So ist auch der Tod der Seele, und der Tod des Menschen unterschieden. Der Tod der Seele wäre das Aufhören ihres eigenthümlichen Lebens, wenn es jemals aufhörte. Der Tod des Menschen ist das Aufhören des Lebens des Menschen. Dieser Tod wird wirklich, wenn der Körper aufhört, von der Seele belebt zu seyn, dieselbe mag weiter fortleben, oder zu leben auf- hören.
§. 5.
Du selbst lebst, so lange deine Seele lebt, denn so lange kann dein Vergnügen und dein Leid Statt finden. Deine Person ist kein Körper, sondern Seele. Der Körper aber ist dein, so lange du ihn belebest, er ist nicht du selbst. Er würde dich nicht länger angehn, wenn er in die- sem Augenblicke aufhörte, von deiner, und an- finge, von einer andern Seele belebt zu werden. Und wenn deine Seele itzt anfinge, einen andern menschlichen Körper zu beleben; so würde derselbe Körper der deinige. Das Leben deiner Seele ist dein Leben; der glückliche oder unglückliche Zustand des Lebens deiner Seele ist dein eigner glücklicher oder unglücklicher Zustand. An allen diesen Sätzen kannst du nicht zweifeln, mein Leser, wenn du sie verstehest und ihnen nachdenkest.
Wenn
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uͤber die Seele, das Leben ꝛc.
So iſt auch der Tod der Seele, und der Tod des Menſchen unterſchieden. Der Tod der Seele waͤre das Aufhoͤren ihres eigenthuͤmlichen Lebens, wenn es jemals aufhoͤrte. Der Tod des Menſchen iſt das Aufhoͤren des Lebens des Menſchen. Dieſer Tod wird wirklich, wenn der Koͤrper aufhoͤrt, von der Seele belebt zu ſeyn, dieſelbe mag weiter fortleben, oder zu leben auf- hoͤren.
§. 5.
Du ſelbſt lebſt, ſo lange deine Seele lebt, denn ſo lange kann dein Vergnuͤgen und dein Leid Statt finden. Deine Perſon iſt kein Körper, ſondern Seele. Der Koͤrper aber iſt dein, ſo lange du ihn belebeſt, er iſt nicht du ſelbſt. Er wuͤrde dich nicht laͤnger angehn, wenn er in die- ſem Augenblicke aufhoͤrte, von deiner, und an- finge, von einer andern Seele belebt zu werden. Und wenn deine Seele itzt anfinge, einen andern menſchlichen Koͤrper zu beleben; ſo wuͤrde derſelbe Koͤrper der deinige. Das Leben deiner Seele iſt dein Leben; der gluͤckliche oder ungluͤckliche Zuſtand des Lebens deiner Seele iſt dein eigner gluͤcklicher oder ungluͤcklicher Zuſtand. An allen dieſen Saͤtzen kannſt du nicht zweifeln, mein Leſer, wenn du ſie verſteheſt und ihnen nachdenkeſt.
Wenn
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uͤber die Seele, das Leben ꝛc.
So iſt auch der Tod der Seele, und der Tod
des Menſchen unterſchieden. Der Tod der
Seele waͤre das Aufhoͤren ihres eigenthuͤmlichen
Lebens, wenn es jemals aufhoͤrte. Der Tod
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Menſchen. Dieſer Tod wird wirklich, wenn der
Koͤrper aufhoͤrt, von der Seele belebt zu ſeyn,
dieſelbe mag weiter fortleben, oder zu leben auf-
hoͤren.
§. 5.
Du ſelbſt lebſt, ſo lange deine Seele lebt,
denn ſo lange kann dein Vergnuͤgen und dein Leid
Statt finden. Deine Perſon iſt kein Körper,
ſondern Seele. Der Koͤrper aber iſt dein, ſo
lange du ihn belebeſt, er iſt nicht du ſelbſt. Er
wuͤrde dich nicht laͤnger angehn, wenn er in die-
ſem Augenblicke aufhoͤrte, von deiner, und an-
finge, von einer andern Seele belebt zu werden.
Und wenn deine Seele itzt anfinge, einen andern
menſchlichen Koͤrper zu beleben; ſo wuͤrde derſelbe
Koͤrper der deinige. Das Leben deiner Seele
iſt dein Leben; der gluͤckliche oder ungluͤckliche
Zuſtand des Lebens deiner Seele iſt dein eigner
gluͤcklicher oder ungluͤcklicher Zuſtand. An allen
dieſen Saͤtzen kannſt du nicht zweifeln, mein Leſer,
wenn du ſie verſteheſt und ihnen nachdenkeſt.
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Basedow, Johann Bernhard: Die ganze Natürliche Weisheit im Privatstande der gesitteten Bürger. Halle (Saale) u. a., [1768], S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/basedow_weisheit_1768/29>, abgerufen am 23.02.2025.
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