Doch war es mürbe, verschlackte leicht im Feuer, schweisste ungern, liess sich nicht scharf schmieden und spitzte sich bei aller Vorsicht nicht. Bei starkem Betrieb waren sechs Arbeiter zur Bedienung eines Feuers erforderlich. Der Zerennmeister, welcher das Feuer regierte, erhielt vom Zentner Schmiedeeisen 131/2 Kreuzer. Der Mann, der das Erz vorläuft und die Schlacken wegschafft, 7 Kreuzer per Zentner. Der Kohlenzieher, welcher die Kohlen reinigt und aufträgt, 43/4 Kreuzer per Zentner.
Beim Löschfeuer hat der Meister und der Schlackenläufer, die das Feuer bauen und das Eisen ausrecken, vom Zentner 24 Kreuzer. Der Löschschmelzer, der die Zerennstücke vorlöscht und einschmelzt, vom Zentner 8 Kreuzer. Mit dem Zerennstück zugleich wurde gewöhnlich noch altes Schmiedeeisen verlöscht. Der Zentner Rohzerenneisen kostete der Hütte selbst 3 Gulden 35 Kreuzer, das fertige Schmiedeeisen 8 Gulden 33 Kreuzer 1 Pf. per Zentner.
Dies sind die bemerkenswertesten Nachrichten über unsere alten deutschen Luppenschmieden. Dieselben sind spärlich genug. Indessen hat sich diese Methode der Eisengewinnung in anderen Ländern Europas bis in dieses Jahrhundert, an einzelnen Stellen wahrscheinlich bis auf den heutigen Tag erhalten. Und wenn dort jetzt auch schon teil- weise bessere, mechanische Hilfsmaschinen zu Gebote stehen, als es im Mittelalter der Fall war, so beruht der Betrieb doch auf uralter Tra- dition, so dass sie uns die beste Illustration für den Betrieb der Renn- und Luppenfeuer geben. Ein Beispiel hierfür geben uns die Eisen- schmelzen auf Corsica.
Corsicanschmiede.
Corsica wurde von der Völkerwanderung kaum berührt. Schon in sehr früher Zeit war dort ein hervorragender Sitz der Eisen- industrie. Die Phokaischen Ansiedler rivalisierten mit den etruskischen Eisenschmieden 1). Die blutigen Völkerkämpfe des frühen Mittelalters übten keinerlei Einflüsse auf diese Waldinsel aus, im Gegenteil scheinen dadurch, dass die Eisenindustrie an der italienischen Küste litt, die elbanischen Erze noch mehr wie früher zur Verschmelzung nach Cor- sica gebracht worden zu sein. Diese Eisenindustrie hat sich in ihrer primitiven Weise bis in unsere Tage erhalten. Wir haben zwar kein direktes Zeugnis dafür, dass die kleinen Rennherde, wie sie noch zu
1) Siehe oben 476.
Eisenbereitung im Mittelalter.
Doch war es mürbe, verschlackte leicht im Feuer, schweiſste ungern, lieſs sich nicht scharf schmieden und spitzte sich bei aller Vorsicht nicht. Bei starkem Betrieb waren sechs Arbeiter zur Bedienung eines Feuers erforderlich. Der Zerennmeister, welcher das Feuer regierte, erhielt vom Zentner Schmiedeeisen 13½ Kreuzer. Der Mann, der das Erz vorläuft und die Schlacken wegschafft, 7 Kreuzer per Zentner. Der Kohlenzieher, welcher die Kohlen reinigt und aufträgt, 4¾ Kreuzer per Zentner.
Beim Löschfeuer hat der Meister und der Schlackenläufer, die das Feuer bauen und das Eisen ausrecken, vom Zentner 24 Kreuzer. Der Löschschmelzer, der die Zerennstücke vorlöscht und einschmelzt, vom Zentner 8 Kreuzer. Mit dem Zerennstück zugleich wurde gewöhnlich noch altes Schmiedeeisen verlöscht. Der Zentner Rohzerenneisen kostete der Hütte selbst 3 Gulden 35 Kreuzer, das fertige Schmiedeeisen 8 Gulden 33 Kreuzer 1 Pf. per Zentner.
Dies sind die bemerkenswertesten Nachrichten über unsere alten deutschen Luppenschmieden. Dieselben sind spärlich genug. Indessen hat sich diese Methode der Eisengewinnung in anderen Ländern Europas bis in dieses Jahrhundert, an einzelnen Stellen wahrscheinlich bis auf den heutigen Tag erhalten. Und wenn dort jetzt auch schon teil- weise bessere, mechanische Hilfsmaschinen zu Gebote stehen, als es im Mittelalter der Fall war, so beruht der Betrieb doch auf uralter Tra- dition, so daſs sie uns die beste Illustration für den Betrieb der Renn- und Luppenfeuer geben. Ein Beispiel hierfür geben uns die Eisen- schmelzen auf Corsica.
Corsicanschmiede.
Corsica wurde von der Völkerwanderung kaum berührt. Schon in sehr früher Zeit war dort ein hervorragender Sitz der Eisen- industrie. Die Phokaischen Ansiedler rivalisierten mit den etruskischen Eisenschmieden 1). Die blutigen Völkerkämpfe des frühen Mittelalters übten keinerlei Einflüsse auf diese Waldinsel aus, im Gegenteil scheinen dadurch, daſs die Eisenindustrie an der italienischen Küste litt, die elbanischen Erze noch mehr wie früher zur Verschmelzung nach Cor- sica gebracht worden zu sein. Diese Eisenindustrie hat sich in ihrer primitiven Weise bis in unsere Tage erhalten. Wir haben zwar kein direktes Zeugnis dafür, daſs die kleinen Rennherde, wie sie noch zu
1) Siehe oben 476.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0806"n="784"/><fwplace="top"type="header">Eisenbereitung im Mittelalter.</fw><lb/>
Doch war es mürbe, verschlackte leicht im Feuer, schweiſste ungern,<lb/>
lieſs sich nicht scharf schmieden und spitzte sich bei aller Vorsicht<lb/>
nicht. Bei starkem Betrieb waren sechs Arbeiter zur Bedienung eines<lb/>
Feuers erforderlich. Der Zerennmeister, welcher das Feuer regierte,<lb/>
erhielt vom Zentner Schmiedeeisen 13½ Kreuzer. Der Mann, der das<lb/>
Erz vorläuft und die Schlacken wegschafft, 7 Kreuzer per Zentner. Der<lb/>
Kohlenzieher, welcher die Kohlen reinigt und aufträgt, 4¾ Kreuzer<lb/>
per Zentner.</p><lb/><p>Beim Löschfeuer hat der Meister und der Schlackenläufer, die das<lb/>
Feuer bauen und das Eisen ausrecken, vom Zentner 24 Kreuzer. Der<lb/>
Löschschmelzer, der die Zerennstücke vorlöscht und einschmelzt, vom<lb/>
Zentner 8 Kreuzer. Mit dem Zerennstück zugleich wurde gewöhnlich<lb/>
noch altes Schmiedeeisen verlöscht. Der Zentner Rohzerenneisen<lb/>
kostete der Hütte selbst 3 Gulden 35 Kreuzer, das fertige Schmiedeeisen<lb/>
8 Gulden 33 Kreuzer 1 Pf. per Zentner.</p><lb/><p>Dies sind die bemerkenswertesten Nachrichten über unsere alten<lb/>
deutschen Luppenschmieden. Dieselben sind spärlich genug. Indessen<lb/>
hat sich diese Methode der Eisengewinnung in anderen Ländern<lb/>
Europas bis in dieses Jahrhundert, an einzelnen Stellen wahrscheinlich<lb/>
bis auf den heutigen Tag erhalten. Und wenn dort jetzt auch schon teil-<lb/>
weise bessere, mechanische Hilfsmaschinen zu Gebote stehen, als es im<lb/>
Mittelalter der Fall war, so beruht der Betrieb doch auf uralter Tra-<lb/>
dition, so daſs sie uns die beste Illustration für den Betrieb der Renn-<lb/>
und Luppenfeuer geben. Ein Beispiel hierfür geben uns <hirendition="#g">die Eisen-<lb/>
schmelzen auf Corsica</hi>.</p><lb/><divn="4"><head><hirendition="#g">Corsicanschmiede</hi>.</head><lb/><p>Corsica wurde von der Völkerwanderung kaum berührt. Schon<lb/>
in sehr früher Zeit war dort ein hervorragender Sitz der Eisen-<lb/>
industrie. Die Phokaischen Ansiedler rivalisierten mit den etruskischen<lb/>
Eisenschmieden <noteplace="foot"n="1)">Siehe oben 476.</note>. Die blutigen Völkerkämpfe des frühen Mittelalters<lb/>
übten keinerlei Einflüsse auf diese Waldinsel aus, im Gegenteil scheinen<lb/>
dadurch, daſs die Eisenindustrie an der italienischen Küste litt, die<lb/>
elbanischen Erze noch mehr wie früher zur Verschmelzung nach Cor-<lb/>
sica gebracht worden zu sein. Diese Eisenindustrie hat sich in ihrer<lb/>
primitiven Weise bis in unsere Tage erhalten. Wir haben zwar kein<lb/>
direktes Zeugnis dafür, daſs die kleinen Rennherde, wie sie noch zu<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[784/0806]
Eisenbereitung im Mittelalter.
Doch war es mürbe, verschlackte leicht im Feuer, schweiſste ungern,
lieſs sich nicht scharf schmieden und spitzte sich bei aller Vorsicht
nicht. Bei starkem Betrieb waren sechs Arbeiter zur Bedienung eines
Feuers erforderlich. Der Zerennmeister, welcher das Feuer regierte,
erhielt vom Zentner Schmiedeeisen 13½ Kreuzer. Der Mann, der das
Erz vorläuft und die Schlacken wegschafft, 7 Kreuzer per Zentner. Der
Kohlenzieher, welcher die Kohlen reinigt und aufträgt, 4¾ Kreuzer
per Zentner.
Beim Löschfeuer hat der Meister und der Schlackenläufer, die das
Feuer bauen und das Eisen ausrecken, vom Zentner 24 Kreuzer. Der
Löschschmelzer, der die Zerennstücke vorlöscht und einschmelzt, vom
Zentner 8 Kreuzer. Mit dem Zerennstück zugleich wurde gewöhnlich
noch altes Schmiedeeisen verlöscht. Der Zentner Rohzerenneisen
kostete der Hütte selbst 3 Gulden 35 Kreuzer, das fertige Schmiedeeisen
8 Gulden 33 Kreuzer 1 Pf. per Zentner.
Dies sind die bemerkenswertesten Nachrichten über unsere alten
deutschen Luppenschmieden. Dieselben sind spärlich genug. Indessen
hat sich diese Methode der Eisengewinnung in anderen Ländern
Europas bis in dieses Jahrhundert, an einzelnen Stellen wahrscheinlich
bis auf den heutigen Tag erhalten. Und wenn dort jetzt auch schon teil-
weise bessere, mechanische Hilfsmaschinen zu Gebote stehen, als es im
Mittelalter der Fall war, so beruht der Betrieb doch auf uralter Tra-
dition, so daſs sie uns die beste Illustration für den Betrieb der Renn-
und Luppenfeuer geben. Ein Beispiel hierfür geben uns die Eisen-
schmelzen auf Corsica.
Corsicanschmiede.
Corsica wurde von der Völkerwanderung kaum berührt. Schon
in sehr früher Zeit war dort ein hervorragender Sitz der Eisen-
industrie. Die Phokaischen Ansiedler rivalisierten mit den etruskischen
Eisenschmieden 1). Die blutigen Völkerkämpfe des frühen Mittelalters
übten keinerlei Einflüsse auf diese Waldinsel aus, im Gegenteil scheinen
dadurch, daſs die Eisenindustrie an der italienischen Küste litt, die
elbanischen Erze noch mehr wie früher zur Verschmelzung nach Cor-
sica gebracht worden zu sein. Diese Eisenindustrie hat sich in ihrer
primitiven Weise bis in unsere Tage erhalten. Wir haben zwar kein
direktes Zeugnis dafür, daſs die kleinen Rennherde, wie sie noch zu
1) Siehe oben 476.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 784. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/806>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.