Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681.von der Schwermuth. gleich viel Wein und Korn haben/ ich lige und schlaffe gantz mit Frieden/dann allein Du HErr hilffest mir/ daß ich sicher wohne/ Ps. 4. Wie nunapplici[rt.] keiner ein täglich Wolleben/ das im HErrn geschiehet/ außschlagen wird/ also soll sich auch keiner selber mit Betrübnüß und Schwermuth beladen/ wie auch die verlesene Worte Syrachs dahin gehen/ da ersagt: Mache dich etc. Weil wir dann in unsern vo habenden Laster-Predigten/ zum nächsten vonVortrag. Vermeidung der Einsamkeit geredet/ wollen wir dißmal von der selbst-ge- machten Schwermuth etwas weniges reden/ erstlich die verlesene Worte mit wenigem erklären/ darnach auch anzeigen/ was wir von der Melancholey und Schwermuth/ zu unserer Lehr und Nutzen werden zu behalten haben. Darzu uns GOtt/Wunsch. von oben herab/ Geist/ Gnad und Segen verleihen wolle/ Amen. Erklärung deß Texts. DJe Melancholia, nach dem Namen auß dem Griechischen atra bi-Melanche- seine Q q q q 2
von der Schwermuth. gleich viel Wein und Korn haben/ ich lige und ſchlaffe gantz mit Frieden/dann allein Du HErꝛ hilffeſt mir/ daß ich ſicher wohne/ Pſ. 4. Wie nunapplici[rt.] keiner ein taͤglich Wolleben/ das im HErꝛn geſchiehet/ außſchlagen wird/ alſo ſoll ſich auch keiner ſelber mit Betruͤbnuͤß und Schwermuth beladen/ wie auch die verleſene Worte Syrachs dahin gehen/ da erſagt: Mache dich ꝛc. Weil wir dann in unſern vo habenden Laſter-Predigten/ zum naͤchſten vonVortrag. Vermeidung der Einſamkeit geredet/ wollen wir dißmal von der ſelbſt-ge- machten Schwermuth etwas weniges reden/ erſtlich die verleſene Worte mit wenigem erklaͤren/ darnach auch anzeigen/ was wir von der Melancholey und Schwermuth/ zu unſerer Lehr und Nutzen werden zu behalten haben. Darzu uns GOtt/Wunſch. von oben herab/ Geiſt/ Gnad und Segen verleihen wolle/ Amen. Erklaͤrung deß Texts. DJe Melancholia, nach dem Namen auß dem Griechiſchen atra bi-Melanche- ſeine Q q q q 2
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von der Schwermuth.
gleich viel Wein und Korn haben/ ich lige und ſchlaffe gantz mit Frieden/
dann allein Du HErꝛ hilffeſt mir/ daß ich ſicher wohne/ Pſ. 4. Wie nun
keiner ein taͤglich Wolleben/ das im HErꝛn geſchiehet/ außſchlagen wird/ alſo
ſoll ſich auch keiner ſelber mit Betruͤbnuͤß und Schwermuth beladen/ wie
auch die verleſene Worte Syrachs dahin gehen/ da erſagt: Mache dich ꝛc.
Weil wir dann in unſern vo habenden Laſter-Predigten/ zum naͤchſten von
Vermeidung der Einſamkeit geredet/ wollen wir dißmal von der ſelbſt-ge-
machten Schwermuth etwas weniges reden/ erſtlich die verleſene Worte mit
wenigem erklaͤren/ darnach auch anzeigen/ was wir
von der Melancholey und Schwermuth/
zu unſerer Lehr und Nutzen werden zu behalten haben. Darzu uns GOtt/
von oben herab/ Geiſt/ Gnad und Segen verleihen wolle/ Amen.
applicirt.
Vortrag.
Wunſch.
Erklaͤrung deß Texts.
DJe Melancholia, nach dem Namen auß dem Griechiſchen atra bi-
lis, zu Teutſch Schwermuth genannt/ iſt ein ſolcher boͤſer Affect
und Zuſtand/ da ein Menſch eines traurigen Gebluͤtes und Ge-
muͤtes/ ſich ſelber mit ſchweren Gedancken aͤngſtiget und plaget/
GOttes Wort und frommer Chriſten Zuſprechen nichts achtet/ keinen Troſt
faſſen wil/ ſondern ſeinen eigenen/ unnuͤtzen/ gefaͤhrlichen Einfaͤllen nachhaͤn-
get und nachgehet/ und ſich darbey immerzu nur deß aͤrgſten beſorget und
fuͤrchtet. Solche Melancholey iſt unterſchiedlich: Bey etlichen ruͤhret ſie
auß natuͤrlichen Urſachen her durch Verderbung deß Gebluͤtes/ manche brin-
gen das Melancholiſche und gleichſam verbrannte Gebluͤt mit ſich auf die
Welt/ und ererben es von ihren Eltern/ die dergleichen Complexion gewe-
ſen/ wie man offt ſiehet/ daß in einem Geſchlecht etliche traurige/ melancho-
liſche Leute ſtaͤts gefunden werden: Mancher Menſch iſt auch von Natur
traurig/ weil ſeine Mutter/ da ſie ihn unter ihrem Hertzen getragen/ mit groſ-
ſer Bekuͤmmernuͤß und ſolcher Traurigkeit beſchweret geweſen. Manch-
mal werden bey einem Menſchen die Kraͤfften deß Leibes/ und die Zuneigun-
gen deß Gemuͤtes durch Schrecken/ Furcht und andere Ungelegenheit/ natuͤr-
licher Weiſe alſo veraͤndert/ daß das Gebluͤt gleichſam erſtarret/ die Adern
verſtopffet/ das Miltz verderbet/ Hertz und Gehirn verletzet/ und hierauß aller-
ley ungeſunde Humores und Feuchtigkeiten erreget werden/ die der Bruſt
die Lufft benehmen/ und wie ein Nebel in das Haupt ſteigen/ und allerley
ſeltzame betruͤbte auch offt ungeheure Gedancken im Gemuͤt formiren. Es
geſchiehet auch wol/ daß durch Zauberey und Liebes-Traͤncke einem Men-
ſchen groſſe Traurigkeit und Beſtuͤrtzung deß Gemuͤtes/ auß GOttes Ver-
haͤngnuͤß von boͤſen Leuten zugebracht wird. Welches alles/ wie gemeldet/
ſeine
Melanche-
lia iſt unter-
ſchiedlich/
I.
Naturalis.
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