par M. Duhamel du Monceau. Descriptions,
ed. Bertr., T. XV, p. 65.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0487" n="473"/>
              <fw place="top" type="header">Ambo&#x017F;sschmieden und Waffenfabriken.</fw><lb/>
              <div n="5">
                <head> <hi rendition="#b">Ambo&#x017F;sschmieden, Rohrhämmer, Messer- und<lb/>
Waffenfabriken.</hi> </head><lb/>
                <p>Auch für die Formgebung grober Stücke wurde die Hand-<lb/>
schmiederei mehr und mehr durch die Arbeit des Wasserhammers<lb/>
verdrängt. Ein Beispiel hierfür bieten die Ambo&#x017F;sschmieden. Ambosse<lb/>
wurden früher ausschlie&#x017F;slich mit Handhämmern geschmiedet, und<lb/>
zwar meist mit nur geringer Sorgfalt. In Frankreich wurden die-<lb/>
selben zu der Zeit, als <hi rendition="#g">Duhamel</hi> seine Abhandlung über die Ambo&#x017F;s-<lb/>
schmiede in den Descriptions des arts et métiers <note place="foot" n="1)">De la forge des enclumes par M. <hi rendition="#g">Duhamel du Monceau</hi>. Descriptions,<lb/>
ed. Bertr., T. XV, p. 65.</note> veröffentlichte, noch<lb/>
vielfach von herumziehenden Schmieden gemacht und geflickt. Die<lb/>
Handbälge dieser Schmiede glichen den Bälgen der afrikanischen und<lb/>
indischen Naturvölker. Öfter wurden ordinäre Ambosse in den Frisch-<lb/>
hütten direkt aus Rohluppen unter dem Luppenhammer geschmiedet.<lb/>
Bessere Ambosse wurden aus einer Anzahl vorgeschmiedeter Stäbe<lb/>
unter einem Wasserhammer geschwei&#x017F;st und geschmiedet. Grö&#x017F;sere<lb/>
Ambosse dieser Art wurden aus plattenförmigen Stücken hergestellt,<lb/>
auf deren oberen Fläche, rechtwinkelig zu den Schwei&#x017F;sflächen, eine<lb/>
Stahlplatte aufgeschwei&#x017F;st wurde. Während damals in den bedeutenden<lb/>
Ambo&#x017F;sschmieden Berlins noch der Handbetrieb herrschte, war in der<lb/>
Grafschaft Mark die Ambo&#x017F;sschmiederei mit Wasserbetrieb zu einem<lb/>
wichtigen Industriezweige geworden.</p><lb/>
                <p>Diese Ambo&#x017F;sschmiede verfertigten nicht nur Ambosse aller Art,<lb/>
sondern auch sonstige schwere Schmiedestücke, als Hämmer, Walzen,<lb/>
Hülsen, Achsen, Schienen, Wellzapfen, Mühlenkreuze, Sperrhaken,<lb/>
Pumpengestänge, Maschinenteile u. s. w. Ein gut betriebenes Ambo&#x017F;s-<lb/>
feuer brauchte jährlich 340 Ctr. Nassauer Luppeneisen, 15 Ctr. Stahl<lb/>
und 104 Karren Steinkohlen. Der Verdienst war ein guter.</p><lb/>
                <p><hi rendition="#g">Rohrhämmer</hi> zum Ausschmieden der Gewehrläufe mit Wasser-<lb/>
hammerbetrieb bestanden schon im 16. Jahrhundert, aber erst im<lb/>
18. Jahrhundert kamen sie zu allgemeinerer Anwendung, namentlich<lb/>
auch zu Suhl. Bei dem Schmieden der Rohre unter dem Rohr-<lb/>
hammer, der etwa 15 kg schwer war, verfuhr man ebenso, wie wir es<lb/>
früher bei den Handrohrschmieden beschrieben haben, und ging die<lb/>
Arbeit bei gutem Material schnell von statten. In sechs bis acht<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[473/0487] Amboſsschmieden und Waffenfabriken. Amboſsschmieden, Rohrhämmer, Messer- und Waffenfabriken. Auch für die Formgebung grober Stücke wurde die Hand- schmiederei mehr und mehr durch die Arbeit des Wasserhammers verdrängt. Ein Beispiel hierfür bieten die Amboſsschmieden. Ambosse wurden früher ausschlieſslich mit Handhämmern geschmiedet, und zwar meist mit nur geringer Sorgfalt. In Frankreich wurden die- selben zu der Zeit, als Duhamel seine Abhandlung über die Amboſs- schmiede in den Descriptions des arts et métiers 1) veröffentlichte, noch vielfach von herumziehenden Schmieden gemacht und geflickt. Die Handbälge dieser Schmiede glichen den Bälgen der afrikanischen und indischen Naturvölker. Öfter wurden ordinäre Ambosse in den Frisch- hütten direkt aus Rohluppen unter dem Luppenhammer geschmiedet. Bessere Ambosse wurden aus einer Anzahl vorgeschmiedeter Stäbe unter einem Wasserhammer geschweiſst und geschmiedet. Gröſsere Ambosse dieser Art wurden aus plattenförmigen Stücken hergestellt, auf deren oberen Fläche, rechtwinkelig zu den Schweiſsflächen, eine Stahlplatte aufgeschweiſst wurde. Während damals in den bedeutenden Amboſsschmieden Berlins noch der Handbetrieb herrschte, war in der Grafschaft Mark die Amboſsschmiederei mit Wasserbetrieb zu einem wichtigen Industriezweige geworden. Diese Amboſsschmiede verfertigten nicht nur Ambosse aller Art, sondern auch sonstige schwere Schmiedestücke, als Hämmer, Walzen, Hülsen, Achsen, Schienen, Wellzapfen, Mühlenkreuze, Sperrhaken, Pumpengestänge, Maschinenteile u. s. w. Ein gut betriebenes Amboſs- feuer brauchte jährlich 340 Ctr. Nassauer Luppeneisen, 15 Ctr. Stahl und 104 Karren Steinkohlen. Der Verdienst war ein guter. Rohrhämmer zum Ausschmieden der Gewehrläufe mit Wasser- hammerbetrieb bestanden schon im 16. Jahrhundert, aber erst im 18. Jahrhundert kamen sie zu allgemeinerer Anwendung, namentlich auch zu Suhl. Bei dem Schmieden der Rohre unter dem Rohr- hammer, der etwa 15 kg schwer war, verfuhr man ebenso, wie wir es früher bei den Handrohrschmieden beschrieben haben, und ging die Arbeit bei gutem Material schnell von statten. In sechs bis acht 1) De la forge des enclumes par M. Duhamel du Monceau. Descriptions, ed. Bertr., T. XV, p. 65.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/487
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 473. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/487>, abgerufen am 21.12.2024.