Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.obersten Grundsatzes (Note 3.), die blos die Beraubung der Reichen zur Folge haben muß. Denn in Bezug auf das Vermögen, welches der Reiche nicht in der Gemeinde besitzt, bezieht er auch keine Vortheile vom Gemeindeverbande; der sonst noch so reiche Staatsbürger, der in der Gemeinde wenig oder gar nichts besitzt, ist in Beziehung auf diese als Besitzer arm; und durch die Besteuerung nach v. Rot- teck's höchst inconsequenter Meinung würde der Reiche, der in verschiedenen Ge- meinden Besitzungen hat, für alle diese doppelt, dreifach u. s. w., überhaupt so vielfach besteuert werden, als in wie vielen Gemeinden er solche hat, weil ihn jede Gemeinde nach seinem Vermögen überhaupt besteuern würde. Es liegt ferner in v. Rotteck's Ansichten eine Abweichung von seinem Prinzipe, welches sagt, daß die Gemeinde dadurch vom Staate auch hauptsächlich verschieden sei, daß der Leztere auf das ganze Staatsgebiet, folglich auch auf die Gemeindemarkung ein Souveraine- tätsrecht habe, während die Gemeinde blos innerhalb der Banngrenzen ihre Ge- meindegewalt als Realrecht ausüben dürfe. Denn es fließt hieraus unmittelbar, daß sie ihr Steuerrecht nicht über die Banngrenze ausdehnen darf. Wer in der Gemeinde ein Einkommen von auswärtigem Vermögen genießt, kann mit Recht blos durch eine Genuß- oder Consumtionssteuer beigezogen werden. Allein der H. v. Rotteck erklärt diese und die Gemeindefrohnden für Abweichungen von unserem Steuerprinzipe (Note 3.) und für Ausflüsse des seinigen. Derselbe ist jedoch im Irrthume und in Inconsequenz. Denn Frohnden sind nicht blos verwerflich, wenn das Wort "Herr" oder "Staat" davor steht, sondern weil sie, wie später gezeigt werden soll, eine schreiend ungleiche Last sind, welche die Aermeren sehr drückt, gleichviel durch wen, ob sie in Natur oder Geld gefordert werden. Sie sind übrigens keine Steuern. Bei den Consumtionssteuern aber ist nicht blos das Bedürfniß, sondern auch der Genuß belegt; überhaupt aber und gerade darum ist v. Rotteck's Bemerkung, das Bedürfniß sei bei Allen gleich, das Vermögen aber unendlich verschieden, höchst unwahr; auf keinen Fall könnte derselbe aber diesen, die Consumtionssteuer verwerfenden, Satz consequenter Weise gebrauchen, um die Richtigkeit seines Steuersystemes zu behaupten. Denn was man für ungerecht und schlecht erklärt, das darf man nicht als Ausfluß eines gerechten und guten Systemes benutzen. S. §. 385. Note 1. II. Besondere Grundsätze. §. 384. Aus jenen allgemeinen Grundsätzen ersieht man die Verschie- oberſten Grundſatzes (Note 3.), die blos die Beraubung der Reichen zur Folge haben muß. Denn in Bezug auf das Vermögen, welches der Reiche nicht in der Gemeinde beſitzt, bezieht er auch keine Vortheile vom Gemeindeverbande; der ſonſt noch ſo reiche Staatsbürger, der in der Gemeinde wenig oder gar nichts beſitzt, iſt in Beziehung auf dieſe als Beſitzer arm; und durch die Beſteuerung nach v. Rot- teck's höchſt inconſequenter Meinung würde der Reiche, der in verſchiedenen Ge- meinden Beſitzungen hat, für alle dieſe doppelt, dreifach u. ſ. w., überhaupt ſo vielfach beſteuert werden, als in wie vielen Gemeinden er ſolche hat, weil ihn jede Gemeinde nach ſeinem Vermögen überhaupt beſteuern würde. Es liegt ferner in v. Rotteck's Anſichten eine Abweichung von ſeinem Prinzipe, welches ſagt, daß die Gemeinde dadurch vom Staate auch hauptſächlich verſchieden ſei, daß der Leztere auf das ganze Staatsgebiet, folglich auch auf die Gemeindemarkung ein Souveraine- tätsrecht habe, während die Gemeinde blos innerhalb der Banngrenzen ihre Ge- meindegewalt als Realrecht ausüben dürfe. Denn es fließt hieraus unmittelbar, daß ſie ihr Steuerrecht nicht über die Banngrenze ausdehnen darf. Wer in der Gemeinde ein Einkommen von auswärtigem Vermögen genießt, kann mit Recht blos durch eine Genuß- oder Conſumtionsſteuer beigezogen werden. Allein der H. v. Rotteck erklärt dieſe und die Gemeindefrohnden für Abweichungen von unſerem Steuerprinzipe (Note 3.) und für Ausflüſſe des ſeinigen. Derſelbe iſt jedoch im Irrthume und in Inconſequenz. Denn Frohnden ſind nicht blos verwerflich, wenn das Wort „Herr“ oder „Staat“ davor ſteht, ſondern weil ſie, wie ſpäter gezeigt werden ſoll, eine ſchreiend ungleiche Laſt ſind, welche die Aermeren ſehr drückt, gleichviel durch wen, ob ſie in Natur oder Geld gefordert werden. Sie ſind übrigens keine Steuern. Bei den Conſumtionsſteuern aber iſt nicht blos das Bedürfniß, ſondern auch der Genuß belegt; überhaupt aber und gerade darum iſt v. Rotteck's Bemerkung, das Bedürfniß ſei bei Allen gleich, das Vermögen aber unendlich verſchieden, höchſt unwahr; auf keinen Fall könnte derſelbe aber dieſen, die Conſumtionsſteuer verwerfenden, Satz conſequenter Weiſe gebrauchen, um die Richtigkeit ſeines Steuerſyſtemes zu behaupten. Denn was man für ungerecht und ſchlecht erklärt, das darf man nicht als Ausfluß eines gerechten und guten Syſtemes benutzen. S. §. 385. Note 1. II. Beſondere Grundſätze. §. 384. Aus jenen allgemeinen Grundſätzen erſieht man die Verſchie- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <note place="end" n="6)"><pb facs="#f0538" n="516"/> oberſten Grundſatzes (Note 3.), die blos die Beraubung der Reichen zur Folge<lb/> haben muß. Denn in Bezug auf das Vermögen, welches der Reiche nicht in der<lb/> Gemeinde beſitzt, bezieht er auch keine Vortheile vom Gemeindeverbande; der ſonſt<lb/> noch ſo reiche Staatsbürger, der in der Gemeinde wenig oder gar nichts beſitzt, iſt<lb/> in Beziehung auf dieſe als Beſitzer arm; und durch die Beſteuerung nach v. <hi rendition="#g">Rot</hi>-<lb/><hi rendition="#g">teck</hi>'s höchſt inconſequenter Meinung würde der Reiche, der in verſchiedenen Ge-<lb/> meinden Beſitzungen hat, für alle dieſe doppelt, dreifach u. ſ. w., überhaupt ſo<lb/> vielfach beſteuert werden, als in wie vielen Gemeinden er ſolche hat, weil ihn jede<lb/> Gemeinde nach ſeinem Vermögen überhaupt beſteuern würde. 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⁶⁾ oberſten Grundſatzes (Note 3.), die blos die Beraubung der Reichen zur Folge
haben muß. Denn in Bezug auf das Vermögen, welches der Reiche nicht in der
Gemeinde beſitzt, bezieht er auch keine Vortheile vom Gemeindeverbande; der ſonſt
noch ſo reiche Staatsbürger, der in der Gemeinde wenig oder gar nichts beſitzt, iſt
in Beziehung auf dieſe als Beſitzer arm; und durch die Beſteuerung nach v. Rot-
teck's höchſt inconſequenter Meinung würde der Reiche, der in verſchiedenen Ge-
meinden Beſitzungen hat, für alle dieſe doppelt, dreifach u. ſ. w., überhaupt ſo
vielfach beſteuert werden, als in wie vielen Gemeinden er ſolche hat, weil ihn jede
Gemeinde nach ſeinem Vermögen überhaupt beſteuern würde. Es liegt ferner in
v. Rotteck's Anſichten eine Abweichung von ſeinem Prinzipe, welches ſagt, daß
die Gemeinde dadurch vom Staate auch hauptſächlich verſchieden ſei, daß der Leztere
auf das ganze Staatsgebiet, folglich auch auf die Gemeindemarkung ein Souveraine-
tätsrecht habe, während die Gemeinde blos innerhalb der Banngrenzen ihre Ge-
meindegewalt als Realrecht ausüben dürfe. Denn es fließt hieraus unmittelbar,
daß ſie ihr Steuerrecht nicht über die Banngrenze ausdehnen darf. Wer in der
Gemeinde ein Einkommen von auswärtigem Vermögen genießt, kann mit Recht
blos durch eine Genuß- oder Conſumtionsſteuer beigezogen werden. Allein
der H. v. Rotteck erklärt dieſe und die Gemeindefrohnden für Abweichungen
von unſerem Steuerprinzipe (Note 3.) und für Ausflüſſe des ſeinigen. Derſelbe
iſt jedoch im Irrthume und in Inconſequenz. Denn Frohnden ſind nicht blos
verwerflich, wenn das Wort „Herr“ oder „Staat“ davor ſteht, ſondern weil
ſie, wie ſpäter gezeigt werden ſoll, eine ſchreiend ungleiche Laſt ſind, welche die
Aermeren ſehr drückt, gleichviel durch wen, ob ſie in Natur oder Geld gefordert
werden. Sie ſind übrigens keine Steuern. Bei den Conſumtionsſteuern aber iſt
nicht blos das Bedürfniß, ſondern auch der Genuß belegt; überhaupt aber und
gerade darum iſt v. Rotteck's Bemerkung, das Bedürfniß ſei bei Allen gleich,
das Vermögen aber unendlich verſchieden, höchſt unwahr; auf keinen Fall könnte
derſelbe aber dieſen, die Conſumtionsſteuer verwerfenden, Satz conſequenter Weiſe
gebrauchen, um die Richtigkeit ſeines Steuerſyſtemes zu behaupten. Denn was man
für ungerecht und ſchlecht erklärt, das darf man nicht als Ausfluß eines gerechten
und guten Syſtemes benutzen. S. §. 385. Note 1.
II. Beſondere Grundſätze.
§. 384.
Aus jenen allgemeinen Grundſätzen erſieht man die Verſchie-
denheit der Beziehungen bei Umlage von Gemeindeſteuern im Ver-
gleiche mit jener der Staatsſteuern. Außer jenen Rechtsprinzipien
gibt es aber im Steuerweſen noch politiſche oder Klugheitsregeln,
welche aus nationalöconomiſchen Rückſichten fließen. Dieſelben ſind
zwar auch allgemein, aber ſie ſind die nämlichen, welche auch die
Finanzwirthſchaft beobachten muß, weßhalb ſie hier nicht erklärt
zu werden brauchen, wo es ſich blos um die Eigenthümlichkeiten
der Gemeindewirthſchaft handelt. Auch für dieſe Leztere können
zwar nur dieſelben Steuerobjecte mit Umlagen belegt werden,
welche man überhaupt, alſo in der Finanzwirthſchaft, beſteuern
kann, und die Beurtheilung einer Steuer an ſich beruht zwar
immer auf denſelben Prinzipien; allein ſchon jene allgemeinen
Grundſätze für Gemeindeumlagen gebieten der Gemeinde Modifi-
cationen und Abweichungen von der Staatsſteuerlehre. Denn bei
der Umlage von Gemeindeſteuern hat man vor Allem zu berück-
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