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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Stücköfen.

War das ausgebrachte Eisen unrein, so musste es in einem
Löschherde umgeschmolzen werden; war es aber gut geschmolzen,
so brachte man es unmittelbar unter den Hammer und schmiedete
es aus. Dabei wurden die Verunreinigungen herausgetrieben und es
blieb nur zähes Eisen zurück. Allerdings pflegte hierbei die Hälfte
des Gewichtes der Luppe in Verlust zu gehen.

Diese alten dalekarlischen Bauernöfen sind wohl als die primi-
tivsten Stücköfen anzusehen. Ähnliche Öfen gab es in Finnland und
Russland. Diejenigen, welche Agricola und Biringuccio beschrieben
haben, waren in Süddeutschland, Italien, überhaupt in dem ganzen
südlichen Europa heimisch und waren auch diejenigen, welche sich
am längsten erhalten haben und sich in den südlichsten Ländern
Europas heute noch finden.

In Kärnten waren die "Stücköfen" im 16. Jahrhundert in all-
gemeinem Gebrauch. Sie standen in den Plaahütten, welche den
Radmeistern gehörten. Sie hatten rechtwinkeligen oder cylindrischen
Querschnitt und waren sechs bis acht Fuss hoch 1). Die Brust wurde
einfach mit Lehm geschlossen. Der "Brustseite" gegenüber lag die
"Wasserseite", während der Wind seitlich durch die "Esseisenseite"
eintrat. Dem Esseisen, d. h. der Form gegenüber lag die Windseite.
Erz und Kohle wurden lagenweise aufgegeben und die zusammen-
gesinterten, halb geschmolzenen Erze mehrmals auf die Oberfläche
gebracht, bis sich endlich im Sumpfe der Eisenklumpen, "das Stück",
ein halb rohes, halb gefrischtes Produkt, ansammelte, welches als
solches in den Handel gebracht wurde. Eine Schmelzung dauerte
8 bis 12 Stunden und wurden Stücke von 8 bis 12 Ztr. erzeugt. Der
Kohlenaufwand betrug noch im vorigen Jahrhundert bis zu 60 Kubik-
fuss pro Zentner und das Ausbringen aus den besten Hüttenberger
Erzen nur 20 bis 24 Prozent.

Neben diesen Stuckhütten, welche keinen Wasserhammer hatten,
bestanden schon seit Anfang des 15. Jahrhunderts in Kärnten die
"Deutsch-Hämmer". Diese enthielten neben einem kleinen Stückofen
einen Löschherd und einen Wasserhammer. Das geschmolzene
Stück, welches kleiner war, wie das einer Stuckhütte, wurde sogleich
in drei bis vier Stücke zerschroten, im Löschherd ausgeheizt und
direkt zu verschiedenen Grobwaren oder auch zu Stahl ausgeschmiedet.
Dieses sind die Hütten, wie sie Agricola beschrieben hat. Ihre
Besitzer hiessen Hammermeister. Über die ökonomischen und recht-

1) Siehe Münichsdorfer, Geschichte des Hüttenberger Erzberges, S. 24.
Stücköfen.

War das ausgebrachte Eisen unrein, so muſste es in einem
Löschherde umgeschmolzen werden; war es aber gut geschmolzen,
so brachte man es unmittelbar unter den Hammer und schmiedete
es aus. Dabei wurden die Verunreinigungen herausgetrieben und es
blieb nur zähes Eisen zurück. Allerdings pflegte hierbei die Hälfte
des Gewichtes der Luppe in Verlust zu gehen.

Diese alten dalekarlischen Bauernöfen sind wohl als die primi-
tivsten Stücköfen anzusehen. Ähnliche Öfen gab es in Finnland und
Ruſsland. Diejenigen, welche Agricola und Biringuccio beschrieben
haben, waren in Süddeutschland, Italien, überhaupt in dem ganzen
südlichen Europa heimisch und waren auch diejenigen, welche sich
am längsten erhalten haben und sich in den südlichsten Ländern
Europas heute noch finden.

In Kärnten waren die „Stücköfen“ im 16. Jahrhundert in all-
gemeinem Gebrauch. Sie standen in den Plaahütten, welche den
Radmeistern gehörten. Sie hatten rechtwinkeligen oder cylindrischen
Querschnitt und waren sechs bis acht Fuſs hoch 1). Die Brust wurde
einfach mit Lehm geschlossen. Der „Brustseite“ gegenüber lag die
„Wasserseite“, während der Wind seitlich durch die „Eſseisenseite“
eintrat. Dem Eſseisen, d. h. der Form gegenüber lag die Windseite.
Erz und Kohle wurden lagenweise aufgegeben und die zusammen-
gesinterten, halb geschmolzenen Erze mehrmals auf die Oberfläche
gebracht, bis sich endlich im Sumpfe der Eisenklumpen, „das Stück“,
ein halb rohes, halb gefrischtes Produkt, ansammelte, welches als
solches in den Handel gebracht wurde. Eine Schmelzung dauerte
8 bis 12 Stunden und wurden Stücke von 8 bis 12 Ztr. erzeugt. Der
Kohlenaufwand betrug noch im vorigen Jahrhundert bis zu 60 Kubik-
fuſs pro Zentner und das Ausbringen aus den besten Hüttenberger
Erzen nur 20 bis 24 Prozent.

Neben diesen Stuckhütten, welche keinen Wasserhammer hatten,
bestanden schon seit Anfang des 15. Jahrhunderts in Kärnten die
„Deutsch-Hämmer“. Diese enthielten neben einem kleinen Stückofen
einen Löschherd und einen Wasserhammer. Das geschmolzene
Stück, welches kleiner war, wie das einer Stuckhütte, wurde sogleich
in drei bis vier Stücke zerschroten, im Löschherd ausgeheizt und
direkt zu verschiedenen Grobwaren oder auch zu Stahl ausgeschmiedet.
Dieses sind die Hütten, wie sie Agricola beschrieben hat. Ihre
Besitzer hieſsen Hammermeister. Über die ökonomischen und recht-

1) Siehe Münichsdorfer, Geschichte des Hüttenberger Erzberges, S. 24.
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[165/0185] Stücköfen. War das ausgebrachte Eisen unrein, so muſste es in einem Löschherde umgeschmolzen werden; war es aber gut geschmolzen, so brachte man es unmittelbar unter den Hammer und schmiedete es aus. Dabei wurden die Verunreinigungen herausgetrieben und es blieb nur zähes Eisen zurück. Allerdings pflegte hierbei die Hälfte des Gewichtes der Luppe in Verlust zu gehen. Diese alten dalekarlischen Bauernöfen sind wohl als die primi- tivsten Stücköfen anzusehen. Ähnliche Öfen gab es in Finnland und Ruſsland. Diejenigen, welche Agricola und Biringuccio beschrieben haben, waren in Süddeutschland, Italien, überhaupt in dem ganzen südlichen Europa heimisch und waren auch diejenigen, welche sich am längsten erhalten haben und sich in den südlichsten Ländern Europas heute noch finden. In Kärnten waren die „Stücköfen“ im 16. Jahrhundert in all- gemeinem Gebrauch. Sie standen in den Plaahütten, welche den Radmeistern gehörten. Sie hatten rechtwinkeligen oder cylindrischen Querschnitt und waren sechs bis acht Fuſs hoch 1). Die Brust wurde einfach mit Lehm geschlossen. Der „Brustseite“ gegenüber lag die „Wasserseite“, während der Wind seitlich durch die „Eſseisenseite“ eintrat. Dem Eſseisen, d. h. der Form gegenüber lag die Windseite. Erz und Kohle wurden lagenweise aufgegeben und die zusammen- gesinterten, halb geschmolzenen Erze mehrmals auf die Oberfläche gebracht, bis sich endlich im Sumpfe der Eisenklumpen, „das Stück“, ein halb rohes, halb gefrischtes Produkt, ansammelte, welches als solches in den Handel gebracht wurde. Eine Schmelzung dauerte 8 bis 12 Stunden und wurden Stücke von 8 bis 12 Ztr. erzeugt. Der Kohlenaufwand betrug noch im vorigen Jahrhundert bis zu 60 Kubik- fuſs pro Zentner und das Ausbringen aus den besten Hüttenberger Erzen nur 20 bis 24 Prozent. Neben diesen Stuckhütten, welche keinen Wasserhammer hatten, bestanden schon seit Anfang des 15. Jahrhunderts in Kärnten die „Deutsch-Hämmer“. Diese enthielten neben einem kleinen Stückofen einen Löschherd und einen Wasserhammer. Das geschmolzene Stück, welches kleiner war, wie das einer Stuckhütte, wurde sogleich in drei bis vier Stücke zerschroten, im Löschherd ausgeheizt und direkt zu verschiedenen Grobwaren oder auch zu Stahl ausgeschmiedet. Dieses sind die Hütten, wie sie Agricola beschrieben hat. Ihre Besitzer hieſsen Hammermeister. Über die ökonomischen und recht- 1) Siehe Münichsdorfer, Geschichte des Hüttenberger Erzberges, S. 24.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/185>, abgerufen am 26.04.2024.