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Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681.

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Die LI. Laster-Predigt/
unsern verlesenen Text/ und spricht/ wie es Paulus darmit unterscheidet/ und
spricht zun Ephesern am 5. C. Sauffet euch nicht voll Weins/ darauß
Vortrag.ein unordig Wesen folget. Weil wir dann/ meine Geliebte/ in Abhand-
lung derer Laster/ die eigentlich auf den lasterhafften Menschen selbsten sehen
und gehen/ zum nächsten geredet von dem Fressen/ so wollen wir für dieses mal/
so viel die Zeit leiden wird/ auch von dem Sauffen reden/ erstlich die verlesene
Worte mit wenigem erklären/ darnach auch mit mehrerm anzeigen/ was
wir
von der Trunckenheit/
Wunsch.zu unserer Lehr und Nutzen werden zu mercken und zu behalten haben. Darzu:
uns GOtt seine Gnade und Seegen verleihen wolle/ Amen.

Erklärung deß Texts.
Deß
Weins

SAuffet euch nicht voll Weins/ darauß ein unordig Wesen
folget.
Jn diesen Worten redet S. Paulus von dem Wein/
und verstehet dardurch vornemlich das Gewächs deß Weinstocks/
oder den edlen Reben-Safft/ der auß den Trauben gepresset wird/
ins gemein aber wird zugleich auch verftanden/ das Bier/ Meth/ Branter-
Wein und ander starck Getränck/ es habe einen Namen/ wie es wolle. Es
verbent aber S. Paulus den Wein nicht/ daß man denselben nicht trincken
sölle/ dann der Gebrauch deß Weins an sich selbsten ist gut/ so man seiner zur
Nothdurfft/ zur Gesundheit/ zur Krafft/ oder auch bißweiln zur zuläßlichen
Fröligkeit gebrauchet/ der Mensch bedarff dessen zu seinem Leben/ Syr. 39.
Der Wein erquicket dem Menschen das Leben/ so man ihn mässiglich trin-
cket/ und was ist das Leben/ da kein Wein ist. Der Wein ist geschaffen/ daß
er den Menschen frölich soll machen/ der Wein/ zur Nothdurfft getruncken/
Mißbrauch
und Uber-
fluß
erfreuet Leib und Seele/ Syr. 31. Darum sagt Paulus allhier nicht: Trin-
cket keinen Wein/ sondern sauffet nicht/ sauffet euch nicht voll Weins.
Das Wörtlein Sauffen kommt her von dem Ebräischen [fremdsprachliches Material - 3 Zeichen fehlen] welches Ebräi-
sche Wort mit unserm Teutschen gleichen Verstand und Bedeutung hat:
Es heisset aber/ sich voll sauffen/ nicht allein wann ein Trunckenbold sich mit
Wein oder andern starcken Getränck anfüllet/ daß er es mit den Fingern er-
langen könte/ nichts mehr um sich selbsten weißt/ weder gehen noch stehen kan/
sondern auch ins gemein/ wann einer durch den Trunck sein Hertz beschweret/
die Natur überlädt/ und mehr brauchet und in sich giesset/ als die Noth erfor-
dert/ und die Natur ertragen kan/ es geschehe gäh oder langsam/ mit vielem
oder wenigem: Dann daß manche den Wein also führen und ertragen kön-
nen/ daß man es ihnen nicht ansiehet/ ob sie gleich etliche Maß in sich geleget
haben/ das ist doch auch eine Füllerey und Trunckenheit/ ja/ solche Boden-

lose

Die LI. Laſter-Predigt/
unſern verleſenen Text/ und ſpricht/ wie es Paulus darmit unterſcheidet/ und
ſpricht zun Epheſern am 5. C. Sauffet euch nicht voll Weins/ darauß
Vortrag.ein unordig Weſen folget. Weil wir dann/ meine Geliebte/ in Abhand-
lung derer Laſter/ die eigentlich auf den laſterhafften Menſchen ſelbſten ſehen
und gehen/ zum naͤchſten geredet von dem Freſſen/ ſo wollen wir fuͤr dieſes mal/
ſo viel die Zeit leiden wird/ auch von dem Sauffen reden/ erſtlich die verleſene
Worte mit wenigem erklaͤren/ darnach auch mit mehrerm anzeigen/ was
wir
von der Trunckenheit/
Wunſch.zu unſerer Lehr und Nutzen werden zu mercken und zu behalten haben. Darzu:
uns GOtt ſeine Gnade und Seegen verleihen wolle/ Amen.

Erklaͤrung deß Texts.
Deß
Weins

SAuffet euch nicht voll Weins/ darauß ein unordig Weſen
folget.
Jn dieſen Worten redet S. Paulus von dem Wein/
und verſtehet dardurch vornemlich das Gewaͤchs deß Weinſtocks/
oder den edlen Reben-Safft/ der auß den Trauben gepreſſet wird/
ins gemein aber wird zugleich auch verftanden/ das Bier/ Meth/ Branter-
Wein und ander ſtarck Getraͤnck/ es habe einen Namen/ wie es wolle. Es
verbent aber S. Paulus den Wein nicht/ daß man denſelben nicht trincken
ſoͤlle/ dann der Gebrauch deß Weins an ſich ſelbſten iſt gut/ ſo man ſeiner zur
Nothdurfft/ zur Geſundheit/ zur Krafft/ oder auch bißweiln zur zulaͤßlichen
Froͤligkeit gebrauchet/ der Menſch bedarff deſſen zu ſeinem Leben/ Syr. 39.
Der Wein erquicket dem Menſchen das Leben/ ſo man ihn maͤſſiglich trin-
cket/ und was iſt das Leben/ da kein Wein iſt. Der Wein iſt geſchaffen/ daß
er den Menſchen froͤlich ſoll machen/ der Wein/ zur Nothdurfft getruncken/
Mißbrauch
und Uber-
fluß
erfreuet Leib und Seele/ Syr. 31. Darum ſagt Paulus allhier nicht: Trin-
cket keinen Wein/ ſondern ſauffet nicht/ ſauffet euch nicht voll Weins.
Das Woͤrtlein Sauffen kom̃t her von dem Ebraͤiſchen [fremdsprachliches Material – 3 Zeichen fehlen] welches Ebraͤi-
ſche Wort mit unſerm Teutſchen gleichen Verſtand und Bedeutung hat:
Es heiſſet aber/ ſich voll ſauffen/ nicht allein wann ein Trunckenbold ſich mit
Wein oder andern ſtarcken Getraͤnck anfuͤllet/ daß er es mit den Fingern er-
langen koͤnte/ nichts mehr um ſich ſelbſten weißt/ weder gehen noch ſtehen kan/
ſondern auch ins gemein/ wann einer durch den Trunck ſein Hertz beſchweret/
die Natur uͤberlaͤdt/ und mehr brauchet und in ſich gieſſet/ als die Noth erfor-
dert/ und die Natur ertragen kan/ es geſchehe gaͤh oder langſam/ mit vielem
oder wenigem: Dann daß manche den Wein alſo fuͤhren und ertragen koͤn-
nen/ daß man es ihnen nicht anſiehet/ ob ſie gleich etliche Maß in ſich geleget
haben/ das iſt doch auch eine Fuͤllerey und Trunckenheit/ ja/ ſolche Boden-

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[466/0536] Die LI. Laſter-Predigt/ unſern verleſenen Text/ und ſpricht/ wie es Paulus darmit unterſcheidet/ und ſpricht zun Epheſern am 5. C. Sauffet euch nicht voll Weins/ darauß ein unordig Weſen folget. Weil wir dann/ meine Geliebte/ in Abhand- lung derer Laſter/ die eigentlich auf den laſterhafften Menſchen ſelbſten ſehen und gehen/ zum naͤchſten geredet von dem Freſſen/ ſo wollen wir fuͤr dieſes mal/ ſo viel die Zeit leiden wird/ auch von dem Sauffen reden/ erſtlich die verleſene Worte mit wenigem erklaͤren/ darnach auch mit mehrerm anzeigen/ was wir von der Trunckenheit/ zu unſerer Lehr und Nutzen werden zu mercken und zu behalten haben. Darzu: uns GOtt ſeine Gnade und Seegen verleihen wolle/ Amen. Vortrag. Wunſch. Erklaͤrung deß Texts. SAuffet euch nicht voll Weins/ darauß ein unordig Weſen folget. Jn dieſen Worten redet S. Paulus von dem Wein/ und verſtehet dardurch vornemlich das Gewaͤchs deß Weinſtocks/ oder den edlen Reben-Safft/ der auß den Trauben gepreſſet wird/ ins gemein aber wird zugleich auch verftanden/ das Bier/ Meth/ Branter- Wein und ander ſtarck Getraͤnck/ es habe einen Namen/ wie es wolle. Es verbent aber S. Paulus den Wein nicht/ daß man denſelben nicht trincken ſoͤlle/ dann der Gebrauch deß Weins an ſich ſelbſten iſt gut/ ſo man ſeiner zur Nothdurfft/ zur Geſundheit/ zur Krafft/ oder auch bißweiln zur zulaͤßlichen Froͤligkeit gebrauchet/ der Menſch bedarff deſſen zu ſeinem Leben/ Syr. 39. Der Wein erquicket dem Menſchen das Leben/ ſo man ihn maͤſſiglich trin- cket/ und was iſt das Leben/ da kein Wein iſt. Der Wein iſt geſchaffen/ daß er den Menſchen froͤlich ſoll machen/ der Wein/ zur Nothdurfft getruncken/ erfreuet Leib und Seele/ Syr. 31. Darum ſagt Paulus allhier nicht: Trin- cket keinen Wein/ ſondern ſauffet nicht/ ſauffet euch nicht voll Weins. Das Woͤrtlein Sauffen kom̃t her von dem Ebraͤiſchen ___ welches Ebraͤi- ſche Wort mit unſerm Teutſchen gleichen Verſtand und Bedeutung hat: Es heiſſet aber/ ſich voll ſauffen/ nicht allein wann ein Trunckenbold ſich mit Wein oder andern ſtarcken Getraͤnck anfuͤllet/ daß er es mit den Fingern er- langen koͤnte/ nichts mehr um ſich ſelbſten weißt/ weder gehen noch ſtehen kan/ ſondern auch ins gemein/ wann einer durch den Trunck ſein Hertz beſchweret/ die Natur uͤberlaͤdt/ und mehr brauchet und in ſich gieſſet/ als die Noth erfor- dert/ und die Natur ertragen kan/ es geſchehe gaͤh oder langſam/ mit vielem oder wenigem: Dann daß manche den Wein alſo fuͤhren und ertragen koͤn- nen/ daß man es ihnen nicht anſiehet/ ob ſie gleich etliche Maß in ſich geleget haben/ das iſt doch auch eine Fuͤllerey und Trunckenheit/ ja/ ſolche Boden- loſe Mißbrauch und Uber- fluß

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Zitationshilfe: Bauller, Johann Jacob: Hell-Polirter Laster-Spiegel. Ulm, 1681. , S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bauller_lasterspiegel_1681/536>, abgerufen am 21.11.2024.