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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897.

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Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
leichter oder schwerer schmelzend ist. Die Form muss ebenso weit
vom Aschenzacken entfernt liegen als die Tiefe des Herdes beträgt,
auch muss sie mit dem Formzacken immer einen rechten Winkel
bilden. -- Ist sie nach der Vorderseite gewendet, so geht sie mehr
frischend, nach dem Aschenzacken mehr hart. Die Stärke oder
Pressung des Windes wurde durch den mehr oder weniger raschen
Wechsel der Bälge reguliert.

Der Schwede Gahn erfand zuerst einen Windmesser, um den
Druck des Windes zu messen.

Die Tiefe des Herdes richtet sich nach der Eisensorte; bei
halbiertem Eisen macht man ihn tiefer, bei grauem flacher. Der
Aschenzacken muss sich aus dem Herd neigen, damit das Frischeisen
leichter aufgebrochen werden kann. Der Aschenzacken liegt meist
einen Zoll höher als der Formzacken. Je höher die Arbeitsseite ist,
desto härter oder frischender geht der Herd, und umgekehrt. Das
Schlackenloch liegt 2 Zoll höher als der Frischboden. Der Wind-
strom muss immer durch die Düsen nach der Mitte der Formöffnung
und nach dem Boden der Form gerichtet werden.



Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.

Die Stahlbereitung geschah zwar nicht ausschliesslich durch
das Frischverfahren; die Cementstahlbereitung hatte bereits einen
ziemlichen Umfang erlangt, aber jedenfalls war das Stahlfrischen in
jener Zeit die verbreitetste und gebräuchlichste Art der Stahlfabrika-
tion. Die direkte Stahldarstellung aus den Erzen hatte sehr abge-
nommen. Sie wurde noch betrieben in Nordspanien, Korsika und
einigen anderen Gegenden in Rennherden, und in Steiermark in Stück-
öfen, die aber im Laufe des Jahrhunderts mehr und mehr verschwanden.

Das Stahlfrischen geschah in ganz ähnlichen, teilweise sogar
in denselben Herdöfen, wie das Eisenfrischen. Der Unterschied des
Prozesses gegen das Eisenfrischen bestand darin, dass man das
Garwerden des Roheisens durch eine langsame Behandlung unter dem
Winde zu bewirken suchte, statt dass das Roheisen beim Eisenfrisch-
prozess stets vor oder über dem Winde gehalten werden musste. Um
Stahl, den Zwischenzustand zwischen Roheisen und Schmiedeeisen,
welcher reicher an Kohlenstoff und leicht schmelzbarer ist als letzte-
res, zu erhalten, durfte nur eine beschränkte Verbrennung des Kohlen-

Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.
leichter oder schwerer schmelzend ist. Die Form muſs ebenso weit
vom Aschenzacken entfernt liegen als die Tiefe des Herdes beträgt,
auch muſs sie mit dem Formzacken immer einen rechten Winkel
bilden. — Ist sie nach der Vorderseite gewendet, so geht sie mehr
frischend, nach dem Aschenzacken mehr hart. Die Stärke oder
Pressung des Windes wurde durch den mehr oder weniger raschen
Wechsel der Bälge reguliert.

Der Schwede Gahn erfand zuerst einen Windmesser, um den
Druck des Windes zu messen.

Die Tiefe des Herdes richtet sich nach der Eisensorte; bei
halbiertem Eisen macht man ihn tiefer, bei grauem flacher. Der
Aschenzacken muſs sich aus dem Herd neigen, damit das Frischeisen
leichter aufgebrochen werden kann. Der Aschenzacken liegt meist
einen Zoll höher als der Formzacken. Je höher die Arbeitsseite ist,
desto härter oder frischender geht der Herd, und umgekehrt. Das
Schlackenloch liegt 2 Zoll höher als der Frischboden. Der Wind-
strom muſs immer durch die Düsen nach der Mitte der Formöffnung
und nach dem Boden der Form gerichtet werden.



Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts.

Die Stahlbereitung geschah zwar nicht ausschlieſslich durch
das Frischverfahren; die Cementstahlbereitung hatte bereits einen
ziemlichen Umfang erlangt, aber jedenfalls war das Stahlfrischen in
jener Zeit die verbreitetste und gebräuchlichste Art der Stahlfabrika-
tion. Die direkte Stahldarstellung aus den Erzen hatte sehr abge-
nommen. Sie wurde noch betrieben in Nordspanien, Korsika und
einigen anderen Gegenden in Rennherden, und in Steiermark in Stück-
öfen, die aber im Laufe des Jahrhunderts mehr und mehr verschwanden.

Das Stahlfrischen geschah in ganz ähnlichen, teilweise sogar
in denselben Herdöfen, wie das Eisenfrischen. Der Unterschied des
Prozesses gegen das Eisenfrischen bestand darin, daſs man das
Garwerden des Roheisens durch eine langsame Behandlung unter dem
Winde zu bewirken suchte, statt daſs das Roheisen beim Eisenfrisch-
prozeſs stets vor oder über dem Winde gehalten werden muſste. Um
Stahl, den Zwischenzustand zwischen Roheisen und Schmiedeeisen,
welcher reicher an Kohlenstoff und leicht schmelzbarer ist als letzte-
res, zu erhalten, durfte nur eine beschränkte Verbrennung des Kohlen-

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[409/0423] Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. leichter oder schwerer schmelzend ist. Die Form muſs ebenso weit vom Aschenzacken entfernt liegen als die Tiefe des Herdes beträgt, auch muſs sie mit dem Formzacken immer einen rechten Winkel bilden. — Ist sie nach der Vorderseite gewendet, so geht sie mehr frischend, nach dem Aschenzacken mehr hart. Die Stärke oder Pressung des Windes wurde durch den mehr oder weniger raschen Wechsel der Bälge reguliert. Der Schwede Gahn erfand zuerst einen Windmesser, um den Druck des Windes zu messen. Die Tiefe des Herdes richtet sich nach der Eisensorte; bei halbiertem Eisen macht man ihn tiefer, bei grauem flacher. Der Aschenzacken muſs sich aus dem Herd neigen, damit das Frischeisen leichter aufgebrochen werden kann. Der Aschenzacken liegt meist einen Zoll höher als der Formzacken. Je höher die Arbeitsseite ist, desto härter oder frischender geht der Herd, und umgekehrt. Das Schlackenloch liegt 2 Zoll höher als der Frischboden. Der Wind- strom muſs immer durch die Düsen nach der Mitte der Formöffnung und nach dem Boden der Form gerichtet werden. Stahlfrischen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Die Stahlbereitung geschah zwar nicht ausschlieſslich durch das Frischverfahren; die Cementstahlbereitung hatte bereits einen ziemlichen Umfang erlangt, aber jedenfalls war das Stahlfrischen in jener Zeit die verbreitetste und gebräuchlichste Art der Stahlfabrika- tion. Die direkte Stahldarstellung aus den Erzen hatte sehr abge- nommen. Sie wurde noch betrieben in Nordspanien, Korsika und einigen anderen Gegenden in Rennherden, und in Steiermark in Stück- öfen, die aber im Laufe des Jahrhunderts mehr und mehr verschwanden. Das Stahlfrischen geschah in ganz ähnlichen, teilweise sogar in denselben Herdöfen, wie das Eisenfrischen. Der Unterschied des Prozesses gegen das Eisenfrischen bestand darin, daſs man das Garwerden des Roheisens durch eine langsame Behandlung unter dem Winde zu bewirken suchte, statt daſs das Roheisen beim Eisenfrisch- prozeſs stets vor oder über dem Winde gehalten werden muſste. Um Stahl, den Zwischenzustand zwischen Roheisen und Schmiedeeisen, welcher reicher an Kohlenstoff und leicht schmelzbarer ist als letzte- res, zu erhalten, durfte nur eine beschränkte Verbrennung des Kohlen-

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 3: Das XVIII. Jahrhundert. Braunschweig, 1897, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen03_1897/423>, abgerufen am 21.11.2024.