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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern.
der Herd aufgemauert, ähnlich wie wir dies bei den Katalanschmieden
früher bereits kennen gelernt haben 1). Doch brachte man auf der
Arbeitsseite bereits ein mit Löchern zum Ablassen der Schlacke ver-
sehenes Blech, das "Sinterblech", an, während man die Formseite, an
der sich die meisten Ansätze bilden, die mit dem Spiess weggestossen
werden müssen, durch eine stärkere, 2 bis 3 Zoll dicke Eisenplatte,
den sogenannten "Abbrand", schützte. Die Hinter- und Windseite
waren dagegen immer gemauert, und zwar waren die Wände nach
rückwärts gelehnt in einem Winkel von 80 bis 85 Grad und liefen
in einer abgerundeten Ecke zusammen. Die Hinterseite (Wolfseite)
war zirka 1/2 m erhöht durch die "Wolfmauer". Den Boden pflegte
man aus einer Steinplatte zuzurichten. Bei der deutschen Aufbrech-
schmiede, wo viel energischer im Herde gearbeitet werden musste,
schützte man dagegen sämtliche Wände und den Boden durch eiserne
Platten, oder richtiger gesagt, man baute den ganzen Frischherd aus
Eisenplatten zusammen. Die Seitenplatten hiessen in Deutschland
"Zacken" (Taken), in Steiermark und Österreich "Abbränder", in
Kärnten und Krain Steine oder Feuerplatten, der Herdboden hiess
auch Frisch- oder Feuerboden. Die Zacken, welche man in Deutsch-
land aus dem Hochofen goss, wurden nach den vier Herdseiten
unterschieden, als 1) Vorder-, Arbeits- oder Schlackenzacken, auch
Vorherd-, Essbank-, Sinter- oder Rolplatte; 2) die Eisenplatte der
Formseite hiess der Formzacken, in Österreich auch Esseisenplatte;
3) gegenüber lag der Gicht-, Wind- oder Rührzacken (welsch Ria);
4) der Arbeitsseite gegenüber der Hinterzacken, auch Aschen-
oder Wolfszacken genannt. Doch verstand man unter Aschenzacken
gewöhnlich eine zweite, auf den Hinterzacken lose aufgesetzte Platte,
welche den Zweck hatte, die durch die Flamme in die Esse getriebene
Asche zurückzuhalten und zu verhindern, dass sie nicht in den Herd
zurückfalle. War ein besonderer Schlackenzacken vorhanden, so be-
fand sich in demselben entweder eine grosse Öffnung oder es waren
in demselben mehrere über einander liegende Löcher zum Ablassen
der Schlacken angebracht, welche nur mit Kohlenlösche zugestopft
wurden.

Die vier Zacken erhielten in der Regel aber nicht immer eine
gleiche Höhe, und zwar war die Höhe des Formzackens massgebend.
Auf den Vorderzacken oder das Sinterblech wurde häufig eine be-
sondere, 52 mm dicke eiserne "Essbank" horizontal aufgelegt, ebenso

1) Siehe Bd. I, S. 793.

Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern.
der Herd aufgemauert, ähnlich wie wir dies bei den Katalanschmieden
früher bereits kennen gelernt haben 1). Doch brachte man auf der
Arbeitsseite bereits ein mit Löchern zum Ablassen der Schlacke ver-
sehenes Blech, das „Sinterblech“, an, während man die Formseite, an
der sich die meisten Ansätze bilden, die mit dem Spieſs weggestoſsen
werden müssen, durch eine stärkere, 2 bis 3 Zoll dicke Eisenplatte,
den sogenannten „Abbrand“, schützte. Die Hinter- und Windseite
waren dagegen immer gemauert, und zwar waren die Wände nach
rückwärts gelehnt in einem Winkel von 80 bis 85 Grad und liefen
in einer abgerundeten Ecke zusammen. Die Hinterseite (Wolfseite)
war zirka ½ m erhöht durch die „Wolfmauer“. Den Boden pflegte
man aus einer Steinplatte zuzurichten. Bei der deutschen Aufbrech-
schmiede, wo viel energischer im Herde gearbeitet werden muſste,
schützte man dagegen sämtliche Wände und den Boden durch eiserne
Platten, oder richtiger gesagt, man baute den ganzen Frischherd aus
Eisenplatten zusammen. Die Seitenplatten hieſsen in Deutschland
„Zacken“ (Taken), in Steiermark und Österreich „Abbränder“, in
Kärnten und Krain Steine oder Feuerplatten, der Herdboden hieſs
auch Frisch- oder Feuerboden. Die Zacken, welche man in Deutsch-
land aus dem Hochofen goſs, wurden nach den vier Herdseiten
unterschieden, als 1) Vorder-, Arbeits- oder Schlackenzacken, auch
Vorherd-, Eſsbank-, Sinter- oder Rolplatte; 2) die Eisenplatte der
Formseite hieſs der Formzacken, in Österreich auch Eſseisenplatte;
3) gegenüber lag der Gicht-, Wind- oder Rührzacken (welsch Ria);
4) der Arbeitsseite gegenüber der Hinterzacken, auch Aschen-
oder Wolfszacken genannt. Doch verstand man unter Aschenzacken
gewöhnlich eine zweite, auf den Hinterzacken lose aufgesetzte Platte,
welche den Zweck hatte, die durch die Flamme in die Esse getriebene
Asche zurückzuhalten und zu verhindern, daſs sie nicht in den Herd
zurückfalle. War ein besonderer Schlackenzacken vorhanden, so be-
fand sich in demselben entweder eine groſse Öffnung oder es waren
in demselben mehrere über einander liegende Löcher zum Ablassen
der Schlacken angebracht, welche nur mit Kohlenlösche zugestopft
wurden.

Die vier Zacken erhielten in der Regel aber nicht immer eine
gleiche Höhe, und zwar war die Höhe des Formzackens maſsgebend.
Auf den Vorderzacken oder das Sinterblech wurde häufig eine be-
sondere, 52 mm dicke eiserne „Eſsbank“ horizontal aufgelegt, ebenso

1) Siehe Bd. I, S. 793.
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[228/0248] Schmiedeisenbereitung in Frischfeuern. der Herd aufgemauert, ähnlich wie wir dies bei den Katalanschmieden früher bereits kennen gelernt haben 1). Doch brachte man auf der Arbeitsseite bereits ein mit Löchern zum Ablassen der Schlacke ver- sehenes Blech, das „Sinterblech“, an, während man die Formseite, an der sich die meisten Ansätze bilden, die mit dem Spieſs weggestoſsen werden müssen, durch eine stärkere, 2 bis 3 Zoll dicke Eisenplatte, den sogenannten „Abbrand“, schützte. Die Hinter- und Windseite waren dagegen immer gemauert, und zwar waren die Wände nach rückwärts gelehnt in einem Winkel von 80 bis 85 Grad und liefen in einer abgerundeten Ecke zusammen. Die Hinterseite (Wolfseite) war zirka ½ m erhöht durch die „Wolfmauer“. Den Boden pflegte man aus einer Steinplatte zuzurichten. Bei der deutschen Aufbrech- schmiede, wo viel energischer im Herde gearbeitet werden muſste, schützte man dagegen sämtliche Wände und den Boden durch eiserne Platten, oder richtiger gesagt, man baute den ganzen Frischherd aus Eisenplatten zusammen. Die Seitenplatten hieſsen in Deutschland „Zacken“ (Taken), in Steiermark und Österreich „Abbränder“, in Kärnten und Krain Steine oder Feuerplatten, der Herdboden hieſs auch Frisch- oder Feuerboden. Die Zacken, welche man in Deutsch- land aus dem Hochofen goſs, wurden nach den vier Herdseiten unterschieden, als 1) Vorder-, Arbeits- oder Schlackenzacken, auch Vorherd-, Eſsbank-, Sinter- oder Rolplatte; 2) die Eisenplatte der Formseite hieſs der Formzacken, in Österreich auch Eſseisenplatte; 3) gegenüber lag der Gicht-, Wind- oder Rührzacken (welsch Ria); 4) der Arbeitsseite gegenüber der Hinterzacken, auch Aschen- oder Wolfszacken genannt. Doch verstand man unter Aschenzacken gewöhnlich eine zweite, auf den Hinterzacken lose aufgesetzte Platte, welche den Zweck hatte, die durch die Flamme in die Esse getriebene Asche zurückzuhalten und zu verhindern, daſs sie nicht in den Herd zurückfalle. War ein besonderer Schlackenzacken vorhanden, so be- fand sich in demselben entweder eine groſse Öffnung oder es waren in demselben mehrere über einander liegende Löcher zum Ablassen der Schlacken angebracht, welche nur mit Kohlenlösche zugestopft wurden. Die vier Zacken erhielten in der Regel aber nicht immer eine gleiche Höhe, und zwar war die Höhe des Formzackens maſsgebend. Auf den Vorderzacken oder das Sinterblech wurde häufig eine be- sondere, 52 mm dicke eiserne „Eſsbank“ horizontal aufgelegt, ebenso 1) Siehe Bd. I, S. 793.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/248>, abgerufen am 26.04.2024.